Xperten - Der Paradoppelgänger
ein Zimmer gemietet und das Schild »Nicht stören« an die von innen verriegelte Tür gehängt. Dann bin ich als Para-Barry in meine Wohnung gegangen, habe mich dann aber entmaterialisiert. Ihr habt also immer eine schon leere Wohnung überwacht. Dann habe ich als normaler Barry im Hotel geschlafen. Und nun kommt der trickreiche Teil: Der Flug aus Auckland, natürlich unter falschem Namen, sollte um 9.55 Uhr abheben. Ich checkte ein, erste Klasse, gab vor, dass es mir nicht gut ginge und materialisierte als Para-Barry im Büro, knapp, bevor du kamst. Das Heikle war nur, dass mich das Flugpersonal nicht beim Starten zwingen würde können, aufrecht zu sitzen (den Sitzgurt hatte ich angelegt), weil ich als »Barry in Trance« (das ist eine große Schwäche meiner Begabung) leider gar nichts merke, also unansprechbar bin. Während wir beide, du, Marcus, und ich, redeten, war das Flugzeug schon mit mir (in Trance) gestartet. Aber darum hatte der Para-Barry im Reisebüro es so eilig, weil schnell die kritische Grenze von 300 km erreicht worden wären.«
»Genial«, kommentiert Marcus.
»Willkommen im Club! Natürlich wird akzeptiert, dass ihr lieber in Auckland allein wohnen wollt. Wir werden uns regelmäßig treffen. Machen wir jetzt kein großes Theater, aber bitte: Ab jetzt gehören wir zusammen, bis einer aussteigen will. Bis dahin helfen wir uns gegenseitig und versuchen, gemeinsam das weitere Vorgehen zu besprechen. Was soll erforscht werden? Wo wollen wir eingreifen? Wie finden wir weitere Mitglieder? Wie können wir der Menschheit helfen? Wie können wir erreichen, dass wir oder unsere Kinder uns einmal »outen« können? An welche Gesetze/Spielregeln halten wir uns? usw. Dafür treffen wir uns regelmäßig. Sind alle damit einverstanden?« Alle nicken.
Sandra ist in einem Punkt noch neugierig. »Barry, als wir in Brasilia sprachen, da wurde klar, dass du auch ein Problem mit deiner Begabung hast. Du hast davon aber nichts erzählt. Was ist das Problem?«
Barry zögert kurz. »Ich empfinde als Para-Barry ganz normal, bin aber unverletzbar, gegen Infektionen gefeit, kann jederzeit verschwinden, den Ort wechseln usw. Das heißt, die große Versuchung für mich besteht darin, überhaupt nur mehr als Para-Barry zu agieren, nur ab und zu als richtiger Barry schnell etwas zu trinken und zu essen und zurück in die Projektion des Para-Barrys zu verschwinden. Das Problem dabei ist aber, dass mein Körper muskel- und kräftemäßig verfällt. Nach Tagen mehr oder minder als Para-Barry bin ich so schwach wie Patienten in Spitälern, die sich nicht bewegen können. Hier muss ich einen Kompromiss schließen und wie der am besten aussieht, weiß ich einfach noch nicht.« Sandra und die anderen sind überrascht: Was doch alles an neuen Problemen durch Para-Fähigkeiten entstehen kann!
Da fällt Barry noch etwas ein. »Mein Mädchen in Brasilia hat mir zum Abschied eine Schachtel gegeben und gesagt, ich darf sie erst mit euch zusammen aufmachen. Ich glaube, ich weiß, was drinnen ist, aber lasst uns schauen.«
Er schnürt die Schachtel auf. Drinnen liegen mehrere Quarzkristalle.
»Was ist das?«, fragt Marcus erstaunt.
Barry hält einen hoch: »Seht ihr, da drinnen sind gerade schwarze Fäden, das ist Kohlenstoff, der sich eigentlich durch Hitze und Druck in Diamantenstaub hätte verwandeln sollen. Und dann gibt es da noch gebogene Fäden und Flecken an der Oberfläche. Diese bestehen angeblich aus einer eigentümlichen Verbindung, Silatraviat.« Sandra bemerkt die plötzliche Aufregung von Marcus.
»Ich habe den Eindruck, dass diese Kristalle unsere Para-Fähigkeiten erhöhen«, fügt Barry hinzu. Marcus nimmt einen Kristall in die Hand. Er konzentriert sich auf einen Punkt der Insel, den er mit seinen T-Kräften bisher nie hatte erreichen können. Heute geht es problemlos: Er hat den Stein, den er dort mit seiner Pseudohand ergreifen wollte, fest in dieser! Dann lässt er den Kristall aus und sofort wird sein Kontakt mit dem Stein unterbrochen.
»Ich denke, du hast Recht, Barry. Wir werden das genau untersuchen müssen. Auf jeden Fall haben wir jetzt viele Gründe zu feiern.« Die Para-Community in Neuseeland beginnt Gestalt anzunehmen.
8. Klaus Baumgartner
Mai 2011
Barry nimmt wieder die Arbeit in seinem kleinen Reisebüro auf, betont aber, bei Bedarf jederzeit abrufbar zu sein. Mehr noch. Er lässt sich von Robert und Marcus die verschiedenen von SR-Inc. entwickelten bzw. benutzten Bergungswerkzeuge erklären
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