YANKO - Die Geschichte eines Roma
Impuls. Er wusste selbst nicht woher dieser so plötzlich kam, doch es war auf einmal glasklar zu spüren. Fast fröstelte er dabei, doch gleichzeitig wurde er ruhig und warm, und er entschied sich dem sofort nachzugehen.
Mittlerweile war es Nacht geworden. Yanko ging zurück ins Haus, rief erst im OLD RAILWAY an, holte dann den Autoschlüssel und fuhr nach Sheddy runter.
Roger war gerade am Aufräumen, und Ron saß tatsächlich noch an der Theke.
Yanko ging mit einer unerschütterlichen Entschlossenheit, die ihn selbst wunderte, auf seinen alten Kumpel zu. „Komm!“, sagte er nur. Ron schaute ihn zwar verwundert an, stellte aber keine Fragen, denn er würde es ja eh gleich erfahren was Yanko wollte. Er nahm seine Jacke und ging mit Yanko hinaus. Sie setzten sich in Yankos Pickup und fuhren los. Auf dem ganzen Weg sprachen sie kein einziges Wort.
Es regnete plötzlich wie aus Kübeln. Der Waldweg war nach kurzer Zeit so aufgeweicht, dass der Dreck bis an die Scheiben flog, doch Yanko fuhr deswegen nicht langsamer. Ron schaute ihn manchmal zwar fragend an, beschloss aber weiterhin ihn nicht wirklich zu fragen, was denn auf einmal in ihn gefahren war. Er genoss es einfach neben ihm zu sitzen und schloss für einen kurzen Moment lang die Augen.
Bei Yanko angekommen, rannten sie durch den Regen und erreichten ziemlich durchnässt die Haustür. Dort zogen sie die Schuhe aus und gingen hinein.
Sofort standen sie in dem großen, gemütlichen Raum, der Küche und Wohnzimmer in einem war. Yanko hatte nicht viele Möbel. Vor dem Kamin standen ein großes Sofa und zwei Sessel auf denen ein paar Felle und Decken lagen. Neben dem Kamin standen einige Kisten mit Holz. Es gab ein kleines Regal in dem ein paar Bücher standen. An der Wand hing ein großes, eingerahmtes Foto von einer galoppierenden Mustangherde. Auf einem Stapel Decken lagen einige Adlerfedern und daneben ein schöner alter Sattel. Auf dem großen, einfachen Holztisch stapelten sich ein paar Zeitungen und Briefe. Yanko hatte das Talent Sachen herumliegen zu lassen, ohne dass es besonders unordentlich wirkte.
Yanko legte Holz in den Kamin und machte Feuer und es wurde sofort angenehm warm. Ron stand an der Küchenthekeangelehnt und wurde auf einmal nervös. Was hatte sein Zigeunerkumpel bloß vor? Manchmal war ihm Yanko immer noch fremd, obwohl er ihn schon so lange kannte und Freud und Leid mit ihm geteilt hatte. Eigentlich unterschied er sich nicht viel von einem ganz normalen Amerikaner und doch irgendwie in allem, obwohl man ihm nicht unbedingt ansah, dass er ein Zigeuner war. Außer an seiner Haut vielleicht, die etwas dunkler war als bei den weißen Amerikanern, und die im Sommer auch sehr schnell richtig braun wurde. Seine Haare waren für den amerikanischen Durchschnitt vielleicht etwas zu lang, und er könnte sie auch öfter mal kämmen, fand Ron, aber Yanko zog meistens Jeans und Hemd oder T-Shirt an, also keine Anzüge oder Hüte, so wie Ron Zigeuner von Bildern her kannte. Die ganze Familie Melborn war diesbezüglich eher amerikanisch, obwohl Keith, Mabel und Minerva schon mehr so aussahen, wie man sich Zigeuner so vorstellte. Sie hatten alle schwarze Haare und außer Keith auch braune Augen. Yankos Augen dagegen waren wirklich etwas Besonderes. Ron hatte immer das Gefühl, wenn man in sie hineinblickte, konnte man bis auf den Grund seiner Seele schauen. Sie schimmerten wie die untergehende Sonne im Wasser. Er sah ihm gerne in die Augen, und wenn Yanko dabei lachte, war ihm schon immer ganz warm ums Herz geworden.
Er wusste eigentlich gar nicht, was Yanko selbst über sein Romasein dachte, er hatte noch nie darüber gesprochen. Und es war auch selten, dass er Yanko in seiner Sprache sprechen hörte, aber wenn er es tat, dann hatte er jedes Mal das Gefühl jemanden zu sehen, den er sonst nie sah. Ab und zu neckte er ihn gerne indem er ihn alter Zigeuner oder so nannte, aber es bedeutete eigentlich nichts. Er kannte nur diese paar Zigeuner hier, und er dachte eigentlich nie daran, dass sie welche waren.Und die Leute hier in Sheddy schienen sich auch nicht daran zu erinnern.
Ron wurde jetzt langsam doch zu neugierig, und er fragte Yanko schließlich, was eigentlich los sei, aber Yanko antwortete nicht.
Nachdem das Feuer gut brannte, stand er auf und schaute Ron lange an. Dann ging er langsam auf ihn zu und zog sich dabei sein Hemd aus. Ron zuckte innerlich etwas zusammen, blieb aber wie gebannt stehen und rührte sich nicht. Yanko blieb vor Ron
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