Yachtfieber
einen triumphierenden Blick ein, dem sie auswich, indem sie einfach in ihre Kabine ging.
Sie würde die Zähne putzen und sich kämmen, das mußte genügen. Aufs Meer hatte sie wirklich keine Lust. Die anderen schon, sie hörte am Platschen, daß wohl alle hineingesprungen waren, und wollte durch das Bullauge ihres kleines Bades schauen, da fiel ihr Blick auf ihr Handy, das sie gestern hier liegengelassen hatte. Eine SMS war eingegangen.
»War schön mit dir«, las sie, »Dank für alles, melde mich wieder, Falk.«
Schlagartig hatte sie gute Laune. Er hatte vorgestern eine weitere Runde Cola bestellen wollen, aber Kim war aus ihrem Sessel aufgesprungen und hatte abgelehnt. »Trinkt ihr noch was, ich will noch schnell in einen Laden!«
Alissa machte Anstalten, ebenfalls aufzustehen, aber Kim wehrte ab. »Du bleibst da, es ist ein Geheimnis!«
»Ein Geheimnis?« Falk schaute Alissa interessiert an. »Das Geheimnis um zwei schöne Frauen …«
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»Das ist kein Geheimnis«, erklärte Kim und lächelte zu ihm hinunter, »sondern Realität!«
Sie zog hüftschwingend in ihrem knappen Jeansrock ab, und Alissa war froh, daß Falk mit dem Rücken zu diesem Abgang saß. Kim hatte manchmal etwas unheimlich Aufreizendes an sich.
Falk bestellte zwei weitere Colas, und nun wollte er wissen, was die beiden in Fethiye taten.
»Nichts viel anderes als du«, gab sie zur Antwort und überlegte dabei, wieviel sie erzählen konnte. Durfte sie sagen, daß Marc Richard einen Steinwurf entfernt auf einem Schiff Urlaub machte? Und daß Kim seine Tochter war? Auf der anderen Seite, warum nicht? Das war ja kein Staatsgeheimnis, und sie erzählte, welch unverschämtes Glück sie mit diesem Urlaub hatte.
Hab ich wirklich, dachte sie, als sie sich ein frisches T-Shirt über ihren Bikini zog. Jetzt ist zwar alles anders gekommen als gedacht, aber sicherlich würde sich das bald aufklären. Das Ganze war ein Unglück, sie war ja hautnah dabeigewesen, vielleicht hatte Franco zuviel Wasser geschluckt, vielleicht hatte er auch Drogen genommen, wer wußte das schon, jedenfalls war es zwar tragisch, aber es war eben passiert und nicht mehr rückgängig zu machen. Sie hoffte, daß die Polizei das bald einsehen und die anderen nach Hause schicken würde. Sie hatte keine Lust, den Rest ihres Urlaubs mit Riccardo und seiner Clique zu verbringen, so prickelnd fand sie das nun auch wieder nicht. Lieber wäre sie noch einmal nach Fethiye gefahren. Zu dumm, daß sie gestern den Landgang verschlafen hatte, aber es hatte sie auch niemand informiert.
Sie las seine SMS ein zweites Mal und spürte, wie ihr Herz schneller schlug: »War schön mit dir, Dank für alles, melde mich wieder, Falk.«
Das ließ hoffen. Voller Vorfreude ging sie an Deck zurück.
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Nach und nach kamen auch die anderen aus dem Wasser, duschten sich ab und setzten sich in Badetücher gehüllt an den Tisch. Erst dann ließ Marc die Bombe platzen und erzählte vom Aufmacher der Boulevardzeitung.
Zuerst war es still, dann wurden wilde Spekulationen angestellt.
»Ist ja klar«, Jens saß Marc gegenüber und hob die Hände, um sich Gehör zu verschaffen, »da hat irgend jemand Franco erkannt und seinen goldenen Schuß mit dem Bild gelandet.
Reiner Zufall!«
»Goldener Schuß? Nennt man das so?« wollte Pia wissen.
»Ich dachte immer, das ist was ganz anderes …«
»Keine Ahnung, wie man das nennt.« Jens zuckte die
Schultern. »Aber jedenfalls hat sich der Kerl eine goldene Nase verdient!«
»Ist da nicht ein bißchen viel Zufall im Spiel?« warf Uli ein.
»Hier irgendwo mit einem Teleobjektiv lauern und dann gleich eine ganze Serie schießen?«
»Ihr braucht ja bloß mal nachzusehen, wie der Fotograf heißt
…« Anja schaute zu Marc. »Kriegt der Kapitän denn nun so eine Blödzeitung organisiert?«
Marc drehte sich wieder zum offenen Fenster hin, um nach dem Kapitän zu rufen, als Chara, das griechische Mädchen, mit dem Zeigefinger aufs Meer wies: »Da kommen sie schon wieder!«
»Wer?« wollte Marc wissen, der es von seinem Platz aus nicht sehen konnte.
»Schon wieder die Polizei!«
»Vielleicht haben sie ihn gefunden?« Pia stand auf und trat an die Reling, die anderen folgten ihr.
Wie gestern sah es auch heute eher nach einer feindlichen Übernahme als nach einem harmlosen Besuch aus. Wieder war 44
das schwere Maschinengewehr auf seinem Dreifuß genau auf sie gerichtet, so daß Uli »Fahrt die Bordkanonen aus« rief, von Anja dafür aber einen Rippenstoß
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