Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
habe seine Gedanken nicht gelesen. Ich habe einfach nur die Augen offen gehalten und seine Absichten instinktiv erahnt.“
„Das hört sich für mich wie dasselbe an“, entgegnete Cahil. „Leif hatte recht mit seinem Vorwurf. Du hast tatsächlich Magie benutzt, als wir im Wald miteinander gekämpft haben. Du bist also nicht nur hinterhältig, sondern auch noch eine Lügnerin.“
Beschwichtigend legte ich eine Hand auf Aris Arm, um ihn daran zu hindern, Cahil zu erwürgen. „Cahil, ich brauchte deine Gedanken nicht zu lesen. Die Wahrheit ist, du bist einfach nicht so geschickt wie Ari und Janco. Sie haben mir nämlich beigebracht, mich zu konzentrieren. Sonst wäre es mir doch nie gelungen, sie zu besiegen. Ich kenne nur einen Menschen, der sie herausfordern und ohne Hilfe besiegen könnte“, sagte ich.
Janco sah mich fragend an. „Einen?“ Nachdenklich kratzte er seine Narbe am rechten Ohr.
„Valek“, sagte Ari.
„Ach ja. Der berüchtigte Valek. Ist ja klar, dass seine Geliebte so große Stücke auf ihn hält. Oder sollte ich dich seine Spionin nennen?“ Provozierend schaute Cahil mich an.
„Ich denke, du solltest verschwinden. Und zwar sofort“, sagte Ari. In seiner Stimme lag ein gefährliches Grollen.
„Das ist meine Heimat. Dank Valek. Wenn jemand verschwindet, dann ihr“, sagte Cahil zu Ari, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Janco trat zwischen uns. „Mal sehen, ob ich das auf die Reihe kriege“, sagte er zu Cahil. „Yelena schlägt dich, also willst du eine Revanche. Aber du glaubst, sie benutzt ihre Zauberkraft statt ihrer kämpferischen Fähigkeiten, um zu gewinnen. Das ist in der Tat ein Dilemma.“ Er strich sich über den Spitzbart. „Da ich derjenige bin, der ihr alles beigebracht hat, was sie weiß, und da ich, dem Schicksal sei Dank, keine magischen Kräfte habe, wie wäre es dann mit einem Kampf zwischen uns beiden? Dein Langschwert gegen meinen Streitkolben. Ohne jede Magie.“
„Du hast ihr alles beigebracht?“, fragte Ari entrüstet.
Janco wischte seine Bemerkung mit einer Handbewegung beiseite. „Kleinigkeiten, Kleinigkeiten. Ich denke hier ganz groß, Ari.“
Cahil erklärte sich mit einem Kampf einverstanden. Selbstbewusst stellte er sich in Positur und griff an. Jancos Streitkolben schwirrte durch die Luft und entwaffnete Cahil mit drei raschen Schlägen. Dessen Stimmung wurde nicht gerade besser, als Janco ihm erklärte, er bräuchte ein leichteres Schwert.
„Sie hat dir geholfen“, warf Cahil Janco vor. „Man sollte Typen aus dem Norden eben nicht vertrauen.“ Damit stapfte er wütend davon. Sein Blick sprach Bände: Diese Niederlage würde er nicht auf sich beruhen lassen.
Ich zuckte mit den Achseln, fest entschlossen, mir von Cahil meine Zeit mit meinen Freunden nicht verderben zu lassen. Ich forderte Janco zu einem weiteren Kampf auf und schwang meinen Streitkolben, aber er wehrte den Angriff mit Leichtigkeit ab und konterte mit einer seiner blitzschnellen Attacken.
Konzentriert trainierten wir drei eine Weile. Obwohl ich eine Verbindung zu meiner spirituellen Kampfzone herstellte, gelang es Ari, mich zweimal zu besiegen.
Nachdem er mich in die Schlammpfütze geworfen hatte, sagte er grinsend: „Ich versuche eben, meine Absichten nicht nach außen zu projizieren.“
Schnell zog die Abenddämmerung auf. Müde, verschwitzt und so schlammverkrustet, dass ich ein attraktives Ziel für Mistkäfer war, sehnte ich mich nur noch nach einem Bad.
Ehe Ari und Janco sich auf den Rückweg zur Zitadelle machten, legte Ari mir seine große Hand auf die Schulter. „Sei vorsichtig. Mir gefällt nicht, wie Cahil dich anschaut.“
„Ich bin immer vorsichtig, Ari.“ Ich winkte zum Abschied und ging zur Badestube. Alle Knochen taten mir weh.
Die kühle Jahreszeit neigte sich dem Ende zu. Die Nacht war so klar, dass man das Gestirn der Eiskönigin am Himmel funkeln sehen konnte. Der Dreiviertelmond glitzerte wie ein Juwel. Nur noch sechs Tage bis Vollmond. Die kalte Luft ließ mich erschauern. Morgen früh würden die Pfützen eisbedeckt sein.
Ich dachte an Cahil und daran, wie sehr sich unsere Beziehung seit den ersten Tagen verändert hatte, als er noch glaubte, ich sei eine Spionin aus dem Norden. Eine Wendung um hundertachtzig Grad. Ich tastete nach meinem Schlangenarmreif und drehte ihn um mein Handgelenk.
Plötzlich fiel mir auf, wie merkwürdig verlassen und ruhig der Innenhof war. Nervös schaute ich mich nach meinen Wächtern um. Ich hatte mich schon
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