Yachtfieber
ihr Kapital. Sie ließ sich wieder auf das Bett sinken, schlug sich das Kopfkissen zurecht. Hoffentlich fing sie sich hier kein Ungeziefer ein. Es gab bestimmt auch schöne Hotels in Fethiye, da war sie sich sicher. Sie schreckte auf, als sie aus dem Nebenzimmer ein Handy hörte. Es klingelte laut, brach ab und begann wieder von neuem. Anscheinend war der Besitzer im Tiefschlaf. Dann fiel ihr ein, daß Riccardo das Zimmer neben ihr bewohnte, und sie wurde neugierig. Zwischen ihrem Bett und dem klapprigen Schrank führte eine roh gezimmerte Verbindungstür ins Nebenzimmer. Chara stand auf und preßte ihr Ohr gegen das Holz. Sie hörte Riccardos Stimme, aber noch mehr nahm sie ihren eigenen Atem wahr und hörte ihr Blut rauschen. Sie hielt die Luft an und versuchte sich zu konzentrieren. Riccardo lachte und klang durchaus fröhlich. Aber sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte kein einziges Wort verstehen. Schließlich schalt sie sich, ein mißtrauisches Weib zu sein. Was hast du eigentlich? fragte sie sich, wenn ihm jemand hinterherstiefelt, muß das ja nicht mein Problem sein. Und wenn er nichts davon wissen will, schon gar nicht. Und wenn es doch so wäre, geht das nur ihn was an. Leg dich also ins Bett und penn endlich!
167
Alissa zog sich ins Schlauchboot hinein, als sie hörte, wie sich die Seitenwand zur Bordtreppe öffnete. In fiebriger Hast öffnete sie den Knoten der Leine am Boot und stieß sich ab.
Yavuz kam gemächlich die Treppe hinunter und schaute ihr zu.
»Es gibt keinen Grund für eine solche Panik«, sagte er langsam. »Wenn ich Ihnen etwas hätte tun wollen, hätte ich das längst gekonnt!« Er lächelte. »Sie sind eine reizvolle Frau, außerdem wissen Sie, was Sie wollen. Sehr anziehend.«
Alissa startete den Motor und war sich im klaren darüber, daß er sie jetzt noch mit einem Satz hätte erreichen können oder auch noch wenige Minuten später mit seinem schnittigen Beiboot, das einsatzbereit neben der Yacht lag. Sie sagte nichts, sondern legte den Rückwärtsgang ein, um Abstand zu gewinnen.
Ihre Haare wehten ihr ins Gesicht, so daß sie nichts mehr sah und sie aus den Augen streichen mußte. Yavuz stand auf der letzten Stufe der Treppe und deutete mit einer Hand hinter sich.
»Fethiye liegt dort!« rief er. »Die ›Dogukan‹ allerdings nicht.«
Alissa drehte den Gashebel voll auf, bis sie außer Reichweite war.
Chara versuchte gerade per Handy, ihren Rückflug nach Rhodos zu organisieren, als ein Anruf anklopfte. Sie schaute kurz auf das Display, und als sie »Kim« las, würgte sie das andere Gespräch sofort ab.
»Alissa!« rief sie.
»Nur kurz, Chara, ist sowieso ein Wunder, daß das Ding noch funktioniert, lag vorhin damit im Wasser. Ich bin in etwa fünfzehn Minuten im Hafen von Fethiye, ich sehe ihn schon.
Wo steckst du?«
»In einem versifften Hotel, ich komme zum Hafen!«
168
Der frische Morgen tat ihr gut, die Luft roch anders und fühlte sich sogar anders an. Samtiger, weicher. Chara fühlte sich körperlich gut, obwohl sie kein Auge zugetan hatte. Sicher kommt irgendwann der große Einbruch, dachte sie, aber jetzt war sie nur gespannt, was ihr Alissa zu berichten hatte.
Sie erkannte sie schon von weitem. Verwegen sah sie aus, wie sie mit wehenden Haaren, kerzengerade hinter dem Steuer und mit hoher Geschwindigkeit in den Hafen schoß. Hoffentlich bekam sie das Ding rechtzeitig zum Stehen. Alissa legte mit einem eleganten Schwung an der Kaimauer an und hielt sich an einem der großen eisernen Ringe fest, die dort in die Mauer eingelassen waren.
»Ich habe keine Leine mehr!« rief sie Chara zu. »Kannst du mal was organisieren? Vielleicht brauchen wir das Ding ja noch.«
Chara klaute aus einem Fischerboot einen dicken Hanfstrick, mit dem sie das Schlauchboot festmachten, dann fielen sie sich in die Arme.
»Ich hatte wirklich Angst um dich.« Chara drückte sie an sich.
»Du warst stundenlang auf dem Meer, was hast du dort bloß getrieben?! Und warum bist du so naß?«
»O je, Chara, das erzähle ich dir gleich. Was mich mehr interessiert, ist, wie wir denen auf der ›Dogukan‹ helfen können!«
Chara schaute sich um. »Paß auf, da vorne ist so eine Bude, in der die Fischer nach der Arbeit ihren Kaffee trinken, das tun wir jetzt auch, dann trocknet dich die Morgensonne, und wir bringen uns gegenseitig auf den neuesten Stand. Und egal, was es ist, ich bin sicher, es fällt uns eine Lösung ein!«
Die »Dogukan« erwachte langsam. Nadine griff neben
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