Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
in sonnengebleichten, blumengemusterten Blusen und karierten Baumwollröcken. Ihre nackten Füße wirbeln kleine Staubwolken auf, während sie da und dort übrig gebliebenes Brennholz einsammeln. Mandi schließt die Augen und lauscht einer Symphonie aus Vogelgesang. Schon in Newman liebte sie die Klänge des frühen Morgens nach einer Nacht unter dem Wüstenhimmel.
Bilder der vergangenen Nacht nehmen wieder Gestalt in Mandis Erinnerung an. Die Schwärze des Himmels und das Leuchten der Sterne. Die aufblitzenden weißen Streifen auf der Haut der Tänzer. Und der Geschmack des verkohlten Fladenbrots. In ihrem Inneren hallt das Dröhnen der Didgeridoos wider und sie erinnert sich an die Schönheit im Gesicht der alten Frau.
Mandi kann die Nähe der Frau jetzt spüren und öffnet die Augen. Tatsächlich, die alte Frau steht neben ihr. Mandi richtet sich auf und blickt in ihre weichen braunen Augen. Die Frau erwidert ihren Blick. Als sie sich nach einem kurzen Moment umdreht und zu einem kleinen, gerade angefachten Feuer geht, folgt Mandi ihr. Die Frau reicht Mandi eine Schale Wasser und ein Tuch, das bereits Spuren von rotem Staub zeigt. Mandi bedankt sich und wischt sich damit über Gesicht und Nacken.
Sie kann sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so erfrischt vom Schlaf erwacht ist. Ihre Migräne ist verschwunden, genauso wie die Muskelverspannungen und das überreizte Gefühl. Sie atmet tief die frische Luft ein.
Die Frau gibt Mandi die Schüssel, in der sie am Vorabend den Teig für das Fladenbrot zubereitet haben. Sie schüttet Wasser und Mehl hinein, fügt eine Prise Salz hinzu und zeigt Mandi, wie man die Zutaten mischt. Mandi sieht zu, wie die Frau den Teig rührt, dann eine Kugel daraus knetet und sie mit einer anmutigen kreisenden Bewegung zu einem Fladen formt. Es sieht einfach aus, ist es aber nicht! Die Frau lacht und nimmt Mandis zarte weiße Hände in ihre eigenen dunklen, zerfurchten Hände. Mandi lässt sich von den Bewegungen der Frau führen und genießt das Gefühl des kühlen, klebrigen Teiges auf ihrer Haut.
Nach ungefähr einer Stunde kommt Graham und fragt Mandi, ob sie bereit für die Rückfahrt nach Jabiru sei. Also erhebt sie sich und bedankt sich bei der alten Frau.
Diesmal steigt Mandi auf die Ladefläche und zwängt sich zwischen die Frauen und die kichernden Kinder, die auf sie zeigen. Zwei Männer sitzen vorne bei Graham in der Fahrerkabine. Mandi blickt zur Seite: Die weißen Stämme der Ghost Gums 11 glühen silbern im Morgenlicht, Schwärme von Kakadus flattern aufwärts wie niedrige, schimmernde Wolken. Mit geschlossenen Augen saugt sie die Luft ein: der Geruch der Menschen! Der Lastwagen rumpelt die Straße entlang und Mandi ist glücklich, einfach den Busch wahrzunehmen, seine Gerüche und Geräusche.
Beim Crocodile Hotel angekommen, bedankt sich Mandi bei Graham für die Einladung, geht duschen, klebt sich Pflaster auf die paar Kratzer, packt zusammen und checkt aus.
Als sie bei ihrem gemieteten Geländewagen steht, fallen Mandi wieder die gewaltigen Eukalyptusbäume auf und sie beschließt ein paar Proben zu nehmen: Blätter, Stücke von der Rinde, Wurzeln usw. »Irgendwas ist eigenartig an diesen Bäumen«, denkt sie. »Ich habe nie derartig hohe Exemplare dieser Eukalyptusart gesehen. Das könnte ein gutes Forschungsprojekt für das nächste Semester abgeben. Ich muss nur sehen, wie ich die Proben durch die Quarantäne in Perth bekomme.«
11 Ghost Gum: eine Eukalyptusart.
Mandi sammelt einige Proben und verstaut sie in ihrem Rucksack. Als sie weitermachen will, spürt sie eine leichte Anspannung ihren Nacken hochsteigen. Sofort zippt sie den Rucksack zu und geht zum Wagen. Sie blickt hoch zu den Satellitenschüsseln am Dach des Hotels; die großen Generatoren stoßen ein leises, monotones Brummen aus.
»Ich fühle mich so gut wie schon lange nicht und ich werde es nicht zulassen, dass ich hier eine weitere Migräne bekomme«, sagt sie sich, entschlossen, einen klaren Geist zu bewahren. Fälschlicherweise denkt sie, die Ursache für ihre Anspannung und Migräne sei die Regenzeit …
Als Mandi zum Wagen kommt, hört sie jemanden ihren Namen rufen. Sie blickt auf und erkennt Evette, die mit ihrem Rucksack angelaufen kommt.
Atemlos fragt sie, ob sie nach Darwin mitfahren könne. Nach dem Ende des Protestes will sie die Kollegen besuchen, die sich dort nach einem Hitzschlag erholen, und danach will sie nach New South Wales zurückfliegen. Mandi ist einverstanden
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