You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
New York an die Westküste kam: Bungalow 1B, mit Poolhaus Nummer 10. Immer. Clive hatte seine festen Gewohnheiten.
Als ich beim Hotel parkte, überkam mich plötzlich ein Gefühl von Unsicherheit, beinahe wurde mir übel. Vielleicht, weil ich immer gedacht hatte, dass ich Motown nur verlassen würde, um mich wieder mit meinen Brüdern zusammenzutun, und dieser Schritt ging nun gar nicht in diese Richtung. Und wie ich dann den Gartenweg zu den Bungalows hinaufging, begann ich mich zu fragen, ob meine Idee wirklich gut und richtig war.
Ich stand schon fast vor Clives Bungalowtür, als eine echte Monsterbiene auf mich zugeflogen kam und mich umschwirrte wie ein Apache-Kampfhubschrauber. Ich habe fürchterliche Angst vor Bienen, und daher nahm ich das als eine Warnung, die mir verdeutlichte: „Geh nicht hin“ oder „Achtung, Gefahr“. Entschlossen drehte ich mich auf dem Absatz um und machte mich auf den Rückweg.
„Jermaine! Wo willst du denn hin?“
Clive stand – elegant angezogen und mit Sonnenbrille – in seiner Tür und verabschiedete gerade jemanden, winkte mich aber schon mit der anderen Hand hinein. „Hi“, sagte Ozzy Osbourne im Vorbeigehen.
„Perfektes Timing, komm rein“, begrüßte mich Clive.
Während der nächsten Stunde hatten wir eine sehr fruchtbare Unterhaltung, und er war mir sehr sympathisch. Was auch immer ihm gerade durch den Kopf schwirrt, man hat stets das Gefühl, dass man seine volle Aufmerksamkeit besitzt. Ich sagte ihm, dass ich immer noch daran interessiert sei, großartige Musik zu machen, und er vermittelte mir seine Sicht der Dinge. Schließlich gaben wir uns die Hand, und ich unterschrieb bei Arista.
„Aber bevor du jetzt gehst, kannst du mir noch mal schnell dein Produzentenohr leihen?“, fragte er. „Ich habe da eine neue Künstlerin …“ Damit schob er eine Kassette in seinen Videorecorder, und auf dem Fernsehschirm erschien eine hochgewachsene junge Frau, schön wie ein Fotomodell, die mit einer unglaublichen Stimme irgendwo in einem Club in New Jersey sang. Sie war vielleicht 18 Jahre alt. Es war das erste Mal, dass ich Whitney Houston sah und hörte. „Sie braucht Songs“, sagte er. „Sie wird ein Riesenstar. Ich arbeite noch mit anderen Produzenten, und wir haben es mit ihr nicht eilig. Was meinst du?“
Ich platzte mit dem heraus, was mir in dem Moment in den Sinn gekommen war, als ich sie zum ersten Mal hörte: Marvin Gaye und Tammi Terrell – ein enorm gewagter Vergleich, aber trotzdem. Ein Duett. Sie und ich. „Ich fände es aufregend, mit ihr zu arbeiten“, sagte ich. „Wir würden perfekt zusammenpassen.“
Das erste richtige Treffen mit Whitney fand dann in einem Studio in Hollywood statt. Sie kam auf mich zu, wir gaben uns die Hand, und es war einer dieser seltenen magischen Momente – es funkte mächtig zwischen uns, und wir hatten sofort einen Draht zueinander. Während einer Aufnahmepause erwischte ich sie dabei, dass sie rauchte. „Du solltest besser die Finger von den Zigaretten lassen“, sagte ich, „die machen dir die Stimme kaputt.“
Sie lächelte. „Vielleicht solltest du einmal versuchen, ein wenig gefährlicher zu leben“, gab sie zurück. Touché . Whitney war richtig schlagfertig und besaß noch dazu genug Selbstbewusstsein, um keine Angst davor zu haben, anderen auf die Zehen zu treten. Sie wirkte einerseits wie eine durchtriebene, mit allen Wassern gewaschene Ostküstengöre, hatte aber auch etwas Unschuldiges an sich, und vor allem verfügte sie über ein enormes Talent. Es war eine Kombination, die mich faszinierte.
Ihre Stimme verband Stärke, Leidenschaft und Sanftmut, sie konnte alle Bereiche ihres Stimmumfangs einsetzen, um die Geschichte des Songs zu erzählen. Sie konnte alles singen. Wir verbrachten viel Zeit im Studio und nahmen einige Duette auf. Es dauerte nicht lange, da nannte sie mich während der Produktion Jackson, nicht Jermaine, und sorgte damit für eine wunderbar lockere Arbeitsatmosphäre. Wir respektierten uns gegenseitig sehr, und darüber hinaus entwickelte sich eine starke Anziehungskraft zwischen uns. Schließlich verbrachten wir immer mehr Zeit miteinander, und es war vor allem das, was wir uns nie sagten, was mich völlig durcheinanderbrachte. Immer wieder rief ich mir Hazel und die Familie in Erinnerung, alles, was ich aufgebaut hatte, und die Menschen, die ich liebte. Diese Augenblicke im Leben sind es, vor denen dich niemand warnt, wenn du mit 19 Jahren heiratest. Niemand sagt dir, dass
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