You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Chef der Promotion-Abteilung bei Epic, das Rennen. Mit seiner enorm großen Erfahrung und seiner jovialen Art war der Mann aus Philadelphia, der scherzhaft Tookie genannt wurde, für lange Zeit ein unentbehrlicher Stratege im Team. Er und Michael waren vom ersten Tag an ein hervorragendes Duo. Mich erinnerten sie immer an die Komiker Abbott und Costello – Frank war ein untersetzter Typ, der stets eine dicke Zigarre im Mund hatte, und Michael war der Verrückte mit den irren Späßen. Mit Blick auf das Tagesgeschäft fungierte Frank als eine Art Schutzschild, an dem alles abprallte; gleichzeitig war er Michaels Sprachrohr – jemand, der stets an vorderster Front in Aktion trat. Vor allem trug er mit seinem Know-how dazu bei, dass Michaels Pläne ab sofort umsichtiger und geschickter umgesetzt wurden als je zuvor.
John Branca, ein blonder New Yorker, vertrat inzwischen als Anwalt die Interessen meines Bruders, und auch er war ihm in den folgenden Jahren ein wertvoller Ratgeber. Das Team Branca und Dileo bot Michael einen professionellen Rückhalt, über den er sehr glücklich war. Währenddessen managten Weisner und Mann weiterhin The Jacksons.
Inzwischen hatte die ganze Familie begriffen, dass Michaels Berühmtheit eine bisher ungekannte Dimension erreicht hatte, aber abgesehen von den Verkaufszahlen, der unaufhörlichen Berichterstattung in der Presse und den Fans, die vor dem Tor lagerten, war dieses Phänomen für uns kaum greifbar. Eines Tages war La Toya in Beverly Hills unterwegs und geriet in einen Stau; jede Straße in der Umgegend schien abgeriegelt worden zu sein. Sie winkte einen Polizisten heran und fragte, ob es einen Unfall gegeben habe.
„Nein, das ist nicht der Grund“, sagte ihr der Mann. „Aber dieser Michael Jackson ist da hinten in einen Laden gegangen.“
„Oh“, sagte La Toya. „Ach so.“
Als sie uns davon berichtete, begannen wir allmählich zu verstehen, auf welche Realität wir uns nun würden einstellen müssen.
In meiner Karriere hatte es auch eine Menge Veränderungen gegeben. Tatsächlich war es ausgerechnet Joseph gewesen, der mich irgendwann ermunterte, neue Wege zu beschreiten. „Du hast bei Motown alles erreicht, was möglich ist – du brauchst einen Wechsel. Du solltest dich mal mit Clive Davis unterhalten.“
Joseph kannte Clive noch aus der Zeit, als dieser Präsident von Columbia Records gewesen war, bevor er mit Arista sein erfolgreiches eigenes Imperium gegründet hatte. Im Musikgeschäft kannte jeder Clive als einen cleveren Pionier mit einem Gespür für Hits, der Künstler wie Janis Joplin, Earth Wind & Fire, Bruce Springsteen und Aretha Franklin groß herausgebracht hatte. Mit Arista fing er noch einmal ganz von vorn an, führte das Label innerhalb von nur vier Jahren von einer großen schwarzen Null bis auf einen Firmenwert von 70 Millionen Dollar und sorgte dafür, dass sein beeindruckender Katalog von Künstlern immer weiter wuchs. Joseph sagte mir: „Das ist ein Mann, der weiß, was er tut und wo er hin will.“
Aber bevor Joseph mir ein Treffen mit Clive arrangierte, musste ich mit Mr. Gordy sprechen. Es war unmöglich, dass ich erst irgendwelche Dinge einfädelte und dann unvermittelt bei ihm von Bord ging, ohne ihn darauf vorzubereiten. Als wir uns zu dem Entscheidungsgespräch zusammensetzten, wussten wir beide, dass ich meine Solokarriere und meine Arbeit als Produzent so weit vorangetrieben hatte, wie es bei Motown möglich war, und dass unsere professionelle Beziehung zu Ende ging. Trotzdem war mir das Herz sehr schwer. Doch Mr. Gordy baute mir goldene Brücken. „Du und Hazel, ihr müsst einmal die Erfahrung machen, wie es ist, mit anderen Leuten zu arbeiten“, sagte er, „ihr müsst nicht auf ewig unter meinen Fittichen bleiben. Als dein Schwiegervater möchte ich auch, dass du dich weiterentwickelst.“
Zwar lief mein Vertrag eigentlich noch einige Jahre, aber er entband mich vorzeitig von meinen Verpflichtungen. Nach 14 Jahren nahm ich meinen Abschied von Motown. Ich ging voller Dankbarkeit, mit vielen Songs im Kopf und als ausgebildeter und erfahrener Produzent. Dieses Mal wusste ich, dass es der richtige Moment zum Gehen war, und die Umstände wurden auch nie diskutiert. Der größte Unterschied zu der üblen Geschichte von damals war, dass niemand mir im Nacken saß, der mir sagte, was zu tun war.
Clive Davis lud mich schließlich zu einem Gespräch in seinen Bungalow im Beverly Hills Hotel ein. Hier stieg er immer ab, wenn er von
Weitere Kostenlose Bücher