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YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
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seinem Haus vor. Er musste langsam aus dem Auto aussteigen, denn er spürte Yanko noch sehr deutlich in sich. Es tat nicht weh, aber es war ein seltsames Gefühl, und es machte ihn schwindlig, wenn er daran dachte, was der Grund dafür war.
    Er ging ins Haus und versuchte dort so schnell wie möglich seine Uniform anzuziehen. Seine Frau Marianna kam im Bademantel aus dem Bad und küsste ihn schnell zur Begrüßung auf den Mund: „Wo warst du denn? Was ist passiert? Dein Handy war auch aus!“, fragte sie leicht besorgt. Ron konnte sie nur kurz anschauen. Er war froh, dass seineAntwort schon ein paar Mal die ganze Wahrheit beinhaltet hatte, so kam er sich nicht wirklich schlecht dabei vor, ihr nicht alles zu erzählen und antwortete schnell: „Ich war bei Yanko. Wir haben geredet, und ich habe ein paar Bier getrunken. Ich hab’ nicht auf die Zeit geachtet, und dann war es plötzlich so spät... und ich war hundemüde. Ich dachte du schläfst bestimmt schon. Es tut mir leid!“ Ron ging zu ihr und küsste sie schnell auf die Stirn. Marianna nahm es recht leicht: „Ich habe mir zwar so etwas gedacht, aber ich habe mir auch Sorgen gemacht. Bitte ruf mich das nächste Mal an, egal wie spät es ist. Ok?“ Ron nickte nur kurz. „Mhmm!“ Er küsste sie nochmal. „Ich muss jetzt los... bis später!“, sagte er schnell und verließ fast überstürzt das Haus, während Marianna ihm leicht verwundert hinterherschaute.
    So vergingen die Tage.
    Ron fügte sich, so gut es ging in seinen Alltag und versuchte dabei nicht an Yanko zu denken. Doch sobald er allein in seinem Büro saß, oder sonstwo allein war, musste er unweigerlich an ihn denken. Yanko schien zum Greifen nah, so präsent hatte er ihn in seinem Bewusstsein. Er hatte seinen Geruch noch in der Nase und sehnte sich nach seinen Küssen. Er betete, dass er nicht aus Versehen im Schlaf darüber reden würde, denn er träumte seitdem jede Nacht davon, wieder mit Yanko zusammen zu sein.
    Oft nahm er sein Handy in die Hand und wollte ihn anrufen, doch dann wusste er nicht, was er hätte sagen sollen. Entmutigt ließ er es immer wieder sein, wusste er doch, dass diese Nacht für Yanko nur eine einmalige Sache gewesen war.
    Plötzlich erinnerte er sich an seine Jugendzeit, als er eines Nachmittags nach der Schule nach Hause gekommen war und seine Eltern völlig aufgebracht in der Küche vorgefunden hatte. Sein jüngerer Bruder Steven war mit hochrotem Kopfvor seinem Vater gestanden und hatte immer wieder beteuert damit nichts zu tun gehabt zu haben. Sein Vater hatte sich überhaupt nicht beruhigen können und war immer wütender geworden. Er hatte kräftig auf ihn eingeschlagen und dabei Sachen gebrüllt, wie: „Mach das ja nicht noch einmal... Wenn ich dich nochmal mit so etwas erwische, dann gnade dir Gott... Das ist nicht Ehrbar... Das ist eine Schande für die ganze Familie, damit spuckst du auf uns...“
    Ron konnte sich noch ganz genau daran erinnern, wie er erstarrt im Türrahmen gestanden hatte und überhaupt nicht wusste, was denn sein Bruder so Schlimmes angestellt haben sollte. Steven war danach eine Woche lang nicht zur Schule gegangen und hatte obendrein zwei Monate Hausarrest bekommen. Danach hatte keiner mehr darüber gesprochen, und so hatte dieses Ereignis, das Ron dann jahrelang ungelöst mit sich herumtrug, eine nagende Wunde in seiner Seele hinterlassen. Er hatte es einfach nicht vergessen können und immer wieder gerätselt, was Steven wohl angestellt haben konnte, dass sein Vater so brutal zu ihm gewesen war.
    Jahre später, als er selbst schon aus dem Haus gewesen war und einer eigenen Arbeit nachging, hatte er Steven nach jenem Tag gefragt. Steven hatte ihm lange in die Augen gesehen, bevor er ihm erzählen konnte, dass er damals von einem Kumpel ein Pornoheft zugesteckt bekommen hatte, in dem auch homosexuelle Männer abgebildet waren.

Y anko fühlte sich immer wohl, wenn er bei den Cheyenne war. Sie waren sein zweites Zuhause. Er saß mitten unter ihnen am Feuer und freute sich, sie alle wiederzusehen. Irgendwie hatten sie ja eine sehr ähnliche Vergangenheit.
    Ein umherziehendes Volk. Dauernd unterwegs. Verfolgt, vertrieben, verachtet und missbraucht. Überall und nirgends zu Hause. Gefleckter Wolf hatte ihm einmal gesagt, dass die Seelen der wandernden Völker immer frei sein würden, weil sie von Anfang an gelernt hatten loszulassen.
    Gefleckter Wolf... An ihn wollte er jetzt eigentlich nicht denken, obwohl das hier fast unmöglich war. Sie

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