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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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geschaltet worden und zeigten ein diffuses Grau, das die Lounge ziemlich schmutzig und klaustrophobisch wirken ließ. Und außerdem war der Ort chaotisch. Zerknitterte und versiffte Kleidungsstücke drifteten in der Luft umher, und sie war sich eines muffigen Geruchs bewußt. Sie müßte wirklich mal aufräumen; sie wußte, daß ihr der obsessive Ordnungssinn völlig abging, der für ein längeres Überleben in der Schwerelosigkeit unabdingbar war.
    Sie griff nach einem Handtuch, das in ihrer Nähe in der Luft trieb. Sie nibbelte sich kräftig ab und genoß dabei das Gefühl des rauhen Gewebes auf der Haut. Ein bloßer Luftstoß vermittelte ihr nie den Eindruck, wirklich trocken zu sein.
    Das Gefühl des warmen Handtuchs auf der Haut weckte gewisse Assoziationen mit Sex.
    Nach außen hatte sie immer einen sauertöpfischen Eindruck vermittelt: Die Leute betrachteten sie als eine in ihrem Beruf aufgehende Ingenieurin, die dort draußen irgendwelche Dinge baute. Aber sie hatte noch mehr zu bieten – es gab Aspekte, die Mark erkannt und während ihrer Ehe geschätzt hatte. Sex war immer wichtig für sie gewesen: Nicht nur wegen des körperlichen Vergnügens, sondern auch wegen seines Symbolgehalts: Etwas Tiefes und Archaisches in ihr, ein Echo des Urmeeres, dessen Spuren die Menschen selbst heute noch aufwiesen. Der Kontrast dieser ozeanischen Erfahrung mit ihrer Arbeit hatte sie in ihren Augen persönlich abgerundet.
    Nachdem sie sich mit Mark wieder versöhnt hatte – zögernd und widerwillig, in Anbetracht ihrer gemeinsamen Isolation in der Northern –, hatten sie ihr aktives Sexleben wieder aufgenommen. Und es war gut gewesen und hatte für lange Zeit angehalten. Länger, als ihnen beiden zugestanden hätte, es zu erwarten, dachte sie. Sie wickelte das Handtuch um den Rücken und begann sich das Hinterteil abzureiben. Vielleicht, wenn Mark noch am Leben wäre…
    Schlagartig wurden die Kabinenwände transparent; die Dunkelheit des Raumes überflutete sie.
    Louise schrie auf und hüllte den Körper in das Handtuch.
    Ihre Rechnerkonsole gab ein Lachen von sich.
    Sie eilte zu einem Spind und suchte frische Kleider.
    Die Tür des mit Lamellen besetzten Spindes klemmte, und sie zerrte fluchend daran, wobei sie bemerkte, daß das Handtuch zu Boden rutschte.
    »Verdammt, Seilspinnerin, was machst du da?«
    Louise konnte gerade so Seilspinnerins Cockpit erkennen, eine Kiste aus blinkenden Lichtern am Bug des Nightfighters. Ein Schatten bewegte sich über die Lichter – Seilspinnerin vielleicht, die sich in ihrem Sitz verrenkte, um sie spöttisch zu begutachten, »’tschuldigung. Ich wußte, daß es dir peinlich wäre.«
    Louise hatte eine Kombi gefunden; jetzt stieg sie hastig hinein. »Warum«, fragte sie zornig, »hast du dann meine Intimsphäre überhaupt gestört?«
    »Welchen Unterschied macht das schon? Louise, hier gibt es keine Zuschauer; wir befinden uns eine Milliarde Kilometer von der nächsten lebenden Seele entfernt. Und du bist tausend Jahre alt. Du solltest dich wirklich von diesen Tabus befreien.«
    »Aber es sind meine Tabus«, zischte Louise. »Sie gefallen mir zufällig, und für mich machen sie einen Unterschied. Wenn du jemals mein Alter erreichen solltest, Seilspinnerin, wirst du vielleicht noch ein wenig Toleranz lernen.«
    »Ja, vielleicht. Im übrigen habe ich deine Kabine nicht decouvriert, nur um dich mit heruntergelassenen Hosen zu erwischen.« Sie klang verschmitzt.
    »Warum dann?« fragte Louise mißtrauisch.
    »Weil…« Seilspinnerin zögerte.
    »Weil was?«
    »Schau mal nach vorne.«
    Da war ein Lichtpunkt, weit vor Seilspinnerins Cockpit: Ein Punkt, der sich nun aufblähte und vor ihrem Gesicht explodierte…
    Saturn, der durch den Leerraum auf sie zustürzte.
    Louise schrie auf und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Weil«, sagte Seilspinnerin leise, »wir da sind. Ich dachte, daß du dich über unsere Ankunft freuen würdest.«
    Vorsichtig nahm Louise die Hände weg.
    Stetiges, orangebraunes Licht leuchtete ihre Kabine aus: Das Licht eines Planeten, der von dem aufgeblähten Korpus seiner Sonne erleuchtet wurde.
    Seilspinnerin lachte leise.
    »Seilspinnerin«, sagte Louise langsam, »wenn das Saturn ist – wo sind dann die Ringe?«
    »Ringe? Welche Ringe?«
    Der Planet selbst war noch dieselbe geschwollene Masse aus Wasserstoff und Helium, wobei sein Felsenkern mit der zwanzigfachen Masse der intakten Erde sich tief im Innern befand. Noch immer erstreckten sich komplexe

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