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Yofi oder Die Kunst des Verzeihens – Ein Nashorn lernt meditieren

Yofi oder Die Kunst des Verzeihens – Ein Nashorn lernt meditieren

Titel: Yofi oder Die Kunst des Verzeihens – Ein Nashorn lernt meditieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bantle
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war nix zu sehen«, murrte er.
    »Die Bilder sind blitzschnell. Oft erkennt man sie nicht«, antwortete der Alte.
    Yofi schnaubte.
    »Sie sind also immer da, weil der allwissende Meru das behauptet.«
    Der Alte tat, als hätte er den pampigen Ton überhört.
    »Du kannst sie jederzeit in Ruhe anschauen. Willst du das?«
    Yofi knirschte mit den Zähnen.
    »Dauert das lange?«
    »Bis zum Abend.«
    Der Enkel bereute, gefragt zu haben.
    Den ganzen Tag? Das darf nicht wahr sein!
    »Für den Anfang«, ergänzte Meru. »Heute bewegen wir uns so bedächtig wie möglich. Es ist ein Wettkampf. Wer am langsamsten läuft, hat gewonnen.«
    Yofi traute seinen Ohren nicht.
    Das meint er nicht ernst.
    Er täuschte sich.
    »Dann kommen wir ja noch später an«, nörgelte er.
    »Wir werden rechtzeitig da sein«, sagte der Großvater und schob unendlich langsam einen Huf nach vorne.
    Wenn das bis zum Abend so geht, werde ich wahnsinnig , dachte Yofi. Wir haben ja nichts Besseres zu tun, als durch die Gegend zu schleichen.
    Widerwillig setzte er sich in Bewegung. Bald hatte er einen Vorsprung. Sosehr der junge Bulle sich anstrengte, das Tempo zu drosseln: Meru blieb immer weit hinter ihm.
    Die Riesenschildkröte kroch durchs Gras. Mühelos zog sie am Großvater vorbei. Um Yofi einzuholen, musste sie sich ins Zeug legen. Sie keuchte.
    »Endlich jemand, der versteht.«
    » Was versteht?«, muffelte er.
    »Je langsamer man lebt, desto intensiver.«
    »Ich hab die Nase voll von dem Gekrieche!«
    »Ganz der Herr Großpapa, ganz der Herr Großpapa.«
    »Hat er das etwa gesagt, als du ihn überholt hast?«
    Die Schildkröte lugte unter ihrem Panzer hervor und kicherte.
    »Ja, ja – als er das letzte Mal hier vorbeikam.«
    Yofis Ohren stellten sich deutlich schneller auf, als sich der Rest des Körpers bewegte.
    »Du kennst ihn von früher ?«
    »Ja, ja«, murmelte sie. »Ist das schon wieder so lange her? Wie doch die Zeit vergeht. Er und sein Herr Großpapa wollten damals ans Meer, wenn ich mich recht erinnere. Der junge Meru konnte es kaum erwarten.«
    »Bist du dir ganz sicher, dass er es war?«, fragte Yofi aufgeregt.
    »Freilich bin ich mir sicher. Normalerweise wandern auf dieser Route nur Elefanten. Da werde ich mich doch an die wenigen Rhinozerosse erinnern, die hier vorbeiziehen. Dem jungen Meru ging damals alles fürchterlich auf die Nerven.«
    Die Schildkröte zwinkerte. Dann bog sie ab.
    Er ging also auch diesen Weg.
    Der Tag kommt Yofi unendlich lang vor.
    Er hört seinen Atem, der ihm sonst nie auffällt.
    Er spürt das Pochen seines Herzens.
    Er bemerkt, wie der Wind seine Ohren streichelt.
    Er fühlt den Boden unter den Hufen.
    Er beobachtet, wie sich die Wolken verwandeln.
    Dann sieht er Antros und sich auf den Berg steigen.
    Sie prallen zusammen.
    Dich kriege ich!
    Die Köpfe drücken gegeneinander.
    Die Hörner verhaken sich.
    Aus dem Weg!
    Die Schulter blutet.
    Sie brüllen vor Wut.
    Sie sprühen vor Hass.
    Erschöpft brechen sie zusammen.
    Großkotz!
    Am Abend war der junge Bulle völlig erledigt. Nachdem er sich eine Weile ausgeruht hatte, zeigte ihm der Großvater, dass Futter am besten schmeckt, wenn man es gemächlich frisst. Yofi, der das Gras üblicherweise verschlang, tat es ihm gleich.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Meru.
    »Müde.«
    »Das ist oft so nach dem wichtigsten Tag im Leben.«
    Yofi seufzte.
    »Ich habe mich mit der Schildkröte unterhalten ...«
    »Aha.«
    »Von ihr weiß ich, dass du denselben Weg gegangen bist ...«
    Meru holte Luft.
    »Da irrst du dich. Ich bin zwar an vielen Orten vorbeigekommen, die du inzwischen auch kennst. Trotzdem war es ein anderer Weg, der mich dorthin geführt hat.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Großvater?«, sagte Yofi, kurz bevor ihm die Augen zufielen.
    »Ja?«
    »Heute habe ich viel mehr Bilder von Antros gesehen als sonst.«
    »Oder es öfter bemerkt.«
*
    Yofi träumte von Sara und wachte gut gelaunt auf.
    Immerhin sind wir flotter als gestern , dachte er, während sie durch die weite Savanne trabten.
    Meru machte ein nachdenkliches Gesicht.
    Er sagte:
    »Die Traumschlürfer kriechen oft in die Erinnerungsbilder und fälschen sie.«
    Yofi zuckte zusammen.
    Sie sind offenbar wirklich gefährlich.
    »Einfach so?«
    »Wie ich bereits sagte: Sie können jede Gestalt annehmen.«
    »Jede?«
    »Die Schlürfer, die mir das Leben schwer machten, haben sich oft in meine Mutter verwandelt – und ihren Gesichtsausdruck verändert. Immer, wenn ich an sie dachte, schaute

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