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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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Unehrlichen es tun, um Euch zu schmeicheln.«
    »Aber du bist nicht unehrlich. Und du glaubst auch nicht, daß die Götter zu mir sprechen.«
    »Ich weiß nicht, ob die Götter zu Euch sprechen oder nicht oder ob sie jemals zu jemandem gesprochen haben oder überhaupt sprechen können. Ich weiß nur, daß die Götter von niemandem verlangen, diese lächerlichen, erniedrigenden Rituale durchzuführen – die hat der Kongreß den Gottberührten aufgezwungen. Und doch müßt ihr mit diesen Ritualen fortfahren, weil Euer Körper es verlangt. Bitte erlaubt mir, mit den Ritualen der Erniedrigung fortzufahren, die von Menschen meiner Stellung in der Welt verlangt werden.«
    Meister Han nickte ernst. »Du bist klug über deine Jahre und Erziehung hinaus, Wang-mu.«
    »Ich bin ein sehr törichtes Mädchen«, sagte Wang-mu. »Wenn ich klug wäre, hätte ich Euch gebeten, mich so weit wie möglich von diesem Haus fortzuschicken. Es wird nun sehr gefährlich für mich sein, ein Haus mit Qing-jao zu teilen. Besonders, wenn sie sieht, daß ich Euch nahestehe, wo sie es nicht kann.«
    »Du hast recht. Meine Bitte, du mögest bleiben, war sehr selbstsüchtig.«
    »Ja«, sagte Wang-mu. »Und doch werde ich bleiben.«
    »Warum?« fragte Meister Han.
    »Weil ich niemals in mein altes Leben zurückfinden kann«, erwiderte sie. »Ich weiß jetzt zuviel über die Welt und das Universum, über den Kongreß und die Götter. Ginge ich nach Hause und gäbe vor, das zu sein, was ich früher war, hätte ich den Rest meines Lebens den Geschmack von Gift im Mund.«
    Meister Han nickte ernst, doch dann lächelte er, und kurz darauf lachte er.
    »Warum lacht Ihr über mich, Meister Han?«
    »Ich lache, weil ich glaube, daß du nie warst, was du früher einmal warst.«
    »Was bedeutet das?«
    »Ich glaube, du hast immer eine Rolle gespielt. Vielleicht hast du sogar dich selbst getäuscht. Aber eins ist sicher. Du warst niemals ein gewöhnliches Mädchen, und du hättest niemals ein gewöhnliches Leben führen können.«
    Wang-mu zuckte mit den Achseln. »Die Zukunft besteht aus hunderttausend Fäden, doch die Vergangenheit ist ein Stoff, der nicht neu gewoben werden kann. Vielleicht hätte ich ein zufriedenes Leben führen können. Vielleicht auch nicht.«
    »Dann sind wir ja alle zusammen, wir drei.«
    Erst jetzt drehte sich Wang-mu um und sah, daß sie nicht allein waren. In der Luft über dem Display sah sie Janes Gesicht, das ihr zulächelte.
    »Ich bin froh, daß du zurückgekommen bist«, sagte Jane.
    Einen Augenblick lang veranlaßte Janes Anwesenheit Wang-mu zu einer hoffnungsvollen Schlußfolgerung. »Dann bist du nicht tot! Man hat dich verschont!«
    »Qing-jao hatte niemals vor, mich schon jetzt zu töten«, erwiderte Jane. »Ihr Vorhaben, mich zu vernichten, schreitet gut voran, und ich werde zweifellos planmäßig sterben.«
    »Warum bist du dann in dieses Haus gekommen«, fragte Wang-mu, »wenn doch hier dein Tod ausgelöst wurde?«
    »Ich muß noch viel erledigen, bevor ich sterbe«, sagte Jane. »Vielleicht gibt es sogar die schwache Möglichkeit, daß ich einen Weg finde, wie ich mein Überleben sichern kann. Zufällig gibt es auf der Welt Weg viele tausend Menschen, die im Durchschnitt viel intelligenter als der Rest der Menschheit sind.«
    »Nur wegen der genetischen Manipulationen des Kongresses«, sagte Meister Han.
    »Genau«, sagte Jane. »Die Gottberührten von Weg sind genau genommen nicht einmal mehr Menschen. Ihr seid eine andere Spezies, erschaffen und versklavt vom Kongreß, damit ihr ihm einen Vorteil über den Rest der Menschheit gebt. Zufällig ist ein einziges Mitglied dieser neuen Spezies jedoch gewissermaßen frei vom Kongreß.«
    »Das ist Freiheit?« sagte Meister Hand. »Selbst jetzt ist mein Drang, mich zu reinigen, fast unwiderstehlich.«
    »Dann widerstehe ihm nicht«, sagte Jane. »Ich kann mit dir sprechen, während du dich windest.«
    Augenblicklich streckte Meister Hand die Arme aus und wand sie in seinem Ritual der Läuterung in der Luft. Wang-mu wandte das Gesicht ab.
    »Tu das nicht«, sagte Meister Han. »Verberge dein Gesicht nicht vor mir. Ich muß mich nicht schämen, dir das zu zeigen. Ich bin ein Krüppel, mehr nicht; hätte ich ein Bein verloren, hätten meine engsten Freunde keine Scheu, den Stumpf zu sehen.«
    Wang-mu sah die Weisheit in seinen Worten und wandte das Gesicht nicht von seinem Makel ab.
    »Wie ich gerade sagte«, fuhr Jane fort, »zufällig ist ein einziges Mitglied dieser neuen

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