You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
wirft, aber zu Jungtieren ist er extrem sanft und gutmütig.“
Nach Michaels Tod ging La Toya Bubbles besuchen und sagte, bei ihrer Ankunft habe er in einer Ecke gesessen und sehr traurig ausgesehen. Aber als sie dann hereinkam, erkannte er sie sofort, sprang auf und kam zu ihr gelaufen. Dieser verdammte Affe ist schon großartig.
In jeder großen Familie gibt es ein stilles Wasser, das niemand so recht auf der Rechnung hat und das plötzlich alle überrascht und über sich hinauswächst. Nein, das war bei uns nicht Michael, sondern Janet.
Wir Brüder hatten schon sehr früh begonnen, unsere Träume umzusetzen. Wir wussten um unser Talent. Aber niemand hatte erkannt, welche Fähigkeiten in Janet schlummerten, wenn es ums Singen und Songschreiben ging. Wenn überhaupt, dann hatten wir unsere Schwester als Schauspielerin wahrgenommen. Und das hatte sie vermutlich ähnlich gesehen. Nach der Serie Good Times auf CBS übernahm sie weitere Fernsehrollen in Fame (Cleo Hewitt) und in der ABC-Serie Diff’rent Strokes (Charlene Duprey). Schon damals war ihr schauspielerisches Talent nicht zu bestreiten, aber das war bei weitem nicht alles. Sie selbst schildert in ihrer 2011 erschienen Autobiografie True You , wie sie eines Tages in das Studio in Hayvenhurst spazierte, bewaffnet mit einem Text „über Einsamkeit und Liebe aus der Sicht eines Teenagers“. Flugs schrieb sie eine Melodie dazu, machte sich mit dem Mischpult vertraut und spielte dann im Alleingang den Titel „Fantasy“ ein. Sie war neun Jahre alt. Genau so, wie Michael damals mit seinen Frühstücksflocken-Dosen bei unseren Proben saß, hatte Janet uns anderen immer genau zugesehen und sich alles eingeprägt, vor allem, als Michael und Randy sie zu den Proben der Jacksons mitnahmen. In unseren Anfangstagen in Gary hatten wir unsere Idole noch aus der Distanz betrachtet, aber Janet hatte mit uns Musik geatmet und gelebt, und je öfter Joseph sie singen hörte, desto mehr war er davon überzeugt, dass es hier ein neues Talent gab, das er formen konnte.
Um es kurz zu machen – meine Schwester war 16, als sie ihren ersten Plattenvertrag bei A&M Records unterschrieb. Dort bekleidete unser alter Schulfreund John McClain inzwischen einen einflussreichen Posten in der A&R-Abteilung, und da er beinahe in unserem Haus aufgewachsen war, sah er sich ohnehin schon fast als Janets großer Bruder. Er gab seiner Schwester Schützenhilfe, sorgte dafür, dass Janets Karriere beim Label mit oberster Priorität behandelt wurde, und Janet dankte es ihm, indem sie alle Erwartungen, die in sie gesetzt worden waren, erfüllte.
Im Gegensatz zu uns hatte Janet jedoch das Gefühl, zu einer Karriere als Sängerin gedrängt worden zu sein. Sie machte mit, weil Joseph darauf beharrte und sie sich ihm nicht widersetzen wollte. Aber wenn man ihren kontinuierlichen Erfolg betrachtet und bedenkt, wie viele Nummer-1-Hits sie über die Jahre verbuchen konnte, dann hatte mein Vater den richtigen Riecher. Wieder einmal.
Meine Erinnerung an Janet als Kind ist die einer makellosen kleinen Blume, die in unseren Augen nichts falsch machen konnte. Sie schien wie festgewachsen in Mutters Schoß, und sie konnte es nie erwarten, dass Joseph einschlief, damit sie auf Mutters Seite unter die Decke krabbeln konnte. Bevor Joseph aufwachte, kroch sie wieder in ihr eigenes Bett. Die erste unserer Schwestern, die ins Musikgeschäft einstieg, war allerdings La Toya, die 1980 das Album La Toya Jackson veröffentlichte, wobei sie ebenfalls mein Vater maßgeblich unterstützte. Michael beteiligte sich an einem ihrer Songs, „Night Time Lover“.
Wenn ich an meine mittlere Schwester denke, dann vor allem daran, wie wir zusammen zur Schule gingen und dass sie uns später, in der Zeit der Jackson 5, absichtlich ignorierte. Sie wollte unbedingt Freunde finden, die sie um ihrer selbst willen mochten und sie nicht deswegen umgarnten, um mit uns in Kontakt zu kommen. Deswegen tat sie jahrelang so, als kennte sie uns überhaupt nicht. Das merkte ich zum ersten Mal so richtig, als wir uns eines Tages auf dem Schulflur begegneten und sie in die andere Richtung guckte. „Hi, La Toya!“, rief ich, aber sie reckte lediglich die Nase in die Luft. Wir wurden erst wieder ihre Brüder, als wir die Schwelle von Hayvenhurst übertraten – dem einzigen Ort der Welt, wo alle Jacksons, Brüder wie Schwestern, sie selbst sein konnten.
Wenn man an Songs wie „Beat It“, „Billie Jean“ oder „Thriller“ denkt, dann
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