Xperten - Der Paradoppelgänger
hatten auf fast jedem Salat Kürbiskernöl. Die Tradition des Kernöls hatten sie auf Great Barrier Island fortgesetzt. Klaus ist aus dem Salzburgischen, war oft in Gastein. Sandra war als Kind mit ihren Eltern oft in Baden-Baden und wuchs in der Nähe von Bath auf. Monika lebte als Teenager in Truth-or-Consequences und schwärmt noch immer von Pumpkin Pies. Barry ist Bademeister in Rotorua gewesen. Aroha ist ein Fan von Kürbissuppen, hat regelmäßig Rotorua besucht und ihr Mindcaller, den sie stets auf der Haut trägt, hat Silatraviat-Flecken. Ann und Richard lebten immer in Rotorua. Eine oberflächliche Recherche ergibt, dass Justo und Jan de Keep ihre Ferien regelmäßig in Griechenland verbrachten und »Passa tempo«-Fans waren, d. h., dort stets geröstete, gesalzene Kürbiskerne kauten und damit ihre latenten Para-Fähigkeiten förderten.
Besonders fasziniert Marcus, was er findet, als er genauer zu den Kellerquellen in Truth-or-Consequences recherchiert: Oppenheimer, einer der führenden Köpfe beim Manhattan Projekt 1 in Los Alamos, litt so stark unter Rückenschmerzen, dass diese seine Arbeit gefährdeten. Er konnte aber Los Alamos für eine Kur aus Sicherheitsgründen nicht verlassen. Daher brachte man ihm in Tankwagen Heilwasser aus dem relativ nahe gelegenen Truth-or-Consequences (das damals und bis 1967 Hot Springs hieß): Es half. Beim Abklingen der Rückenschmerzen war Oppenheimer wie verwandelt, er brachte das Projekt mit unglaublicher, fast rätselhafter Energie zum Abschluss, verstand es auf unglaubliche Weise das Letzte aus seinem Team herauszuholen. Offenbar war Oppenheimer ein Para-Motivator gewesen, dessen Para-Fähigkeiten durch das silatraviathaltige Heilwasser (ohne dass das Oppenheimer wahrscheinlich bewusst war) sehr gestärkt wurden!
Natürlich gibt es unzählige Menschen, die auch Kürbis in irgendeiner Form konsumieren, die mit Silatraviat durch Wasser oder sonst irgendwie in Kontakt kommen und die keine Para-Fähigkeit entwickeln. Silatraviat ist »eine notwendige, aber nicht hinreichende« Voraussetzung für das Entfalten von Para-Fähigkeiten, wie das ein Mathematiker formulieren würde, überlegt Marcus. Vermutlich gibt es eine genetische Komponente oder andere Einflüsse. Viel wird noch zu recherchieren sein. Marcus kann sich noch an die Geschichten von russischen Para-Begabungen erinnern. Es muss geklärt werden, ob da eine Verbindung mit Silatraviat nachweisbar ist. Er erinnert sich plötzlich mit einem Anflug von Wehmut an seine Heimat Steiermark und dass dieses Land durch die Kombination von Thermen und Kürbissen geradezu prädestiniert ist, Menschen mit ungewöhnlichen durch Silatraviat ausgelösten Fähigkeiten hervorzubringen. Er denkt an seine Eisenerzer Berge, an das Hochtor im Morgennebel, er erinnert sich plötzlich an Andrea, die Innsbruckerin, mit der er meist zusammen mit ihrem Freund Toni in den steirischen Bergen unterwegs war und die sich beide in das Kürbiskernöl verliebten; auch deren potenzielle Kinder hatten demnach alle chemischen Voraussetzungen, para-begabt zu sein.
1 Beim »Manhattan Projekt« ging es um die Entwicklung der ersten Atombomben, deren Einsatz in Japan den Zweiten Weltkrieg dann abrupt beendete.
Am Abend erzählt Marcus Maria von den Ergebnissen der Silatraviat-Forschung. Seine Erinnerungen an Österreich haben ihn heute so überwältigt, erzählt er Maria, dass er gerne eine längere Reise nach Europa machen würde:
»Wir haben uns genug verändert, dass wir nicht mehr sofort erkannt werden. Die EU hat, glaube ich, die Fahndung nach uns nach dem ,Tod durch das Flugzeugunglück‘ eingestellt. Vielleicht wollen Barry, Monika, Klaus und Sandra auch einmal wieder weg von Neuseeland. Sie könnten sich ein bisschen darum kümmern, was die EU in Para-Angelegenheiten macht. Wir würden hauptsächlich Österreich und unsere Freunde besuchen, oder? Ich möchte mich gerne ein paar Tage in die Nationalbibliothek in Wien setzen, weil ich im Zusammenhang mit Kürbis einige Fragen habe, die ich abklären will.« Maria ist ganz begeistert: »Ja, ich komme gerne mit. Ich weiß, dass sich die Kinder freuen würden, und meine Eltern in Graz besonders, wenn wir einmal zu ihnen kommen. Der Flug nach Neuseeland wird für sie zunehmend beschwerlich.«
Die Familie von Marcus ist leicht zu überreden. Klaus und Sandra sind begeistert, nur besteht Sandra darauf, auch Bath und einige ihrer Verwandten dort ihn der Nähe besuchen zu dürfen, während Klaus in
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