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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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in ihm auf! Wie konnte seine Freundin das nur tun?
    Am 12. Juni 2003 sah Herbert Mattser am schwarzen Brett das Bild seiner nackten Frau mit einem Bürokollegen. Er lachte innerlich: Wer hatte sich die Mühe gemacht, eine Fantasie mit dem Computer in ein realistisches Bild umzusetzen?
    Zwei Monate später spielten Bekannte im Verlauf eines »Herrenabends« ein Videoband vor, in dem seine Frau in sehr anzüglichen Szenen auftrat. Herbert Mattser war zornig und drohte den Urhebern mit strafrechtlicher Verfolgung (»Verletzung der Intimsphäre durch elektronische Manipulation«, Paragraf 314 B 6). Er berichtete halb ärgerlich, halb lachend seiner hübschen Frau von dem Vorfall und dass die Manipulation von Videos immer wildere Formen annähme.
    Herbert Mattser tat das Richtige. Ihm war bewusst, was noch zu wenig bewusst ist: dass alle Medien (Gedrucktes, Fotografiertes, Gefilmtes) durch den Einsatz von Computern beliebig verfälschbar wurden. Wenn wir heute einen elegant gedruckten Flugzettel in die Hand gesteckt bekommen, verstehen wir bereits: Der Wahrheitsgehalt der Information auf diesem Zettel mag eigentlich null sein (wenn wir nicht wissen, von wem der Zettel stammt), gleichgültig, wie schön er gedruckt ist. Sehen wir aber ein Foto, auf dem Bush Putin die Hand schüttelt, erscheint uns das noch als »Beweis« für etwas, das tatsächlich stattgefunden hat, obwohl in Wirklichkeit seit Jahren solche Fotos beliebig fälschbar sind. Und bei Videos zeichnet sich derselbe Prozess ab.
    Mit anderen Worten: Was immer wir sehen (Gedrucktes in Text und Bild, Bewegtes auf Film oder Video), muss als das eingestuft werden, was es ist, potenziell ohne Wahrheitsgehalt und beliebig manipulierbar.
    Ist dies furchtbar, ein Umbruch in unserer Gesellschaft, eine Katastrophe, weil man an gar nichts mehr glauben kann? Überhaupt nicht! Wer glaubt heute denn noch an alles, was in einer billigen Boulevardzeitung steht? (Wer’s tut, ist selber schuld!) Wer glaubt denn alles, was er in den auch besseren Tageszeitungen oder Wochenmagazinen findet? (Wer’s tut, ist sehr leichtgläubig!) Der vermutliche Wahrheitsgehalt einer beliebigen Veröffentlichung hängt nicht davon ab, was man liest oder sieht, sondern davon, wo er herkommt, von der Quelle. So glaube ich eben der »Kronenzeitung« (Pardon!) ein bisschen weniger als der »Presse« oder dem »Standard«, verlass mich übrigens auf die »Zürcher« oder die »Frankfurter Allgemeine« ein bisschen mehr und noch mehr auf die neueste Ausgabe des »Meyer« oder des »Brockhaus«. Und eine Bildreportage von »National Geographic« nehme ich ernster als einen Lichtbildervortrag des mir unbekannten Marcus Fürstner in Bad Schallerbach!
    Wir müssen alle rasch umdenken lernen: Information in jeder Form, ob visuell oder akustisch, ist nur so weit verlässlich, als wir die Quelle kennen und uns auf diese verlassen können. Dieses Faktum gilt für textliche Informationen schon lange und gilt eben in der Zukunft auch für alle anderen Arten von Informationen. Durch »multimediale Softwarepakete« wird jede Art der Information beliebig verfälschbar, beruht die Authentizität einer Information nur mehr auf der Verlässlichkeit der Quelle, nicht auf dem Inhalt oder der Form der Information!

    4.6 Unterschriften sind fälschbar

    Verträge und Abkommen werden meist mit Unterschriften besiegelt. Die manuelle Fälschung von Unterschriften ist nicht leicht und erfordert viel Geschick. Wenn eine Person vor mehreren Zeugen ein Dokument unterschreibt, dann hat sich diese Person damit deutlich festgelegt.
    Ganz anders ist es aber, wenn Dokumente zur Unterschrift übersandt und dann »unterschrieben« zurückgesandt werden. Dass manche Minister in manchen Ländern Stempel haben, damit ihre Sekretariate Dokumente »unterschreiben« können, ist wohlbekannt. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass ich (und jeder Informatiker) jederzeit in der Lage bin, einen beliebigen Brief so zu fälschen, dass er ganz authentisch aussieht. Nehmen wir an, ich möchte einen Brief von Minister X an irgendeinen anderen Professor fälschen. Nichts leichter als dies: Ich nehme einen Brief von Minister X an mich. Mit einem Scanner übernehme ich den Briefkopf in den Computer. Nachdem der nur schwarz-weiß ist und das verwendete Papier nicht einmal Wasserzeichen hat, ist das ganz einfach …
    Und ich kann zur Reproduktion auch wieder ganz normales Papier verwenden. Den Text schreibe ich mit dem Computer, wie ich will. Die

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