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Yachtfieber

Yachtfieber

Titel: Yachtfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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auch keiner von den vier anderen, das hatte sie schon von hier aus erkennen können.

    Alissa und Chara gingen über die »Straße des 25. August« in Richtung der höhergelegenen Altstadt, und Chara erklärte, daß die Straße nach dem türkischen Massaker an der kretischen Bevölkerung so benannt worden war. 1898 war das geschehen.
    »Was du alles weißt«, staunte Alissa. »Ich glaube, ich bin schon wieder dabei, alle Geschichtszahlen, die ich in der Schule lernen mußte, zu vergessen.«
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    »Wenn einen wirklich was interessiert, sieht man das anders.«
    Chara lachte und deutete nach vorn. »Schau, dort vorn, das Menschengewühl … das ist die ›1866-Straße‹, die Hauptstraße der Altstadt, wenn du so willst, und wenn du dich nach einem Ersatz für deinen Falk umschauen willst, dann gehen wir am besten gleich zum Morosini-Brunnen, dort trifft sich alles!«
    Alissa hielt sich ganz dicht an Chara, denn sie hatte recht, der Ansturm der Menschen, sowohl der Einheimischen wie der Touristen, war enorm. Rechts und links reihten sich kleine Läden aneinander, und ganz offensichtlich waren sie sogar nach ihrem Angebot geordnet. Die Gerüche und Auslagen der Obst-und Gemüsestände zogen sie an. Alissa schnupperte, betastete Schwämme, ließ sich von Chara die verschiedenen Gewürze und Öle erklären und hatte im Nu Falk und die »Dogukan« völlig vergessen. Die Metzgerläden, die folgten, betrachtete sie mit gemischten Gefühlen. Die Menge an ausgestelltem Fleisch fand sie einerseits faszinierend, die zur Schau gestellten Tiere, im Ganzen präsentiert, gerupft oder gehäutet, jagten ihr dagegen einen Schauder über den Rücken.
    »Ich könnte das nicht essen«, sagte sie und wies auf Geflügel, an dem noch Köpfe und Krallen zu sehen war.
    »Du belügst dich selbst.« Chara schob sie weiter zu den Schuhgeschäften, die jetzt folgten. »Glaubst du, daß so ein Hühnchen, das du in Deutschland an einer Grillbude kaufst, besser gestorben ist? Dem haben sie halt vor dem Verkauf die Beine abgehackt, das ist alles!«
    »Iiih! Hör auf!« Alissa hielt sich den Bauch, dabei fiel ihr auf, daß sie seit Stunden nichts gegessen hatte. »Mir wird schlecht!«
    »Wir kaufen jetzt ein paar gute Treter, und dann gehen wir in eine der Seitengassen, dort gibt es eine Menge kleiner Tavernen, dann kannst du dir ja überlegen, ob du Vegetarierin werden willst!«
    208
    »Pfui, bist du böse!« Alissa schaute gereizt zu Chara hoch, aber die grinste nur.
    In einem kleinen Sportschuhgeschäft, in dem es nur die internationalen Nobelmarken gab und das auf den ersten Blick aussah, als ob es nicht nur vor Schuhen, sondern auch vor Menschen überquellen würde, griff Chara zielsicher nach einem Tommy-Hilfiger-Schuh aus weißem Leder und hielt ihn Alissa hin. »Was sagst du zu dem?«
    »Langsam kommst du mir vor wie meine Mutter!«
    »Griechinnen entwickeln eben schon früh einen mütterlichen Instinkt!«
    Alissa zog eine Augenbraue hoch, nahm den Schuh in die Hand und begutachtete ihn. Dann schaute sie über den Schuh hinweg auf die Unmenge anderer Schuhe, die sich
    nebeneinander auf ihren Schuhschachteln wie kleine Straßen durch den Laden zogen.
    »Ich erkenne hier vor lauter Bäumen den Wald sowieso nicht«, sagte sie und zuckte die Achseln, »ich kann mir auch in keinem Kaufhaus einen BH kaufen, weil mich die Auswahl so verwirrt, daß ich gar nichts mehr finde!«
    »Na, dann ist die Sache ja schon geritzt!«
    Alissa schlüpfte auf einem Bein balancierend mit ihrem schmutzigen Fuß in den sauberen Schuh und fand, daß er wunderbar paßte.
    »Wir hätten ihn sowieso nicht mehr zurückgeben können!«
    Chara lachte, wechselte mit dem schwarzgelockten jungen Verkäufer, der an der Kasse stand, einige Worte, bezahlte dann einen anderen Preis als den, der auf der Schuhschachtel stand, ließ Alissas Leinenschuhe in eine Plastiktüte packen und verließ mit ihr das Geschäft.
    »Was hast du jetzt dafür bezahlt?« wollte Alissa wissen, um den Überblick zu bewahren.
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    »Für ein so schlechtes Plagiat zahlt man hier nur die Hälfte!«
    Sie schob sich durch den Menschenstrom hindurch, und Alissa hielt sich in ihrer Kielspur.
    »Wie!?« protestierte sie von hinten, »die sind doch
    ausgezeichnet, täuschend echt!«
    Chara schüttelte den Kopf und löste das rote Haarband, so daß ihre Haarpracht wie ein Wasserfall herabrauschte. »Ja, schon, aber muß ich das dem Verkäufer sagen?«
    »Das weiß der doch sowieso!«
    »Das gehört dazu, Alissa,

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