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Yachtfieber

Yachtfieber

Titel: Yachtfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Seeleute – und Soldaten!«
    »Soldaten?« Erschrocken blieb Anja stehen; dabei glitt ihr Blick zu Nadine, die sich in der Nische kokett halb an den Eßtisch gelehnt, halb darauf gesetzt hatte. Ihr Sommerkleid war hochgerutscht und ließ gebräunte straffe Oberschenkel sehen.
    Ihre Haare hatten den Taftlook verloren und sich wild um ihr Gesicht gelegt. Sie sah völlig verändert aus.
    »Nun, die haben alle ihren Militärdienst absolviert, das sind harte Jungs«, erklärte Ferhat und warf einen Blick zum Polizeiboot. »Die hätten schon längst stürmen müssen«, fügte er hinzu. »Seltsam genug, daß sie es bis jetzt nicht getan haben!«
    »Hoffentlich bleibt es so«, sagte Anja und huschte zu den anderen zurück in das Deckhaus. Ferhat zwinkerte Nadine zu.
    »Wenn alles glattgeht, bin ich morgen bei meiner Familie«, sagte er.

    Alissa kämpfte gegen bislang ungekannte Ängste. Der Motor lief ruhig, sie fuhr zügig in Richtung Norden. Die Wellen besprühten sie zwischendurch mit ihrer Gischt, aber sie waren keine Gefahr, denn der Wellengang war eher mäßig. Trotzdem fühlte sie sich von Minute zu Minute unwohler. Krieg bloß keine Panik, sagte sie sich und versuchte, ihre Gedanken auf alles mögliche zu lenken. Auf Falk.
    Konnte es tatsächlich möglich sein, daß unter der Strickmütze dieses Unbekannten Falk steckte? Sie versuchte, sich sein Gesicht in Erinnerung zu rufen, aber es schoben sich andere Bilder davor. Die Vorstellung, was sich unter ihr abspielte, wie tief und dunkel dieses Meer war, welche Tiere dort lebten, ob vielleicht schon ein Jäger direkt unter ihr schwamm und sie 128
    belauerte, ließ sie zittern. Ihre Phantasie spielte ihr einen Streich, ständig sah sie Ausschnitte aus irgendwelchen Filmen, bevorzugt aber aus »Der weiße Hai«, was sie
    zusammengesunken und regungslos auf ihrem Sitz verharren ließ.
    Stell dich nicht so an, sagte sie sich immer wieder, hier gibt es keine weißen Haie, aber dann kam ihr wieder Franco in den Sinn, und sie mußte daran denken, wie er wohl als Wasserleiche aussah. Kaum hatte sie dieses Bild verdrängt, dachte sie wieder darüber nach, was sich wohl direkt unter ihr im Meer abspielen mochte. Die Tiefe ängstigte sie am meisten, obwohl sie wußte, daß man auch in zwei Meter tiefem Wasser ertrinken konnte, und manch einer hatte es ja schließlich auch schon in einer Pfütze geschafft. Aber es ging ihr nicht um den Schrecken des Ertrinkens, sondern um das Unheimliche, Fremde.
    Sie begann Gedichte aufzusagen. Laut vor sich hin, um sich auf die Texte konzentrieren zu müssen. Aber selbst das nützte nichts. Die Bilder standen vor ihr. »Haut ab!« schrie sie, aber in diesem Moment hatte sie ein seltsames Gefühl in ihrem Slip. Sie stutzte, dann mußte sie lachen und öffnete schnell ihren Reißverschluß. Kims Handy vibrierte in ihrem Slip. Ein Glücksgefühl überkam sie: Sie war doch nicht alleine auf der Welt.
    Alissa bekam das Handy gerade noch rechtzeitig an ihr Ohr.
    »Ja?« sagte sie.
    »Kim?«
    »Nein, Alissa!«
    »Ach, Alissa, hier ist Chara. Ich wollte nur fragen, ob ihr uns holen könnt, die haben uns gehen lassen. Bis auf Riccardo.
    Keine Ahnung, warum.«
    Alissa mußte lachen. Sie spürte selbst, daß es ein irres Lachen war, aber es schüttelte sie durch und durch, und sie war kurz vor 129
    einem Heulkrampf. Dann bekam sie Angst, Chara könnte einfach auflegen.
    »Entschuldige«, schniefte sie und nahm den Gashebel etwas zurück, um sich besser verständigen zu können. »Wir sind überfallen worden. Ein paar Typen mit schwarzen Mützen. Sie haben das ganze Boot verwüstet und suchen etwas, das Franco dort versteckt haben soll …«
    »Soll ich die Polizei rufen?«
    »Die sind schon vor Ort. Die ›Dogukan‹ und das Polizeiboot sind irgendwo auf dem Meer. Ich bin mit dem Schlauchboot der Banditen getürmt und bin jetzt auch …« sie senkte die Stimme,
    »… irgendwo auf dem Meer …«
    »Das ist ja entsetzlich! Kann ich was für dich tun?«
    »Ich will versuchen, zur Küste zu kommen. Wenn ich dann herauskriege, wo ich bin, kannst du mir ja vielleicht helfen.«
    »Was heißt da vielleicht! Natürlich werde ich das tun! Ich rühre mich jetzt nicht vom Fleck. Und du solltest besser deinen Akku schonen!«
    Erschrocken schaltete Alissa ab. Chara hatte recht. Wenn der Akku erst mal leer war, würden sie sich nicht finden.
    Aber das Gespräch hatte ihr gutgetan. Sie fühlte sich schon nicht mehr so einsam, sondern es war jemand da, der auf sie

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