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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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»Lebendig sein bedeutet Eigenschaft x. Computer haben die Eigenschaft x nicht und sind daher nicht lebendig.« Auch diese Behauptung besteht also aus zwei Teilen; wie in den vorhergehenden Fällen können beide angezweifelt werden (obwohl schon die Widerlegung einer der beiden Aussagen genügen würde!). Einerseits nämlich ist die Konstruktion von Computern, die selbst andere Computer erzeugen, gar nicht von der Hand zu weisen (wie ich im Beitrag 2.4: »Sind Computer intelligent?« näher erläutere), andererseits ist das »Sich-vermehren-Können« als Lebensmerkmal keinesfalls zulässig, sonst wäre ja zum Beispiel ein kastrierter Kater plötzlich kein Lebewesen mehr!
    Auch der Versuch, die Reproduktion allgemeiner zu formulieren (um Ausnahmefälle wie zum Beispiel zeugungsunfähige Tiere zu umgehen), gelingt nicht so recht. Sagt man etwa: »Eine Klasse von Lebewesen« (wir denken jetzt also an die Klasse aller Katzen und nicht mehr an ein Einzeltier) »muss sich ohne Hilfe anderer Lebewesen fortpflanzen können«, dann eliminiert man alle jene Lebensformen, die bei ihrer Vermehrung auf Symbiose oder Parasitentum angewiesen sind: alle Pflanzen, die Insekten zur Bestäubung benötigen; Wurmarten, die sich nur vermehren können, indem sie sich in anderen Lebewesen einnisten, usw. Bei der Vermehrung vieler Lebensarten spielen also andere Lebensarten eine tragende Rolle, bei Computern spielen diese Rolle (zumindest zurzeit) wir Menschen!
    Vielleicht am schwersten direkt zu widerlegen sind Argumente, die auf dem Metabolismus und vor allem der Beschaffenheit von »normalen« Lebewesen im Vergleich zu Computern basieren. So unterschiedlich zwar die Metabolismen verschiedenster Lebewesen sind, könnte man doch versucht sein zu argumentieren, dass Lebewesen aus organischen (also Kohlenstoff-)Verbindungen bestehen, Computer nicht. Freilich sind auch Computer, die aus organischen Verbindungen bestehen, vorstellbar; vor allem aber ist dieses Argument gefährlich eng. Werden wir etwa Kreaturen auf Siliziumbasis, die sich vermehren, bewegen und miteinander verständigen können (wie wir sie einmal auf anderen Planeten finden könnten), nicht als lebendig bezeichnen? Eine faire Definition von Leben darf nur »behavioristisch« sein, d. h. muss sich am Verhalten orientieren, nicht daran, wie dieses Verhalten zustande kommt!
    Die Liste von Eigenschaften, mit denen man vielleicht versucht ist, Computer von »normalen« Lebewesen abzusondern, ist noch lang: Lebensdauer, Selbstheilfähigkeit und »Lebenskontinuität« gehören dazu. Mit Letzterem meint man die Tatsache, dass man »Computer ein- und ausschalten kann, Lebewesen aber kontinuier lich existieren« (wobei man Sträucher oder Samen, die jahrzehntelang »tot« in einer Wüste liegen und durch einen Regen plötzlich zu wachsen beginnen, genauso vergisst wie manche Mikrolebewesen, die Hunderte Grad Hitze im Vakuum ohne irgendwelche Zeichen einer Zustandsänderung überstehen und plötzlich wieder aktiv werden).
    Zusammenfassend ergibt sich ein überraschendes Bild: Jeder Versuch Leben so zu definieren, dass Computer ausgeschlossen sind, scheint auch »anerkannte« Lebensformen auszuschließen; oder umgekehrt: Jeder Versuch Leben so zu definieren, dass man keine »normale« Lebensform ausschließt, fällt so »schwach«, so »weich« aus, dass Computer auch als Lebensform qualifiziert werden! Sind Computer also als lebendig anzusehen?
    Anmerkung von Peter Lechner:
    Die Juristerei liefert ein Begriffs-Exempel, das die Frage »lebendige oder nicht lebendige (sind das »tote«?) Computer« in ihrer Delikatesse förmlich deklassiert. Es gibt im Sachenrecht den Begriff der »beweglichen Sache« (ein Kühlschrank, ein Buch, ein silbener Löffel ...) und der »unbeweglichen Sache« (eine Liegenschaft mit allem »Zugehör«). Zugehör ist alles, was auf der Liegenschaft kreucht und fleucht, z.B. der Hase, der dort lebt; das »Zugehör« teilt die rechtliche Eigenschaft der Hauptsache. Mithin ist der Hase, auch wenn er mit 70 km/h übers Feld wetzt, eine »unbewegliche Sache«.Aber! Sobald ein Jäger den Hasen niedergestreckt hat, ist er von der Liegenschaft »abgesondert«, er ist nicht mehr »Zugehör«. Deshalb ist er, obwohl er jetzt steif und starr daliegt, zu einer »beweglichen Sache« geworden.Das hat insofern sein Gutes, als man das gleich am Anfang des Studiums lernt. Nach dieser Lektion satteln nicht wenige um...

    2.3 Automatische
    Sprachübersetzung

    Im Beitrag 3.2:

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