Xperten - Der Paradoppelgänger
Auckland kommen. Wir haben schon die Flugverbindungen herausgesucht. Wir kommen morgen nach Rio, dann fliegen wir gleich weiter. Schau, dass du auf denselben Flug kommst«, sagt Barry noch, bevor er auflegt. Sandra hat dieses starke »wir« von Barry nicht erwartet.
Während sie Marcus telefonisch mitteilt, wann sie ankommen und dass Barry dabei sein wird, verabschiedet sich Barry von Gina. Dabei gibt es keine Tränen; Gina hat immer gewusst, dass Barry Brasilia einmal wieder verlassen wird. Sie wird sich um Wohnung, Auto und alles kümmern - und er soll doch wieder einmal nach Brasilien kommen. Anders ist es bei Gabriela; mit feuchten Augen gibt sie Barry eine fest verschnürte Schachtel:
»Mach sie erst bei deinen Freunden in Neuseeland auf, ihr werdet den Inhalt vielleicht brauchen. Du weißt, wo du mich finden kannst, wenn du mich oder meine Eltern je brauchst. Du kennst unsere kleine Plantage in Cristalina.«
Barry ist gerührt, obwohl er das »Oder wenn du etwas von meinen Eltern brauchst« nicht versteht. Er gibt ihr ein Kuvert mit einem größeren Scheck und revanchiert sich.
»Erst aufmachen, wenn du bei deinen Eltern bist. Aber das darf ich dir noch selbst umhängen.« Er nimmt eine Goldkette, an der ein kreisrundes Kunstwerk hängt: ein Abbild von Gabrielas Gesicht, das mit Edelsteinen besetzt ist.
»Ich habe zwei davon machen lassen«, sagt er, »eines bleibt bei mir.« Dann streift er ihr leicht und liebevoll die Kette über, umarmt und küsst sie noch einmal leidenschaftlich, während Monika neidlos zusieht.
»Viel Glück, euch beiden«, sagt Gabriela, »und ladet mich zu eurer Hochzeit ein!«
Verdutzt schweigen Barry und Monika.
»Wird geschehen«, sagt schließlich Barry sehr nachdenklich, »Gabriela, du ahnst offenbar manchmal mehr als die Betroffenen.« Monika starrt Gabriela ungläubig an.
Sandra trifft Barry und Monika in Rio vor dem gemeinsamen Abflug. Beide schauen ruhig und glücklich aus. Fast befehlend stellen sie sich vor Sandra hin:
»Sag uns, wie es uns geht.«
Sandra lächelt, taucht in die Gefühlswelt von Monika und Barry ein. Dann schaut sie beide an: »Ihr seid okay. Was mit euch passiert ist, verstehe ich nicht. Ihr seid fast wie andere Menschen. Ich verstehe nicht, wo der jagende Barry und die flirtende Monika hinverschwunden sind. Ich wünsche euch, dass es so bleibt.«
»Jede Para-Begabung hat auch ihre Probleme«, lächelt Barry, »und du, Sandra, hast nun das Problem, dass du uns warnen musst, wenn sich unsere Gefühle ändern.« Sandra versteht, dass das fast ernst gemeint ist.
Die drei werden nach ihrer Ankunft in Auckland gleich auf Great Barrier Island geflogen. Nach einem kurzen Begrüßungsdrink ziehen sie sich zurück, sie müssen sich zunächst einmal ausschlafen.
Am nächsten Tag setzen sich die erwachsenen Para-Begabten zusammen. Marcus sagt, wie sehr er sich freut, dass Barry zurückgekommen ist. Dieser winkt ab.
»Lasst mich einmal erzählen und erklären. Ja, ich bin zurück und werde in Zukunft, wo es sinnvoll ist, mit euch arbeiten. Monika und ich werden aber nicht hier, sondern wie Aroha in Auckland wohnen, zumindest für den Anfang. Ich glaube, dass ich als ‚Neuer im Club‘ erklären sollte, was meine Para-Begabung ist. Über eure weiß ich ja ein wenig Bescheid und ich werde sicher allmählich mehr erfahren. Marcus, du hast immer vermutet, dass ich eine Art Doppelgänger mit speziellen Eigenschaften habe. Das stimmt fast, aber nicht ganz. Es ist vielmehr so, dass ich in eine Art Trance verfallen kann und dann eine Projektion von mir, wo ich will, materialisieren lassen kann. Ich sehe, höre, rieche, fühle dann durch diese Projektion und kann sie jederzeit wieder auflösen. Dann wache ich sozusagen wieder auf. Ich kann die Projektion auch den Ort wechseln lassen; in Wirklichkeit löse ich die Projektion dabei auf, wache ganz kurz auf und schicke die Projektion woanders hin. Die Projektion hat Einschränkungen: Ich kann sie nicht über mehr als zirka 300 km entstehen lassen und bei über 10 km wird die Projektion weniger massiv. Das sieht man zwar nicht, aber sie ist dann zum Beispiel leichter, als ich es bin. Den Ort, wo die Projektion - ich nenne sie übrigens Para-Barry -, erscheint, muss ich genau kennen und ich muss hoffen, dass dort gerade keine Menschen sind, sonst erschrecke ich die sehr. Es gibt noch eine Einschränkung: Ich kann weder beim Entstehen der Projektion noch beim Auflösen mehr als die Kleidung und wenige ganz kleine
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