Yachtfieber
der großen Magazine geben, das ist schon angeleiert, und ganz ehrlich, keine Werbung kann einen Namen so groß machen wie so eine Story!«
»Du willst aber nicht sagen, daß einer Richard-Klamotten kauft, nur weil Marc als mutmaßlicher Mörder verhaftet wurde?«
Kim mußte losprusten, sie hatte sich verschluckt. »Nein, aber die Marke war bisher klein und exklusiv, und jetzt weiß man, daß es eine so kleine, exklusive Marke gibt!«
Anja schwamm einige Züge, ohne zu antworten. »Denkst du, daß dein Vater das auch so sieht?«
Kim mußte wieder lachen. »Keine Ahnung, aber ich weiß jetzt endlich, was ich werden will, ich werde eine geniale Werbefachfrau, ich spür das! Noch so eine Schlagzeile, und wir sind berühmter als Armani!«
»Komm, du nimmst mich auf den Arm. Laß das, und red es nicht herbei, ich bin abergläubisch!« Anja deutete auf die große weiße Motoryacht, auf die sie zuschwammen. »Ich glaube, wir 247
drehen um, sonst fühlen die sich vielleicht durch uns gestört.«
Kim betrachtete das Schiff, das elegant im Wasser lag und an dessen Bordwänden sich das Wasser noch immer so blitzend spiegelte, daß es blendete.
»Muß einem ziemlich reichen Menschen gehören, schau mal, wie die in Schuß ist. Oder sie ist niegelnagelneu!«
Anja gab ihr recht.
Ein junger Mann in einem weißen Poloshirt kam an die Reling, nickte ihnen kurz zu und verschwand wieder.
»Schau, Frischfleisch!« flüsterte Kim und zwinkerte Anja zu.
»Laß uns zurückschwimmen«, sagte Anja, aber Kim hatte Feuer gefangen.
»Sieht ziemlich verlassen aus, der Kahn – bis auf dieses junge Bürschlein?« Sie legte sich wieder schwimmend auf die Seite.
»Komm, Anja, einmal drumherum, dann haben wir eine gute Strecke gemacht. Das ist unsere Wendeboje, oder kannst du nicht mehr?«
Anja schaute zur »Dogukan« zurück. Sie schwamm nicht mit so kräftigen Zügen wie Kim, aber sie war Ausdauersportlerin, joggte täglich, und eigentlich fehlte ihr dieser Auslauf auf dem Schiff. Gut, jetzt konnte sie es nachholen, und die Entfernung war wirklich überschaubar. Einmal um das Schiff herum, dann zurück, duschen, und sie hatten sich ihr Abendessen redlich verdient.
»Okay!« sagte sie nur, achtete aber darauf, daß der Bogen groß genug war und sie nicht unschicklich nahe an die Yacht kamen.
Kim schien das weniger zu interessieren, sie schwamm knapp an der dicken Ankerkette vorbei, die sich im klaren Wasser nach unten verlor. Anja, die mehr Abstand hatte, schaute nach oben zum Schiff, aber sie sah wirklich niemanden. Selbst der junge Mann von vorhin war nicht mehr zu sehen. Sie konnten sich also ungestört fühlen.
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Kim hatte durch ihre Abkürzung einen Vorsprung, und Anja kraulte einige Meter heran, um aufzuholen, prallte aber plötzlich gegen Kim, die mit den Armen auf der Stelle ruderte.
»Dort, schau!« flüsterte sie. Ihre Augen wurden groß.
Anja schaute hin, konnte außer einem schwarzen Schlauchboot aber nichts erkennen. »Was ist?« fragte sie leise und spürte eine Beklemmung, ohne zu wissen, warum.
»Das ist das Schlauchboot dieser Banditen, die uns überfallen haben!«
»Meinst du wirklich?« Anja befürchtete im gleichen Moment unterzugehen. Sie schluckte Wasser, mußte husten und versuchte es gleichzeitig zu unterdrücken.
»Ich bin todsicher!«
Sie paddelten mit den Beinen, um im Wasser stehen zu können, und schauten sich an. Anja schreckensbleich, Kim mit vor Spannung geröteten Wangen. »Das Boot, mit dem Alissa abgehauen ist«, fügte Kim noch hinzu, weil sie fürchtete, Anja könnte die Situation nicht erfassen.
»Das ist … du meinst, Alissa ist vielleicht auf dieser Yacht?«
Sie schluckte wieder Wasser. »Und? Was machen wir jetzt?«
»Wir gehen rein!« sagte Kim bestimmt. »Oder ich rufe ganz laut nach ihr, dann wird sie sich schon melden!«
»Wie wär’s, wenn wir zurückschwimmen und den anderen melden, was wir hier gesehen haben? Denn wenn es das Schiff der Banditen ist, wo sind dann …?« Automatisch schauten sie beide die Bordwand hoch, konnten aber noch immer niemanden entdecken.
»Weißt du was«, japste Anja, »wir hauen ab! Wenn wir schon angreifen, dann alle zusammen!«
Für Alissa war es schier unbegreiflich, daß der Flug überhaupt geklappt hatte. Aber sie hatte schon immer ein bißchen den 249
Verdacht gehegt, daß Chara über besondere Fähigkeiten verfügte. Sobald sie jemanden anlächelte und einige Sätze mit ihm sprach, wurden unmögliche Dinge möglich.
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