You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

der Hungersnot in Äthiopien berichtet wurde. Mein Bruder sah die Bilder der ausgemergelten und verhungernden Kinder, geplagt von Fliegen, die sich auf deren Lippen setzten, und musste einfach nur noch weinen. Das Erlebnis war für ihn die Initialzündung, die zu der Zusammenarbeit mit Lionel Richie bei „We Are The World“ führte und seine lebenslange Hingabe an sein wohltätiges Engagement begründete.
    Das beste Beispiel, das die ausgeprägte humanitäre Ader meines Bruders verdeutlicht, ist sein Verhalten, als er von einem Amokläufer erfuhr, der auf einem Schulspielplatz in Stockton, Kalifornien, fünf Kinder tötete und 39 verletzte. Es geschah im Februar 1989, zu einer Zeit, als solche Taten noch nicht auf der Tagesordnung standen. Die Verzweiflung schien Michael zu übermannen. Instinktiv wollte er zur Cleveland Elementary School eilen, doch er stellte sich in letzte Sekunde die Frage, ob seine Anwesenheit eher eine Hilfe oder eine Behinderung darstellen würde. „Ich kann hier nicht untätig herumsitzen, möchte aber nicht noch weitere Probleme verursachen.“ Er war innerlich zerrissen zwischen dem aufrichtigen Verlangen zu helfen und der Furcht vor dem Chaos, das vermutlich durch seine Anwesenheit entstehen würde.
    Letztendlich ließ er drei Wochen verstreichen, folgte dann seinem Instinkt und besuchte die Schule. Wie der Fotograf Harrison Funk erzählte, wollte Michael im Rahmen seines Aufenthalts so wenig Aufsehen wie möglich erregen. Er wurde in einem zivilen Polizeifahrzeug hingebracht. Nach der Ankunft hielt er in einem großen Klassenraum, in dem sich viele Kinder versammelt hatten, eine leidenschaftliche Rede über Hoffnung, Trost und Gott. Danach verteilte er Spielzeug und CDs seines Songs „Man In The Mirror“, dessen Text davon handelt, mit allen Kräften die Welt zu verbessern. Anschließend besuchte er eine örtliche Kirche, um Zeit mit den Eltern der Opfer zu verbringen. Man muss sich an dieser Stelle daran erinnern, dass Michael damals im Zenit seiner Karriere angelangt war, aber sich dennoch – ohne zu zögern und ohne gedrängt zu werden – Zeit nahm, um einer Gemeinde beizustehen, die sich gerade erst langsam von einer unvorstellbaren Tragödie erholte. Die größte Belohnung für diese Anteilnahme erhielt Michael von dem achtjährigen Thahn Tran, der seinen jüngeren Bruder bei dem Attentat verloren hatte. Er sprach mit einem Reporter über die Kraft, die ihm die Begegnung mit Michael gegeben habe. „Ich wollte nie wieder zurück in die Schule, doch Michael machte alles wieder gut. Wenn er da hingeht, muss es ja sicher sein.“ Michael empfand diese Reaktion als „die größere Befriedigung verglichen mit dem Gefühl, vor einem ausverkauften Stadion zu spielen oder einen Nummer-1-Hit zu haben“. Überall auf der Welt können Menschen ähnliche Geschichten über ihn berichten.
    Und das sollte der Mann sein, der von den Vollstreckern des Gesetzes als jemand dargestellt wurde, der perverse Gedanken hegte und in der Lage war, Kindern ein Leid zuzufügen?

    Prinzessin Diana war eine seelenverwandte, von Michael hoch geschätzte Wohltäterin. 1988 kam endlich der Tag, an dem die beiden sich begegneten – und zwar im Backstage-Bereich von Londons Wembley-Stadion während seines Konzerts auf der Bad -Tournee. Ich habe die zwei immer auf einer Stufe gesehen – beide wurden missverstanden, für ihre Hilfsaktionen belächelt, von den Paparazzi verfolgt; sie mussten sich verkleiden, um wenigstens ein klein wenig Privatsphäre zu genießen.
    Soweit ich weiß, führten Michael und Diana zwischen 1991 und 1994 regelmäßig Telefonate, wobei mehr Anrufe vom Kensington Palace ausgingen als von Neverland. Auch teilten sie eine weitere Gemeinsamkeit – die Fähigkeit, sprichwörtlich stundenlang zu telefonieren. Offensichtlich störte Prinzessin Diana der Zeitunterschied nicht, denn wenn sie das Verlangen nach einem Gespräch verspürte, rief sie einfach an, was Michael zupasskam, da er schon immer unter Schlafstörungen litt und oft noch wach war. Begannen die beiden sich zu unterhalten, führten sie beinahe endlose Gespräche. Als ich mich nach ihr erkundigte, meinte Michael, sie sei eine „weise, sehr, sehr süße Frau“. Sie hatte ihm erzählt, dass Prince William und Prince Harry seine Musik liebend gerne bei voller Lautstärke in ihrem Apartment hörten. Bedenkt man Michaels Hang zum Adel, muss ihm das ziemlich geschmeichelt haben!
    1995 gab Diana Martin Bashir ein BBC-TV-Interview,