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Yolo

Yolo

Titel: Yolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Rudolf
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jeder seine eigene Wohnung, aber Chris ist schon mein Lebenspartner …«
    Allmählich wird mir Juttas Fragerei zu viel: »Du, ich habe einen Arzttermin. Wir sehen uns ja morgen beim Walken.«
    »Schön wär’s! Morgen früh muss ich mal wieder zur Rosskur antreten, danach liege ich eine Zeitlang flach.«
    »Das tönt schlimm.«
    »Ist es auch. Zwischendurch habe ich wirklich die Nase voll, umso mehr, als mir niemand Heilung garantieren kann.«
    »Weshalb bist du eigentlich hier?«
    Bevor sie antwortet, entschuldige ich mich für meine Neugier. Sie indes spricht locker weiter: »Ich habe einen bösartigen Tumor. Willst du mal meinen nackten Schädel sehen?«
    Jutta nimmt ihre Perücke vom Kopf, als nähme sie einen Hut ab. »Gewöhnungsbedürftig, nicht wahr?«
    Und ich stammle erneut: »Entschuldigung«.
    »Kein Problem.«
    Sie klemmt den Haarwuschel zwischen ihre Knie und umarmt mich: »Ein glückliches Leben zu leben, ist das Wichtigste, auf die Länge kommt es dann gar nicht mehr so an!«
    Und weg ist Jutta.
    Christian kennt keine Schwächen. Hie und da liegen ihm unangenehme Dinge
auf dem Magen
. Damit, habe ich immer gedacht, unterstreicht er bloß die Bedeutung seines Tuns. Aber jetzt sitze ich selbst beim Frühstück und bringe keinen Bissen herunter. Glücklicherweise ist nur DeLauro am Tisch. Wohlwollend ignoriert er mein Schweigen, drängt mich nicht zu essen, weicht nicht auf Floskeln aus.
    Vielleicht fühle ich mich deshalb fast verpflichtet, mich ihm zu erklären: »Wissen Sie, mir liegt der bevorstehende Termin beim Psychiater auf dem Magen, so etwas von eingebildet!«
    »Haben Sie ein bisschen Geduld …«
    »Ja, täglich fünfundvierzig Minuten. Wobei ich ehrlich nicht weiß, wer von uns beiden mehr das Ende der Sitzung ersehnt.«
    »Dieser Moeller soll eine Kapazität sein.«
    »Aber ein Fachmann, der seinen Ausweis bestimmt nur mittels angeeignetem Wissen und nicht durch Sensibilität und Empathie erworben hat. – Sie selbst, Signore DeLauro, gehen Sie eigentlich auch zum Psychiater?«
    »No, per dire la verità, non ci vado più.«
    Unwillkürlich ist er ins Italienische geraten. Die Frage war wohl zu intim.
    Natürlich geht er nicht. Ich hätte es fühlen müssen. Ein Mensch wie er hält auch im Tiefstand an seiner Würde fest, der vertraut sich selbst mehr als fremder Hilfe. Aber ich soll regelmäßig mein Innerstes nach außen kehren! Gestern um vier, heute von zehn nach acht bis fünf vor neun. Danach tritt nahtlos ein Nächster zum Canossagang an.
    Das Sprechzimmer von
Dr. H.C . Moeller
befindet sich in der dritten Etage. Wenn ich verfrüht erscheine, hat er meine Unterlagen noch nicht studiert. Ein unangenehmes Gefühl, dass dieser völlig fremde Mensch Dinge von mir und über mich gelesen hat, deren Inhalt ich nie gesichtet habe! Auf den Weg in den Olymp kreuze ich einen geistesabwesenden Patienten, der auf meiner Höhe zu einem steifen Lächeln ansetzt.
    Pünktlich betrete ich das Sprechzimmer des Psychiaters. Frag bloß nicht, wie’s
uns
geht! Tut Moeller nicht. Nach einer kühlen Begrüßung blättert er im Dossier, das vor ihm auf dem Pult liegt.
    »Müssen Sie nachschauen, wer ich bin?«
    »Heute schlecht gelaunt?«
    »Geziemen sich solche Fragen für einen Psychiater?«
    »Liebe Frau Dornbusch …«
    »Dornbach!«
    »Entschuldigen Sie …«
    »… Ihren Freudschen Versprecher?«
    »So kommen wir nicht weiter. Beginnen wir von vorne. Wie fühlen Sie sich?«
    »Mal so, mal anders. Wäre ich ich selbst, wäre ich nicht hier.«
    »Was beschäftigt Sie?«
    »Im Moment die Sinnfrage.«
    »Versuchen wir, konkret zu bleiben.«
    »Bleibe ich ja. Nun bin ich das dritte oder vierte Mal bei Ihnen, und ich soll nicht über den Sinn des Ganzen nachdenken?«
    »Zweifeln Sie am Nutzen der Therapie? Haben Sie von unseren Gesprächen mehr erwartet?«
    »Das sind ja keine Gespräche. Sie stellen nichts als Fragen, gehen dann aber nicht auf das Gesagte ein. Wissen Sie, ich brauche keinen zum Zuhören. Ich habe nicht das geringste Bedürfnis, mich Ihnen mitzuteilen, ich …«
    »Möchten Sie die Therapie abbrechen?«
    »Nein. Aber ich möchte diskutieren, nur einfach einen ganz normalen Gesprächspartner haben.«
    »Dafür ist ein Psychiater nicht da.«
    »Wofür denn? Sagen Sie mir, wofür!«
    »Frau Dornbach, wie ich Ihnen schon zu Beginn gesagt habe, eine Therapie soll verbliebene Kräfte …«
    »Ich weiß. Aber das kann nicht funktionieren: Sie hören ohne jede Anteilnahme zu, Sie beurteilen

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