Yachtfieber
vornehm«, sagte sie und gab Falks Nummer ein. »Ich schicke ihm meine Telefonnummer, dann liegt es an ihm, ob er sich meldet oder nicht!«
Alissa mußte erst mit Wasser nachspülen, so viele
Tintenfischstücke hatte sie sich in den Mund geschoben. »Aber mal ernsthaft«, sagte sie, nachdem sie geschluckt und sich geräuspert hatte. »Jetzt sind wir gestärkt, ich habe schnelle Treter, nun können wir die Sache doch nicht einfach so sausen lassen, ich meine, wer weiß, was Falk da entdeckt hat, und wir sitzen hier und kriegen nichts davon mit!«
Chara ließ sich beim Tippen nicht stören.
215
»Wir haben aber nicht genau gesehen, wo er hin ist. Diese Häuser an der Hafenstraße, ja, aber die sind recht hoch. Und wer weiß, ob er nicht daran vorbeigerannt ist? Was schlägst du also vor? Auf gut Glück die Jagd eröffnen?«
Alissa hatte sich noch ein Fleischbällchen von der Platte gepickt und mit zwei Fingern in den Mund geschoben. »Mmm«, mümmelte sie. »Köstlich!« Sie leckte jeden Finger genüßlich ab.
»Ehrlich gesagt, weiß ich es auch nicht. Ich habe nur das Gefühl, daß man etwas tun sollte!«
Chara drückte auf »Senden«.
»Ja, genau das tu ich ja gerade!«
Es war heiß, aber es wehte ein leichter Wind. Alissa musterte die Menschen an den Nebentischen und stellte fest, daß es ein sehr gemischtes Publikum war. Die beiden, die sich am Nebentisch gleich als Deutsche geoutet hatten, erinnerten sie an ihre Deutschlehrerin nebst Gatten, etwas spitznasig und dünnlippig, aber als sie hörte, wie die Frau den Kellner auf griechisch ansprach, schämte sie sich ihrer Gedanken. Toll, das konnte sie nicht. Aber waren die Deutschen nicht ohnehin die Weltmeister in Vorbereitungsbildungskursen, wenn es um andere Länder ging?
»Gut«, sagte Chara und riß Alissa aus ihren Gedanken.
»Ich habe ihm geschrieben, daß er sich besser bei uns melden soll, wir sind ja schließlich abkömmlich!« Sie lächelte ihr unbeschreibliches Lächeln, da summte es schon zweimal, eine Kurznachricht war eingegangen.
»Ich könnte euch brauchen. Haus gegenüber Kreisverkehr, Vorsicht! F.«
Chara schaute Alissa bedeutungsvoll an. »Na, das ging schnell! Ist es dir jetzt nach Mittagsschlaf oder eher nach Abenteuer?«
216
»Eigentlich nach einer Tasse Kaffee, aber dann verpassen wir das Abenteuer!«
»Na, dann!« Chara warf einen bedauernden Blick auf die erst halbleere Platte. »Bist du auch sicher, daß du schon satt bist?«
»Wenn ich das alles esse, platze ich. Wieso? Willst du es dir einpacken lassen?«
Chara mußte lachen. »Nein«, wehrte sie ab, »aber ich habe eine komische Einstellung. Wenn schon Tiere für mich gestorben sind, sollten sie nicht im Abfall landen, denn dann wären sie umsonst gestorben.«
Sie stand auf.
»Vielleicht dürfen wir Ihnen helfen?« kam es unerwartet vom Nachbartisch. Alissa und Chara drehten sich gleichzeitig um, es war das deutsche Paar.
»Aber gern«, sagte Chara und stellte die Platte auf deren Tisch, was ihr wiederum allgemeine Aufmerksamkeit bescherte.
Sie winkte dem Kellner zu, der zwischen dem bunten
Fliegenvorhang im Eingang stand, und rief ihm etwas auf griechisch zu, worauf er lauthals lachte und ihr zurückwinkte.
»Kennst du den eigentlich?« wollte Alissa wissen.
»I wo, er freut sich einfach, wenn mal jemand ein bißchen mit ihm schäkert. Ist ja auch eine eintönige Sache, den ganzen Tag Leute zu bedienen!«
Sie gingen nebeneinander her aus der Seitenstraße heraus und reihten sich wieder in das Menschengeschiebe auf der Hauptstraße ein.
»Du bist eine gute Seele«, sagte Alissa nachdenklich zu Chara.
»Ob ich eine gute bin, weiß ich nicht«, antwortete sie. »Aber sicherlich eine alte.«
217
Kim konnte sich nicht beruhigen. »So ein blöder Fehler!«
sagte sie ein ums andere Mal.
»Sie hätte unsere ›Dogukan‹ ja auch allein sehen können, groß genug ist sie ja!« Pia verstand das nicht. »Sie kann doch nicht mit dem Schlauchboot aus dem Hafen fahren, ohne sich die Schiffe hier anzuschauen!«
Sie saßen auf der »Dogukan« im Schatten des Sonnensegels um den großen Eßtisch herum, und Hussein hatte eben ein leichtes Mittagessen aufgetragen, denn im Hafen stand die Luft, und es war stickig und heiß.
Marcs Blutdruck war bereits sichtbar gestiegen, und das hing nicht nur damit zusammen, daß Mrs. Andersson noch auf sich warten ließ. Er hatte einfach genug von diesem Theater und wollte zurück aufs Meer, ins Wasser springen und seine Ruhe
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