Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)
sie betrachtete die hell angestrahlten Palmen. Auch wenn sie Maureen zutiefst dankbar war, sie auf diese wunderschöne Insel gebracht zu haben, wollte sie ihr dieses heimliche Spielchen nicht durchgehen lassen. Mit Menschen sollte man nicht so umgehen. Ein lautes Motorenröhren durchbrach die Ruhe der Nacht. Es konnte sich nur wieder um eines der Luxusspielzeuge eines Reichen handeln, auch wenn die übliche Uhrzeit, diese Karossen am Hafen spazieren zu fahren, um sich von den Passanten bewundern zu lassen, längst schon vorüber war. Meist fuhren die Besitzer im Schritttempo in der Dämmerung an den Lokalen vorbei, eine dunkle Designersonnenbrille auf der Nase, um sich an den großen Augen des Fußvolkes unbemerkt zu ergötzen. Lena machte sich nach der ersten Woche schon einen Spaß daraus, genau diese Fahrzeuge samt der Insassen zu ignorieren, wenn es ihr auch schwerfiel. Aber diese Zurschaustellung, gepaart mit der überheblichen Arroganz der Besitzer, verdiente ihrer Meinung nach keine Aufmerksamkeit. Wie gewohnt streckte sie den Rücken durch, eilte die Straße entlang und blickte nur auf den Weg vor sich.
Das Fahrzeug verlangsamte das Tempo und fuhr direkt neben ihr her. Lena verdrehte die Augen und sah in die entgegengesetzte Richtung. Sie würde dem Fahrer nicht den Gefallen tun und sich den Wagen ansehen. Um ihre Absicht zu verdeutlichen, blieb sie stehen und begann in ihrer Handtasche zu kramen. Doch der Wagen hielt an.
»Lena?«, hörte sie ihren Namen. Lena presste die Lippen zusammen und grinste in sich hinein. Sie hätte sich denken können, dass Marcel genau auf solche Fahrzeuge abfuhr.
Sie drehte den Kopf zu ihm und zog ihre Augenbrauen nach oben.
»Kann ich dich mitnehmen? Eine Frau sollte nicht alleine durch die Nacht laufen. Es gibt auch hier viele Spinner.« Er ließ das Seitenfenster hinab, auch wenn das bei dem geöffneten Dach nicht notwendig gewesen wäre. Neben ihr stand ein zinnoberroter Ferrari.
Er hatte recht. Es gab hier viele Spinner, und einer saß direkt vor ihr in einem Sportwagen.
»Ich kann ganz gut auf mich alleine aufpassen«, erwiderte Lena. »Aber danke für das Angebot.«
»Ach komm schon. Der Wagen ist toll, die Luft ist herrlich und zu zweit durch die Nacht zu fahren, macht bedeutend mehr Spaß.« Er lächelte sie aufmunternd an und bedeutete ihr einzusteigen.
Selbst wenn das Fahrzeug keine Angeberschleuder gewesen wäre, wäre sie trotzdem niemals in ein rotes Auto gestiegen. »Ich gehe lieber zu Fuß.«
»Ich beiß auch nicht. Versprochen!«
Lena schnaubte auf und lächelte zurück. »Das würde dir auch nicht bekommen.« Mit einer raschen Handbewegung zog sie das Pfefferspray aus der Handtasche, wo es in einem leicht zugänglichen Seitenfach steckte, seit Anna es ihr besorgt hatte. »Wie schon gesagt, ich kann auf mich aufpassen.«
»Na dann kannst du ja einsteigen, oder etwa nicht?«
»Ich steige in keinen roten Wagen. Nie. Und wenn ich hundert Kilometer zu Fuß gehen muss. Und selbst wenn dein Auto nicht rot wäre, würde ich in einer solchen Prollschüssel niemals mitfahren. Du weißt doch, was man über Männer mit solchen Fahrzeugen sagt ...« Lena lächelte süffisant.
Marcel sah sie amüsiert an, spielte mit dem Gas und der Motor heulte auf. »Also gut«, meinte er und fuhr an. Sie sah, wie der Wagen rechts in die nächste Straße abbog und aus ihrem Sichtfeld verschwand.
Lena sah ihm verwundert nach. Na, so würde er seine Wette nie gewinnen, dachte sie, und ging die letzten Meter der Straße hoch, um selbst rechts abzubiegen. Das Pfefferspray hielt sie noch in der Hand, denn dieser Abschnitt bescherte ihr immer ein nervöses Kribbeln im Magen. Der angrenzende Parkplatz war schlecht beleuchtet, und zu Fuß kam ihr das kurze Stück noch länger vor, als mit dem Rad.
Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit und Lena hob reflexartig den Arm, bis sie Marcel erkannte. Im selben Moment nahm sie ihren Zeigefinger vom Auslöser.
»Wow, da habe ich wohl Glück gehabt«, sagte er und streckte abwehrend beide Hände in die Luft. »Steck das Ding bitte weg.«
Lena zögerte und legte den Kopf schief. »Warum sollte ich? Nur weil du zwei Mal im Restaurant warst, bedeutet das nicht, dass du nicht doch ein Sittenstrolch sein könntest, der versucht, mit seiner Nobelkarosse arglose Frauen in seine Fänge zu bekommen.«
Marcel lachte. »Das war deutlich. Dabei wollte ich dich nur begleiten, wenn du schon in kein rotes Auto einsteigst, damit dir auch wirklich
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