Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Nacht‘ nicht, wie sie irrtümlich vermutet hat, ihrer Großmutter, sondern Kevin gegolten hat. Und das Tiki, das Kevin gefunden hat, ist demnach auch ein Unglückszeichen gewesen. Sie ist jetzt froh, dass es niemals mehr aufgetaucht ist.
Ein weiteres langes Jahr vergeht. Dann trifft sie eines Tages den Physiker Marcus, der früher ein guter Freund von Mike gewesen ist. Sie gehen zusammen mittagessen in die Kunstgalerie der Universität. Es spricht sich so leicht mit ihm, dass Aroha ihm viel von Kevin und seinem Tod erzählt. Marcus hört aufmerksam zu.
Aroha hat das Gefühl, dass Marcus in einer ungewöhnlichen Weise über manche Dinge und Ereignisse denkt, obwohl sie nicht genau sagen kann, woher sie dieses Gefühl bezieht. Außerdem scheint er an ihrer Forschung über visuelle Kommunikation, die sie seit einiger Zeit zusammen mit Jeannie durchführt, interessiert zu sein.
Sie treffen sich einige Male, und Aroha lädt Marcus schließlich zum Abendessen in ihre Wohnung ein. Es ist der erste Abend, an dem Aroha den Schatten der Trauer hinter sich lässt. Sie unterhalten sich gut und lachen miteinander.
Marcus, so stellt sich heraus, liebt die Inseln um Neuseeland herum, hat sich auf Great Barrier Island ein Grundstück gekauft, ein Haus gebaut und wohnt dort mit seiner Frau Maria und seinem dreijährigen Sohn Stefan. Sie erwarten in Kürze weiteren Nachwuchs, erzählt er, und: Sie müsse unbedingt einmal zu ihnen kommen.
»Ist es dort nicht sehr einsam?«, wundert sich Aroha. Marcus schaut sie lange an, dann meint er: »Es gibt oft Gründe, warum man einsam sein will. Aber wir haben eine kleine Firma hier in Auckland, wir leben also nicht ganz als Einsiedler.«
Aroha merkt, dass Marcus dazu nicht mehr erzählen will, und wendet sich wieder harmloseren Themen zu.
»Marcus, kennst du die heißen Quellen, die in einem Fluss fast in der Mitte der Insel versteckt sind?«
Marcus lacht: »Dort waren wir einmal zu Weihnachten«, sagt er, und beide erzählen Geschichten, wie sie selbst in der Wildnis manchmal beim Nacktbaden von Touristen überrascht wurden. »Die Europäer machen dann meistens gleich mit, aber die Amerikaner sind immer ganz entsetzt«, amüsieren sich beide.
Aroha spürt, dass sie so viel gemeinsam haben, dass sie ihn einlädt, ins verborgene Tal zur ‚Kathedrale‘ zu kommen, zu den Kauri-Bäumen, wo die Asche von Kevin verstreut wurde.
Mike und Jeannie kommen bei diesem Ausflug auch mit. Auf der Lichtung setzen sie sich in die glänzende Wiese (‚Aorama‘ flüstert Jeannie geheimnisvoll) und genießen ein einfaches Essen mit einem Glas Weißwein. Dann steigen sie in das Tal hinunter.
»Da ist eine Gruppe von Kauris, Aroha,« Jeannie bewundert die Bäume.
»Diese sind älter als die unten im Tal, aber die weiter unten haben für uns eine besondere Bedeutung. Gehen wir dort hin,« antwortet Aroha.
Angekommen, ist Marcus von der ‚Kathedrale‘ beeindruckt.
»Hier sind die beiden jungen Kauris, die mir ans Herz gewachsen sind. Hier beginnt eine recht verrückte Geschichte, und hier haben wir die Asche von Kevin verstreut.« Auroras Gesicht wird ernst.
Mike und Jeannie werfen sich so deutlich Blicke zu, dass Marcus sagt: »Es gibt offensichtlich etwas, was ich nicht verstehe?«
Aroha schaut das Amulett an, das Marcus trägt, das fast ein »Markenzeichen« von ihm ist, und sagt dann zögernd und stotternd: »Ja, vor vielen Jahren habe ich bei den jungen Kauris einen alten Anhänger gefunden, der mir viel bedeutet und der sehr ungewöhnlich ist.«
Mike und Jeannie sind wie vom Donner gerührt. Aroha ist im Begriff, ihr größtes Geheimnis zu verraten. An jemanden, den sie höchstens einige Monate kennt. Sie warnen Aroha indem sie diese unterbrechen. »Der Anhänger hat mit alten Maori- Mythen zu tun, und die Geschichte ist ein Geheimnis. Bitte betrachte uns nicht als unhöflich, wenn wir nicht mehr sagen dürfen.«
Marcus nickt: »Es gibt immer Dinge, über die man nicht reden soll, ich verstehe das«. Und als er es sagt, wird es klar, dass es keine leeren Worte sind, dass er mehr zu verbergen hat, als sie sich wohl vorstellen können.
Aber Aroha fällt allen ins Wort: »Es ist in Ordnung. Marcus darf das Geheimnis des Kapakapa erfahren. Ich weiß, ich fühle es, ich bin sicher, dass er es nicht weitergeben und uns glauben wird, und wer weiß ...«, sie spricht nicht weiter.
[33] Die ‚Frau der Nacht‘, Hineuitepo, die Todesgöttin der Maoris. Seite 110
Nun gibt es bei den dreien
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