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Yachtfieber

Yachtfieber

Titel: Yachtfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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seit zehn Jahren, und früher habe ich auch schon auf Schiffen gearbeitet. Ich lebe auf dem Wasser!«
    »Und Ihre Familie?« Jetzt wollte es Alissa genau wissen. Der Mann auf dem Wasser? Das ganze Jahr über?
    Er mußte lächeln. Fast sah er aus wie früher. »Wir haben eine große Familie, wissen Sie, da ist niemand alleine. Und außerdem bin ich im Winter ja zu Hause.«
    »Sei’s, wie’s will,jedenfalls müssen wir uns bei Ihrer Gesellschaft für Sie verwenden. Schließlich fahren wir schon seit etlichen Jahren mit der ›Dogukan‹ – und das wollen wir auch weiterhin!« Uli hob sein Glas. »Trinken wir darauf!«
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    Nicht alle hatten etwas in ihren Gläsern, aber alle stießen mit ihm an.
    »Und vielleicht sollten wir auch auf Marc trinken und ihm unsere guten Gedanken schicken.« Anja stand auf und hob ihr Glas zum zweitenmal. »Damit er weiß, egal, wo er die heutige Nacht verbringen muß, daß wir ihn vermissen.«
    Wie sie so dastand und ihr Weinglas hielt, sah sie für Alissa in ihrem weißen, fast durchsichtigen Leinenkleid wie ein zartes, überirdisches Wesen aus. Vor ihr züngelten die Flammen ersterbend über das Obst, und hinter ihr versank die Welt in Dunkelheit.
    Alissa starrte Anja an und mußte die Gedanken abschütteln, die sie dabei überkamen. Aber ganz deutlich meinte sie zu hören, wie Kim ihr Kinderlied summte.

    Der nächste Tag begann mit einem Paukenschlag. Pias Handy klingelte frühmorgens, was ihr nichts ausmachte. Sie hatte in dieser Nacht sowieso kein Auge zugemacht. Ihr deutscher Anwalt war dran.
    »Halt dich fest!«
    »Warum?«
    »Oder trink besser erst einen Raki!«
    »Sag, was los ist! Ich hasse solche Spielchen!«
    »Es sind keine Spielchen, ich weiß nur nicht, wie ich es dir sagen soll!«
    »Sag’s einfach!«
    Aber jetzt hatte sie sich schon aufgerichtet und saß mit klopfendem Herzen im Bett. Was konnte kommen? War Marc etwas zugestoßen?
    »Die Zeitung macht mit einem Foto von Marc auf. Abgeführt von zwei Polizisten. Wegen Mordverdacht, steht da. Mord an Franco!«
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    »Nein!« Jetzt raste ihr Herz, und ihre Stimme versagte. Sie starrte den Schrank an, dessen eine Tür mit der
    Wellenbewegung quietschend auf- und zuging, auf und zu.
    »Pia?« hörte sie vom anderen Ende der Leitung, so weit entfernt, als käme es vom Mond. Sie hörte ihr Blut rauschen und spürte nur, daß gleich etwas passieren würde – hoffentlich eine gnädige Ohnmacht. Aber es kam keine. Sie saß und starrte noch immer die quietschende Tür an, die im Rhythmus der Wellen auf- und zuschlug.
    »Pia?« hörte sie wieder.
    »Abgeführt? Ein Foto?«
    »Ja, leider. Sogar zwei. Er geht zwischen zwei Polizisten von eurem Segelschiff herunter auf das Polizeiboot. Eine Nahaufnahme von seinem Gesicht und eine Totale.«
    »Wer ist dieses Schwein …«
    »Wie meinst du?«
    »Ich frage dich, wer dieses Schwein ist! Das kann doch nicht sein! Was steht für ein Name unter den Fotos?«
    »Wie gestern schon – eine Fotoagentur.«
    »Und? Kein Fotograf?«
    »Lassen die nicht raus.«
    »Aber Michael! Bei so was! Bei Verleumdung, da muß man sich doch wehren können!«
    »Ist er von zwei Polizisten abgeführt worden?«
    »Ja, ja, natürlich, aber …«
    »Wegen Mordverdacht?«
    »Keine Ahnung, uns hat man hier ja kein Wort gesagt! Marc ist ja noch nicht einmal zurück …« Sie hielt inne.
    »Mein, Gott, Michael. Er ist noch nicht da! Ich habe das für ärgerlich, aber nicht für gefährlich gehalten. Meinst du, sie 62
    denken tatsächlich, daß …« Sie brach ab. Zu ungeheuerlich war der Gedanke.
    »Jetzt werde ich erst mal unserem türkischen Anwalt Beine machen. Gestern war’s noch Spaß, aber heute …«
    »Den wirst du nicht erreichen. In seiner Kanzlei läuft ein Band, ich nehme an, vor zehn hast du dort keine Chance!«
    Pia holte tief Luft. »Oh, Michael, was können wir nur tun?«
    Es war kurz still. »Soll ich kommen?«
    Pia überlegte. »Ich glaube nicht, daß du hier viel
    bewerkstelligen kannst, ich weiß noch nicht einmal, ob sie dich aufs Schiff lassen würden. Außerdem kannst du die Sprache nicht. Nein, versuch lieber, gegen die Zeitung vorzugehen oder sonst was. Jetzt werden doch alle nachziehen – oh, mein Gott, ich darf gar nicht daran denken, was das für eine
    Schlammschlacht wird. Wenn Marc das erfährt … er ist doch erledigt, wie soll er das wieder … weißt du was, Michael, biete dem ›Spiegel‹ ein Exklusivinterview mit mir an, oder ›Focus‹
    oder ›Stern‹ … obwohl, ich weiß ja

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