Yoga als Therapie
solchen Fällen auch an Übungen denken, die die Fähigkeit zum Aufstehen verbessern. Wenn jemand nicht flach auf dem Rücken liegen kann, was vor allem bei älteren Personen oder bei Kreislaufproblemen der Fall ist, können viele der Haltungen im Liegen modifiziert werden, indem der Kopf unterstützt oder der Oberkörper erhöht wird. VieleModifikationen für die Positionierung von Patienten auf der Behandlungsliege können auch auf die Übungshaltung angewandt werden. Außerdem finden sich im Übungsteil häufig Vorschläge für die Verwendung von Hilfsmitteln. Es gibt zahllose Varianten, um Übungen für die individuellen Bedürfnisse zu modifizieren und dadurch anzupassen. Da es grundsätzlich um eine achtsame Praxis geht, liefert das, was der Übende wahrnimmt und fühlt, wichtige Hinweise darauf, wie eine Übung aufgebaut und verändert werden kann. Angesichts solcher Modifikationsmöglichkeiten ist dieser Ansatz für Personen mit vielerlei Einschränkungen und für alle Altersgruppen geeignet.
Die von uns empfohleneÜbungsdauer und die Zahl derWiederholungen basieren auf langfristigen Beobachtungen dessen, was die meisten Übenden als machbar empfinden, aber auch auf Forschungsergebnissen ( Pullig Schatz 1994 , Tanzberger et al. 2004, Lederman 2008 ). Da diese Ergebnisse jedoch variieren, sollte man sich auch hier von sorgfältiger Beobachtung und einem achtsamen Übungsansatz leiten lassen. Als Dauer für das Halten von Dehnungen oder von Kräftigungsübungen sind häufig 3–5 Atemzüge angegeben; wiederholt werden sollten die Bausteinübungen im Allgemeinen 3- bis 5-mal. Falls nicht anders angegeben, sind mit einem Atemzug eine Einatmung und eine Ausatmung gemeint. Bei Anfängern wird eine Übung eventuell kürzer sein, was dann allmählich gesteigert werden kann. Das hängt auch von der erwünschten Wirkung ab, wobei man sich innerhalb eines sinnvollen Spektrums bewegen sollte. Je nach individuellen Voraussetzungen kann das Dehnen eines Muskels in einer entspannten Haltung wesentlich länger dauern. Um in die Tiefenentspannung zu kommen, braucht man normalerweise mehrere Minuten. Im therapeutischen Kontext ist es daher wichtig, dass Therapeut und Patient sich über die Ziele der Übungen im Klaren sind und die genannten Prinzipien gleichermaßen begreifen.
Eine Übung sollte nicht so lange gehalten oder so oft wiederholt werden, dass der Übende sich erschöpft oder unwohl fühlt. Erkundigen Sie sich also nach seinem Befinden und passen Sie Intensität, Dauer und Ausführung der Übung entsprechend an. Ist eine Dehnung schmerzhaft, dann sollte die Übung so modifiziert werden, dass sie erträglich wird. Auch nach der Praxis sollte der Übende sich wohl fühlen. Spürt er danach anhaltende Schmerzen, ist eine ärztliche Untersuchung angebracht ( Kap. 3 ). Falls deren Ergebnisse negativ sind, sollte man erneut überprüfen, ob die Übung tatsächlich korrekt ausgeführt wird und dann entweder deren Dauer oder deren Intensität reduzieren.
Die Bausteinübungen sind grundsätzlich für Anfänger geeignet. Für erfahrene Übende werden häufig verfeinerte oder intensivere Varianten angeboten. Allerdings brauchen Fortgeschrittene nicht unbedingt schwierigere Übungen als Anfänger, da jede Übung je nach individuellem Niveau ganz unterschiedlich ausgeführt und erfahren werden kann. Am Anfang ist die Herangehensweise des Übenden normalerweise weniger strukturiert. In dieser Phase geht es gewissermaßen darum, einen Rahmen aufzubauen. Mit zunehmender Praxis geht man zu einer inneren Arbeit über, bei der Bewegungen und Empfindungen verfeinert und mit immer mehr Schichten des Körpers verknüpft werden. Dies alles kann innerhalb ein und derselben Übung geschehen. Unterschiedliche Übende haben unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche. Manche können sich darauf beschränken, sich über einen langen Zeitraum hinweg nur mit den Bausteinübungen zu beschäftigen, und machen dabei gute Fortschritte. Andere brauchen neue, anders geartete Übungen, um weiter zu kommen. Selbst wenn keinerlei Varianten eingeführt werden, erleben fortgeschrittene Übende dieselbe Übung anders als Anfänger. Sie entwickeln ein tieferes Verständnis und können selbstständig Kombinationen erfinden, die zum Niveau ihrer Wahrnehmung passen. Mit längerer Praxis schärft sich die Achtsamkeit, sodass man weitere Varianten hinzufügen kann. Ökonomisches Üben lernt man auch bei den komplexeren Āsanas. Durch eine immer stärker
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