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Yachtfieber

Yachtfieber

Titel: Yachtfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Räubergeschichten. Und ich mache nur einmal im Jahr Urlaub, weil ich viel arbeite. Mein türkischer Zulieferer, der mit seinen dreihundert Angestellten fast 52
    ausschließlich für mich und meine Firma arbeitet, kann Ihnen das bestätigen. Und ich würde gern meinen Urlaub auf dem Schiff verbringen, für das eine türkische Firma gutes Geld bekommt und einigen Leuten Arbeit gibt, und nicht hier in diesem Zimmer.«
    »Interessant«, sagte der Polizist nur, lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten und verschränkte die Arme.
    »Interessant?« Marc runzelte die Stirn. »Was, bitte, ist interessant daran, wenn ich Ihren Landsleuten Brot und Arbeit gebe?«
    »Ihre Einstellung«, sagte er. »Nur Ihre Einstellung. Sie denken also, ohne Sie müßte die Türkei verhungern …«
    Marc spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoß. Jetzt mußte er die Ruhe bewahren.
    »Ich will Ihnen nur klarmachen, daß ich etwas für Ihr Land tue. Ich verteile kein Rauschgift in der Türkei, sondern Arbeit.
    Das ist alles, was ich damit ausdrücken will.«
    Unvermittelt stand sein Gegenüber auf.
    »Was ist jetzt?« Fast war Marc über die plötzliche
    Veränderung erschrocken.
    »Ich hole jetzt Papier und Kuli, und Sie schreiben mir alles auf. Ihre Personalien, wo Sie arbeiten, mit wem Sie arbeiten, wie Ihre Ansprechpartner in der Türkei heißen, wieviel Umsatz diese Firma mit Ihnen macht.«
    Marc wußte nicht, wie er reagieren sollte. Hatte dieser Mensch ein Recht dazu? Auf den Umsatz seiner türkischen
    Handelspartner sicherlich nicht. Wenn nur Pia da wäre, sie war in solchen Dingen immer so praktisch. Sie hätte wahrscheinlich als erstes nach seinem Vorgesetzten verlangt. Das konnte er auch.
    53
    »Wer ist denn Ihr Vorgesetzter?« fragte Marc und drehte sich nach dem Polizisten um, der gerade an ihm vorbei zur Tür gegangen war. Der blieb stehen und schaute zu ihm zurück.
    »Mein Vorgesetzter bin ich!« sagte sein Gesprächspartner mit einem unergründlichen Lächeln, und sein Kollege, der neben der Tür gewacht hatte, schlug die Hacken zusammen.

    Die Untätigkeit lähmte alle an Bord, und die Ungewißheit setzte ihnen zu. Gegen Abend wurde die Stimmung immer gereizter.
    Pia hatte ihren Anwalt angerufen, aber der konnte so schnell auch nichts bewegen. Er mußte sich erst einmal »kundig«
    machen, mit der türkischen Polizei hatte er noch nie etwas zu tun gehabt.
    »Vielleicht kannst du ja einen Kollegen auftreiben, der Erfahrung mit der Türkei hat. Möglichst einen türkischen, der dürfte sich mit so etwas doch wohl auskennen. Jedenfalls haben sie meinen Mann mitgenommen, ich weiß weder wohin noch warum, noch wann er wieder zurückkommt. Das ist doch unfaßbar!«
    Ihr Anwalt gab ihr recht. Doch dann dauerte es bis zum Abend, bevor sie wieder etwas von ihm hörte. Ob Marc schon zurück sei? Nein, und dieser Umstand mache sie alle an Bord schier wahnsinnig. Es könne doch nicht sein, daß man einen Menschen mitnähme und weiter nichts erführe.
    Er habe einen deutschsprachigen Anwalt in Ankara ausfindig gemacht, der sich um die Sache kümmern würde. Mehr könne er von Deutschland aus leider nicht tun. Er gab Pia die Telefonnummer seines türkischen Kollegen und wünschte ihr viel Glück.
    »Danke, das kann ich gebrauchen«, sagte Pia, legte auf und wählte sofort die besagte Nummer. Ein Band erklärte ihr etwas auf türkisch, und mit einem Blick auf die Uhr war ihr klar, daß 54
    es schon zu spät war. Die Kanzlei war geschlossen, der Anwalt im Feierabend.
    Sie ging zum Bug des Schiffes und setzte sich auf das breite Bugspriet. Sie wollte alleine sein mit sich und ihren Gedanken, vor allem mit ihren Sorgen um Marc und die Situation. Unter ihr glitzerte das Wasser, und es sah alles so friedlich aus. Sie spürte, daß sie den Tränen nah war. Wie konnte eine Situation nur von heute auf morgen so gnadenlos kippen? Warum hatten sie Franco mit seiner blöden Rennzigarre nicht gleich wieder zum Teufel gejagt, seine Jungbrunnenstatisten eingeschlossen? Sie hatten beide den gleichen Impuls gehabt. Hätten sie nur danach gehandelt!
    Aber jetzt war es zu spät. Nun schwamm Franco hier irgendwo herum und brachte Ärger, den sie noch gar nicht richtig einschätzen konnte. Sie schlang die Arme um die Knie und legte den Kopf darauf. An wen konnte sie sich wenden? Für den türkischen Anwalt war das kein Fall, der nach höchster Dringlichkeitsstufe roch, das war klar.

    Alissa hatte sich ebenfalls zurückgezogen. Die »Dogukan« hatte den ganzen

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