Yendi
Ich suchte eine Verbindung mit -
»Fentor.«
»Ja, Mylord?«
»Stelle eine Liste mit jedem noch lebenden Nachkommen Baritts zusammen. Sie soll in einer Stunde fertig sein.«
»In einer Stunde, Mylord?«
»Ja.«
»Aber - sehr wohl, Mylord.«
Ich unterbrach die Verbindung und öffnete eine andere.
»Was ist denn?«
»Hallo, Sethra.«
»Oh, Vlad. Guten Abend. Was kann ich für dich tun?«
»Ist es noch nötig, daß Norathar und Cawti gefangengehalten werden?«
»Ich unterhalte mich gerade mit Aliera darüber. Warum?«
»Es wäre hilfreich, wenn Cawti heute abend frei wäre.«
»Verstehe.« Eine Pause entstand, dann: »Also gut, Vlad. Weder Aliera noch Morrolan haben etwas dagegen.«
»Ihr werdet sie beide freilassen?«
»Das stand nur bei der Ostländerin in Frage. Norathar ist, soweit es uns betrifft, eine Dragon.«
»Verstehe. Nun, ich danke dir.«
»Keine Ursache. Ich sage ihnen sofort Bescheid.«
»Kannst du noch fünf Minuten warten, bitte?«
»Wenn du möchtest.«
»Danke.«
Dann atmete ich tief durch und konzentrierte mich auf Cawti, die ich ja noch nicht allzu gut kannte. Aber ich dachte an ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre -
»Vladimir!«
»Richtiggeraten. Was hast du heute abend vor?«
»Was ich vorh-? Was glaubst du denn, was ich vorhabe? Deine Freunde haben uns immer noch nicht gehenlassen.«
»Ich denke, das ließe sich einrichten. Wenn ja, wäre die Dame so freundlich, mir zu gestatten, sie heute abend zu einer kleinen Zusammenkunft zu begleiten?«
»Es wäre mir eine Ehre, wertester Herr.«
»Ich freue mich schon drauf.«
Ich unterbrach die Verbindung und rief nach meinen Leibwächtern, die mich nach Hause begleiten sollten, damit ich mich dem Anlaß entsprechend umziehen konnte. Es schickt sich einfach nicht, unpassend gekleidet im Schwarzen Schloß aufzutreten.
12
»SIE IST NETT, NICHT?«
Zwei Teleports nach meinem Aufbruch zu Hause war ich im Schwarzen Schloß mit Cawti und einem aufgewühlten Magen. Cawti sah umwerfend aus in einer langen, hellgrauen Hose, einer passenden Bluse und einem grauen Umhang mit schwarzen Nähten. Ich hatte meine gute Hose an, mein gutes Wams und meinen Umhang. Wir sahen wie füreinander gemacht aus.
Lady Teldra ließ uns ein, begrüßte Cawti mit Vornamen und führte uns in den Bankettsaal. Was für einen Anblick wir geboten haben müssen: ein ostländisches Paar, beide in den Farben der Jhereg, Loiosh auf meiner linken Schulter zwischen uns reitend.
Niemand nahm uns so recht zur Kenntnis.
Ich nahm Verbindung zu Fentor auf und teilte ihm mit, wo ich war. Er tauchte auf, entdeckte mich und übergab mir verstohlen einen Zettel. Als er wieder gegangen war, spazierten Cawti und ich eine Weile umher, trafen Leute und begutachteten Morrolans »Eßzimmer« und wurden beiläufig von anderen Gästen angepöbelt. Etwas später stellte ich sie der Totenbeschwörerin vor.
Cawti verneigte sich mit dem Hals, was sich um eine Winzigkeit von einer bloßen Verneigung mit dem Kopf unterscheidet. Die Totenbeschwörerin schien nicht sonderlich interessiert, aber sie erwiderte die Verbeugung. Für sie war es egal, ob man Dragaeraner oder Ostländer war, Jhereg oder Dragon. In ihren Augen war man entweder am Leben oder tot, und sie kam besser mit einem zurecht, wenn man tot war.
Ich fragte sie: »Kanntet Ihr Baritt?«
Sie nickte abwesend.
»Wißt Ihr, ob er kurz vor seinem Tod mit jemandem zusammengearbeitet hat?«
Sie schüttelte ebenso abwesend den Kopf.
»Tja, äh, danke«, stammelte ich und ging weiter.
»Vladimir«, sagte Cawti, »worum geht es bei dieser Sache mit Baritt?«
»Ich glaube, daß jemand Laris unterstützt - jemand Großes, wahrscheinlich aus dem Haus der Dragon. Ich glaube, wer es auch ist, er hat zu einer bestimmten Zeit mit Baritt zusammengearbeitet. Ich versuche herauszufinden, wer es ist.«
Ich führte sie in eine Ecke und zog den Zettel hervor, den Fentor mir zugesteckt hatte. Sieben Namen standen drauf. Keiner davon sagte mir etwas.
»Kennst du einen von den Namen?«
»Nein. Sollte ich?«
»Baritts Nachkommen. Ich werde sie wohl überprüfen müssen, denke ich.«
»Wieso?«
Ich faßte für sie die Ereignisse um den Aufstand zusammen. Ihr wunderschönes Gesicht verzog sich zu einer boshaften, verächtlichen Maske. Sie sagte: »Hätte ich gewußt, was er im Schilde geführt hat - «
»Laris?«
Sie antwortete nicht.
»Warum nimmst du es dir so zu Herzen?«
Sie starrte mich an. »Warum ich es mir so zu Herzen nehme? Er
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