Xperten 1.2 - Der Mindcaller
wirft Jeannie ein.
Sie merkt nicht den leicht verunsicherten Ausdrucks Mikes, der sich nicht erklären kann, wo sie sind und wie sie hier her kommen konnten: »Was meinst du, Kevin?«
»Ich gehe mit dir eine andere Route zurück, wenn du dir sicher bist, wo wir hingehen«, antwortet Kevin.
»Was meinst du«, fragt Aroha nun auch Kalina.
»Ich glaube, wir sollten uns nach einer Mittagspause entscheiden. Und jetzt sollten wir zuerst einmal schwimmen gehen. Wer kommt mit?«
Alle laufen über die schwarzen Sanddünen 18 und springen in die Brandung. Es ist herrlich, mit dem kühlen Wasser Schmutz und Schweiß abzuspülen und sich von den Wellen wiegen zu lassen. Erfrischt laufen sie zurück und diskutieren weiter über die verschiedenen Phänomene, die sie sich nicht erklären können, während sie hungrig Käse und Wurst verschlingen.
»Wir müssen uns irgendwie verirrt haben«, meint Kalina.
Aber Kevin schüttelt entschieden den Kopf: »Das ist unmöglich. Es gibt nur einen Bach von der Karekare Cattle Road zum Meer, und den sind wir entlang gegangen. Wieso wir nicht beim Karekare Strand angekommen sind, verstehe ich absolut nicht. Und auch Mike ist verblüfft und hat keine Erklärung dafür. Darum glaube ich, dass es am sichersten ist, wenn wir den Weg zurückverfolgen, den wir gekommen sind.«
Schließlich beschließen sie, dass es Zeit für den Rückweg ist. Mike führt, findet immer wieder den leichtesten Weg durch Gebüsch oder an felsige Stellen vorbei. Die Müdigkeit beginnt sich auszuwirken: nur langsam gewinnen sie Höhe.
Mit schlafwandlerischer Sicherheit führt sie Mike zurück zur ‚Kathedrale‘. Erst da wird ihnen bewusst, dass nach den Anspannungen beim Abstieg der Rückweg leichter als erwartet war und ohne Überraschungen verlaufen ist. Alles scheint wieder ganz normal: das Licht, die Luft, die Bäume. Keiner hatte so recht bemerkt, wann dies eigentlich geschehen ist. Aber sie sind verblüfft, dass sie weder sehr schwierige Felsen zu überwinden hatten, noch einen besonders hohen Wasserfall bemerkten.
Kevin, der als letzter geht, dreht sich noch einmal um, geht durch die beiden jungen Kauri Bäume hindurch und noch ein Stück weiter, den Weg zurück den sie am Morgen gegangen waren: Diesmal ändert sich das Licht nicht! Die anderen, mit Ausnahme von Kalina und Aroha, werden durch Kevins Erzählung neugierig, gehen auch ein bisschen zurück, bestätigen aber, was Kevin berichtet. Kalina geht nicht, sie behauptet nach wie vor ohnehin nie etwas bemerkt zu haben. Und Aroha verzichtet. Der Wind, der ihr am Morgen im Kopf immer zuflüsterte ‚komm, geh weiter‘ schweigt und das Kapakapa ist nicht aktiv.
»Wirklich seltsam«, murmelt Kevin, »ich habe nicht gewusst dass es so steile Felsen und so hohe Wasserfälle, wie wir sie beim Abstieg erlebten in dieser Gegend gibt. Jetzt, am Rückweg, waren auch keine zu sehen. Aber wieso waren sie am Vormittag da? Und wieso führte uns der Bach, der mit Sicherheit zum Karekare Strand fließt heute nicht dort hin? Haben wir gestern alle zuviel getrunken?«
In der sinkenden Nacht sitzen sie um das Lagerfeuer und singen alle Lieder, die sie kennen. Auch zotige und manche laut und mit heiseren Stimmen, aber die meisten eindrucksvoll schön. Kalina und Kevin spielen auf Flöte und Gitarre, und die Musik treibt langsam weg zu den Gipfeln der Hügeln und fällt in das verborgene Tal.
Am nächsten Morgen schlafen sie länger. Noch einmal steigen sie in das verborgene Tal hinunter, bis ein Stück nach der ‚Kathedrale‘, aber sie finden nichts Besonderes und gehen nach einer oberflächlichen Untersuchung, die nichts Außergewöhnliches ergibt, zurück zur Lichtung, und von dort den mehrstündigen Weg zum Auto.
»Werdet ihr euren Freunden von dem erzählen, was wir erlebt haben?«, fragt Kevin.
»Das ist doch nicht dein Ernst. Du kannst doch niemandem erzählen, dass wir uns bei einem Spaziergang in den Waitakeres verirrt haben, wenn du und Mike dabei gewesen seid, die die Gegend in- und auswendig kennen!«, lacht Kalina laut.
Kevin antwortet nicht, aber er blickt alle sehr nachdenklich an.
Als sie nach einer Stunde Autofahrt die Stadt erreichen, hat Kalina alle bis auf Aroha umgestimmt. Die ungewöhnlichen Ereignisse sind verdrängt, werden einem Übermaß von Fantasie zugeschrieben, mit der sie sich gegenseitig ‚hochgeschaukelt‘ haben, wie das Kalina formuliert.
5. Das Höhlensystem
Am nächsten Tag sitzen Aroha, Kevin und Jeannie bei einem
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