You are Mine
einfach.«
Und jetzt fallen die Tränen, ziehen eine Spur über ihre Wangen, bevor sie die Zeit hat, sie wegzuwischen. Ja, okay, sagt sie, aber wenn ich verrückt bin, dann kann sie auch nicht mehr weit davon entfernt sein, und weiß ich zufällig, ob es Zwangsjacken im Partnerlook gibt? Ein kleines, sprödes Lächeln, kurz vor der Verzweiflung, und sie will mir trotzdem helfen, will sie wirklich, kann ich das nicht sehen?
Für mehrere Sekunden schweigen wir beide. Sie sitzt einfach nur da und spielt, während ich sie beobachte, an einer Ecke der Decke herum. Ich warte, versuche, den richtigen Weg zu finden.
»Wirst du mir diesen letzten Gefallen tun?«, frage ich schließlich. »Geh zu dem Lagerspind und schau dir an, was drin ist, schau, was so wichtig ist, dass wir – dass sie – es verstecken musste? Würdest du das für mich tun? Bitte?«
Sie seufzt resigniert. Schön, sagt sie, aber sobald sie zurück ist, fahren wir ins Krankenhaus. Zumindest für eine generelle Untersuchung, denn habe ich mich in letzter Zeit mal genauer angeschaut? Der Tod auf Latschen sehe attraktiver aus als ich im Moment.
»Können wir später darüber sprechen?«
»Sicher. Sicher, warum nicht?« Ihr Lachen klingt gebrochen und falsch. »Willst du hören, was ich noch einfach nicht glauben kann?«
»Was?«
»Ich kann nicht glauben, dass ich versuchen muss, dich noch mal vor diesem Miststück zu retten.«
Ich warte, bis ich höre, dass ihr Auto die Einfahrt verlässt, bis das Motorengeräusch verklungen ist, bevor ich aus dem Bett gleite und ins Wohnzimmer tappe, wobei ich eine Hand an der Wand lasse, um mich abzustützen. Ich ziehe meine Geldbörse aus einer Ecke, in die sie irgendwer getreten hat, und suche zwischen alten Rechnungen und verknickten Fastfood-Coupons nach der Karte, von der ich weiß, dass sie hier irgendwo versteckt ist. Hier, ja. Ich ziehe sie heraus und hebe den Hörer ab, drücke die Nummern mit einem alles andere als ruhigem Finger.
Er hebt nach dem ersten Klingeln ab.
»Serge?« Ich räuspere mich, überraschenderweise nervös. »Sag mir, wie ich sie loswerde. Sag mir, was ich tun muss, um sie zu töten.«
Es folgt eine Pause und für gute zwei Sekunden höre ich nur seinen keuchenden Atem.
»Der kleine Alex!«, sagt er schließlich. »Wie schön, von dir zu hören, von euch beiden zu hören.«
»Nur von mir, Serge. Und ich muss es wissen.«
Er lacht. »Du kannst sie nicht töten, nicht ohne dich selbst zu töten. Unmöglich, es geht einfach nicht.«
Ach, komm schon, blaffe ich, es muss einen Weg geben. Serge hat ihr dabei geholfen, das zu bewerkstelligen, er muss auch einen Weg kennen, es rückgängig zu machen. Aber nein, wiederholt er, keine Chance. Ich kann praktisch hören, wie er selbstgefällig die Lippen kräuselt, während er spricht. Ich bin kaum ein Novize, erinnert er mich, während Madigan sich mehr als versiert erwiesen hat. Ich war nur aus einem Grund fähig, mich überhaupt zusammenzuhalten, weil ich der ursprüngliche Bewohner in unserem umkämpften Körper bin. Aber ich sollte nicht erwarten, dass das lange anhält. Nicht, wenn Madigan immer mächtiger wird. Glaube ich denn ernsthaft, dass sie die komplette Kontrolle jemals wieder aufgeben wird, wenn sie sie errungen hat? Ab diesem Punkt wird es überhaupt keinen Grund mehr für sie geben, gastfreundlich zu sein, außer fehlgeleiteter Sentimentalität, oder …
Ein scharfes, schnelles Einatmen. »Oh, was für ein ehrgeiziges kleines Mädchen.«
»Ehrgeizig? In welcher Hinsicht?«
Sein einziger Kommentar ist ein leises, rasselndes Lachen, und ich balle meine freie Hand zur Faust.
»Komm schon«, sage ich. »Madigan hat dich betrogen, dich und deine kleine Gruppe oder wie auch immer ihr euch bezeichnet. Du musst dir fast genauso sehr wünschen, sie zu vernichten, wie ich, wenn wir also zusammenarbeiten …«
»Ich halte Rache für überbewertet«, erklärt Serge trocken.
»Komm schon, du musst sie doch für das hassen, was sie getan hat.«
O nein, lacht er, er hasst Madigan nicht, alles andere als das. Er bewundert sie, respektiert ihren Mut und ihre Beharrlichkeit. Natürlich ist er wütend auf sie – sie alle sind es –, aber sie hat bewiesen, dass man es schaffen kann, dass all ihre Recherchen und ihre Hingabe nicht umsonst waren. Allein schon dafür, na ja, Vergebung mag ein zu starkes Wort sein. Aber das geht mich eigentlich alles nichts an und wir werden nicht weiter darüber reden. Sollte Madigan Kontakt aufnehmen
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