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Yachtfieber

Yachtfieber

Titel: Yachtfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Seine Tochter weggesperrt, Anja als 99
    Kugelfang, er platzte schier, wußte sich aber gleichzeitig keinen Rat. Vor ihm stand der Typ mit seiner Maschinenpistole, der nun nicht nur die Leute am Tisch, sondern auch den Kapitän am Ruderstand in Schach hielt. Er war sicherlich nervös, und Marc wollte keine vorschnelle Reaktion herausfordern. Doch plötzlich kam ihm der seltsame Gedanke, Pia könnte sich von ihm trennen, wenn er nun nicht irgendwie handelte. Marc schaute sie von der Seite an. Sie stierte noch immer geradeaus, völlig blicklos, ohne Leben. Er sah auf die andere Seite des Tisches, wo sich Nadine in der Ecke der Sitzbank zusammengekauert hatte. Ihre Haare fielen über ihr Gesicht und verdeckten ihre Gesichtszüge, und auch ihre sonstige Körperhaltung zeigte, daß sie mit nichts etwas zu tun haben wollte. Marc vermutete, daß sie mit ihren Gedanken bei Friedrich war und sich gerade ausmalte, wie er die Dinge hier schnellstens gemeistert hätte –
    vielleicht stellte sie sich aber auch gerade vor, wie er mit der anderen zusammenlag. Marcs Blick wanderte und fiel auf Alissa, die seinen Blick erwiderte.
    Er schaute noch einmal hin – ja, sie sah ihn auffordernd an.
    Was wollte sie ihm sagen?
    »Es kann eigentlich nichts passieren«, sagte sie halblaut.
    »Spätestens in ein paar Stunden wimmelt es hier von Polizei.
    Die werden aufgeben müssen.«
    »Sus be!« brüllte der Kerl mit seinem Gewehr und schaute sie böse an.
    Marc sagte nichts, aber er glaubte nicht daran. Er hatte überhaupt ein seltsames Gefühl, was die ganze Sache betraf. Sie waren da in eine Geschichte hineingeraten, bei der andere die Fäden zogen. Und Franco dafür zu verprügeln, dazu war es zu spät. Wäre sein blödes Rennboot doch vor der türkischen Küste zerschellt, dann würde er selbst nicht als angehender Mörder durch Deutschlands Gazetten geistern und säße hier nicht auf einem Geiselnehmerschiff. Das Wort machte ihn schwindelig.
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    Ihm fielen sofort einige Fälle ein, und er sah sie fast plastisch vor sich, schwerbewaffnete Geiselnahmen auf Schiffen, gestürmt durch Spezialeinheiten der Polizei, Blut und Schrecken, aber er hätte nicht zu sagen gewußt, ob das Bilder aus den Nachrichten waren oder ob es sich um einen Thriller handelte. Er war in vielem eben doch zu realitätsfremd, Pia hatte schon recht. Marc sah nachdenklich zu ihr hinüber. Er, der langjährige eingefleischte Junggeselle, konnte sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.

    Uli war zum Beiboot zurückgeschwommen und hatte sich hochgezogen. Eine leichte Strömung erfaßte das Boot und trieb es langsam die Felsen entlang. Vielleicht hatte er ja Glück und begegnete einem anderen Schiff. Bloß, was sollte er dort sagen?
    Holen Sie die Polizei? Die war ja schon da.
    Er saß auf der Ruderbank und schaute zu dem hellen
    Lichtkegel des Polizeiboots, das sich noch immer entfernte.
    Hoffentlich ging das gut aus. Seine kurze Sommerhose und sein T-Shirt klebten ihm am Leib. Es war eine warme Nacht, und trotzdem begann er zu frösteln. Er zog seine Kleider aus, um sie auf der Ruderbank trocknen zu lassen. Das Boot schwankte leicht unter seinen Füßen, aber das Meer war glatt, und es wehte ein leichter, warmer Wind. Er begann das Boot zu untersuchen.
    In den Bug war, wie bei vielen Booten dieser Größe, eine breite Sitzbank gezimmert worden, die von oben zu öffnen war. Sie war ein trockenes Behältnis für alles, was man auf dem Wasser so brauchte. An dieser Klappe hing jedoch ein neues
    Vorhängeschloß. Uli zerrte daran, aber es war zu stark, um nachzugeben. Er fluchte. War er jetzt tatsächlich auf das Versteck dieses ominösen Zeugs gestoßen? Zwanzig Kilo Heroin? Dann fuhr er mit mehreren Millionen spazieren, aber auch mit einem Freifahrtschein in den Himmel. Er mußte dieses Schloß aufkriegen. Um seinen Hals trug er einen gefaßten Haifischzahn. Den hatte Anja ihm einmal geschenkt in leichter 101
    Anspielung darauf, daß er mit manchen Dingen wenig
    diplomatisch umgehe. Er hatte sich trotzdem kindlich gefreut und ihn auch ständig getragen, obwohl Anja das nicht immer als passend empfand. Vielleicht hatte es ihm auch einfach Freude bereitet, sie damit ein bißchen zu ärgern, jetzt jedenfalls konnte der Zahn mit etwas Glück hilfreich sein. Uli öffnete den Verschluß der dünnen Silberkette, nahm den Zahn vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger, kniete vor der Sitzbank nieder und versuchte, mit seiner zackigen Spitze das Schloß zu knacken. Er

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