Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
die 50 Worte für »Schiff« im Griechischen bei weitem die vielleicht 20 Varianten, die wir im Deutschen besitzen (Boot, Schiff, Jacht, Dampfer, Jolle, Fähre, …). Ein Übersetzungsprogramm Englisch-Deutsch muss in Schwierigkeiten kommen, wenn es die Zeile »Suppose above us there is no heaven, just sky« aus einem Lied von Roger Whittaker übersetzen soll. Wir haben im Deutschen für »heaven« und »sky« eben nur das eine Wort »Himmel«, das den »himmlischen Himmel« (heaven) und den »physikalischen Himmel« (sky) nicht auseinander hält. Alle Versuche, den Leitspruch Erzherzog Johanns: »Tätig sein ist unsere Bestimmung«, ins Englische zu übersetzen, sind erfolglos. »To be active is our calling« (als vermutlich beste Annäherung!) bringt nicht zum Ausdruck, dass »tätig sein« positiver, zielorientierter ist als »to be active« …
Aussprüche, Werbetexte, Witze usw., die auf Wortspielereien beruhen, sind – selbst wenn man sie versteht – oft nicht wirklich übersetzbar, sondern nur umschreibbar. Und in das Verstehen eines Satzes geht nicht nur Umgebungswissen, sondern auch das Wissen über die zugrunde liegende Kultur ein. »He talked like at 78 r.p.m.« wird nur verständlich, wenn man sich noch daran erinnert, dass es einmal Plattenspieler gegeben hat, die man mit 45 oder 78 Umdrehungen pro Minute verwenden konnte, und der Satz daher ungefähr heißen sollte: »Er sprach sehr schnell.« Die Frage: »Is he still believing in the red-nose reindeer?« (»Glaubt er noch an den Weihnachtsmann?«) kann nur verstanden werden, wenn man weiß, dass die Rentiere, die den Schlitten des (amerikanischen) Weihnachtsmannes ziehen, von einem Rentier (namens Rudolph) mit rot leuchtender Nase angeführt werden. Das einfache englische Wort »raw«, das man landläufig mit »roh« übersetzen würde, hat in Wahrheit eher die Bedeutung »ungekocht«, »roh« hingegen nur »unverarbeitet«. Der Engländer, der feststellt: »I don’t eat anything raw«, meint damit, dass er auch keinen Speck (nur geräuchert, nicht gekocht), keinen Russen (nur mariniert), kein Bündnerfleisch (nur luftgetrocknet) usw. isst. »Ich gehe heute in die SCS« wird kaum jemand verstehen (und übersetzen können), der nicht schon von der Shopping City Süd in Vösendorf bei Wien gehört hat. Ob der Satz: »He is helping to save Peter’s bacon« wirklich bedeutet, dass er hilft, den Speck von Peter zu retten (nämlich dann, wenn zum Beispiel vom brennenden Fleischerladen Peters die Rede ist), oder ob der Satz nur in seinem übertragenen Sinn (»Er hilft Peter bei seinen Problemen«) zu verstehen ist, erfordert offenbar von einem Übersetzungsprogramm nicht nur umfangreiches Wissen über alle möglichen Redewendungen, sondern auch ein Verstehen des Zusammenhangs.
Dass bei der Übersetzung von Lyrik (wo Wortneuerfindungen oder bewusste Verstöße gegen grammatikalische Regeln vorkommen mögen) oder bei der Übersetzung von direkter Rede, die oft absichtlich mundartlich oder slangmäßig verfärbt ist, auch beste Übersetzungsprogramme größte Schwierigkeiten haben müssen, liegt auf der Hand.
Zusammenfassend ist inhaltliches Sprachverstehen und damit das Problem Sprachübersetzung so schwierig, weil Aussagen mehrdeutig, umgebungs- und kulturabhängig sein können. »To understand a language is to understand the world« (»Versteht man eine Sprache, so versteht man die Welt«) ist der Grund für die tief liegenden Probleme. Hätten wir ein perfektes Sprachübersetzungsprogramm, dann hätten wir wohl auch Computer mit echter Intelligenz ausgestattet … Und ob dies einmal möglich sein wird, kann heute noch immer nicht endgültig mit »Ja« oder »Nein« beantwortet werden.
2.4 Sind Computer intelligent?
Eine richtigere Fragestellung ist natürlich: »Kann man (eventuell zukünftige) Computer so programmieren, dass sie sich intelligent verhalten?«
Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig, zuerst zu definieren, was Intelligenz eigentlich ist. Definitionen in Lexika sind meist recht allgemein und verschwommen. Im Meyer Taschenlexikon findet man u. a.: »Intelligenz ist … die übergeordnete Fähigkeit, die sich in der Erfassung und Herstellung anschaulicher und abstrakter Beziehungen äußert und dadurch die Bewältigung neuartiger Situationen … ermöglicht.« Zu »primären Intelligenzfaktoren« werden häufig Aspekte wie Sprachverständnis, Assoziationsflüssigkeit, Rechengewandtheit, räumliches Verstehen,
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