You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
das als Promotion-Coup interpretiert wurde, aber dazu dienen sollte, dass die Welt sie besser verstand. Michael merkte sich das. Wenn Diana Bashir vertraute, war er auch für ihn gut geeignet.
Fast drei Jahre vor Dianas Fernsehbeichte gab Michael sein eigenes Fernsehinterview, um einige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Die aufwärtsstrebende Gastgeberin war damals noch unbekannt und musste sich dem Publikum vorstellen: „Hallo, ich bin Oprah Winfrey.“
Michael, der sich von seinem Manager Frank Dileo auf Grund von Meinungsverschiedenheiten getrennt hatte, wollte zum ersten Mal seit 14 Jahren Stellung beziehen, da die Schlagzeilen der Zeitungen zunehmend aggressiver und giftiger wurden. Die sogenannten „Wacko Jacko“-Journalisten saugten sich irgendwelche Überschriften aus den Fingern, und Oprah konnte schon mal eine Lüge entlarven, da sie Neverland von oben bis unten durchsucht hatte, aber kein Schlafzimmer mit einem Sauerstoffzelt fand: „Ich konnte nirgendwo eins finden …“
Die brutale Mentalität der britischen Regenbogenpresse – die sein Erscheinungsbild angriff, und sich darüber lustig machte – war besonders ärgerlich, denn dadurch wurde Michaels Menschlichkeit und Persönlichkeit in den Hintergrund gedrängt und er zu einer Karikatur degradiert, über die sich dann jeder lustig machte. Er entschied sich deshalb zu einem Live-Interview mit Oprah zu Hause in Neverland, um damit der Möglichkeit vorzubeugen, dass das Filmmaterial geschnitten wurde. Die Bereitschaft, sich vor einem weltweiten Publikum zu öffnen, ja sogar sich eine Blöße zu geben, ist ein klarer Beweis seiner Aufrichtigkeit. Er stellte keine Bedingungen, wie man es von einer Primadonna erwartete hätte, suchte sich keine ihm genehmen Themen aus und stellte sich ohne Vorbehalt den Fragen. Es war eine Live-Übertragung, die ihrem Namen gerecht und von zig-Millionen Zuschauern gesehen wurde.
Ich empfand das „weltweite Exklusivinterview mit dem zurückgezogensten Superstar der Musikgeschichte“ mehr als einen karrierefördernden Triumph für Oprah denn für meinen Bruder. Anscheinend wurde dadurch weniger Klarheit geschaffen, sondern vielmehr noch mehr Staub aufgewirbelt. Obwohl Michael nicht das Wort „Missbrauch“ benutzte, stellte das Interview Joseph als einen brutalen Vater dar, der seine Kinder misshandelte. Während des Gesprächs enthüllte Michael der Öffentlichkeit, dass er an Vitiligo, einem auch Weißfleckenkrankheit genannten Leiden, erkrankt war, das die Pigmente der Haut zerstörte. Damit beugte er Gerüchten vor, er lasse sich die Haut bleichen, um nicht wie ein Schwarzer auszusehen. Die Reaktion auf die ehrliche Antwort fiel aber eher zynisch aus, denn sie führte zu weiteren Spekulationen. Michael hatte 1982 einen kleinen weißen Fleck auf seinem Bauch gefunden, ungefähr zur selben Zeit, als ich eine Aufhellung an einem Schenkel bemerkte. Während mein Hautproblem sich nicht veränderte, begann der Fleck sich bei Michael auszubreiten. Ungefähr 1984, also zurzeit der Victory -Tour, vermutete ich eine ernsthafte Krankheit bei ihm, denn er bedeckte sich ständig.
Die Vitiligo war allerdings nicht der Grund dafür, dass er seinen mit Pailletten besetzten Handschuh trug, Jackie hatte ihn auf diese Idee gebracht. Michael trug den Handschuh oder kleidete seinen Unterarm in Weiß, weil er die Aufmerksamkeit des Publikums auf seine Handbewegungen ziehen wollte. Darum zog er sich auch die Hosen mit den gekürzten Beinen an, denn dadurch kamen die weißen Socken und somit die Beinbewegungen besser zur Geltung. Manchmal umwickelte er sich die Finger mit weißem Klebeband, damit sie das Licht besser reflektierten. Diese winzigen Details ergaben sich aus künstlerischen Entscheidungen, und genau darin zeigte sich sein Genie.
Doch die Alltagskleidung und die Garderobe während der Victory -Tour enthüllten so wenig Haut wie möglich – er achtete auf Westen, die man bis zum Hals zuknöpfen konnte, Hemden mit einem ausladenden Kragen und Ärmel, die nur einen Teil des Handgelenks erahnen ließen. Ich vermutete zwar eine Verschlimmerung seines Leidens, hätte aber niemals ahnen können, wie sehr die Krankheit zwischenzeitlich fortgeschritten war.
1990 bemerkte die ganze Familie seinen Gesundheitszustand und auch die psychischen Auswirkungen. Man muss sich in Michaels Lage versetzen: Tag für Tag wachte er auf und entdeckte sich vergrößernde blasse Flecken auf der Haut. Für jeden wäre das ein
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