You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
traumatisches Erlebnis gewesen, doch bei einem Menschen, der ständig auf sein Image achten musste, wirkte sich das noch extremer aus. Zu dieser Zeit verließ er sich auf die immer anwesende Visagistin Karen Faye, die die weißen Flecken, die sich mittlerweile auf Hals und Nacken gezeigt hatten, mit Make-up bedeckte. Karen lässt sich als eine spirituell angehauchte Frau mit einer übersprudelnden Energie beschreiben, die ungefähr zur Zeit von Thriller zu seinem Team gestoßen war. Sie entwickelte sich in kürzester Zeit von einer vertrauenswürdigen Angestellten zu einer wahren Freundin und wurde von Michael liebevoll Turkle genannt. Schon bald erwiesen sich Karens weise und tröstende Wort als so unentbehrlich wie ihre Make-up-Künste.
Karen verriet mir, dass sie während des Videodrehs von „Say, Say, Say“ zum ersten Mal bleiche Hautstellen bei Michael festgestellt habe. Damals konnte sie das mit ein wenig Schminke beheben und die Hautveränderungen seinem natürlichen Teint anpassen. Doch schon bald veränderte sich die Hautpigmentierung mit einer so rasanten Geschwindigkeit, dass seine natürliche Hautfarbe nur noch fleckenweise erkennbar war. Dadurch dominierten die weißen Stellen das optische Erscheinungsbild, woraufhin Karen die schwarzen mit Make-up verdecken musste. Der Versuch, die Haut dunkler zu tönen, war zum Scheitern verurteilt, besonders wenn Michael zu schwitzen begann.
Diese durch die Krankheit bedingten kosmetischen Veränderungen ließen den Teint eindeutig heller wirken. Je mehr Kosmetika er benutzen musste, desto offensichtlicher wurde das Problem, was zu den gemeinen Seitenhieben führte, Michael sei eine Drag-Queen. Mich bedrückte das, denn für ihn stellte das Make-up eine notwendige Camouflage seiner Krankheit dar. Versteht man, wie sehr ihn sein gesundheitlicher Zustand beeinträchtigte, kann das intensive Vertrauensverhältnis zu Karen in seiner ganzen Dimension erahnt werden. Durch ihre Arbeit und jede Entscheidung, die sie fällte, gab sie Michael Freiheit und Selbstvertrauen und ließ ihn wie den Star erscheinen, der er auch war. Er konnte sich glücklicherweise auf ihre Verschwiegenheit verlassen. Einige Mitglieder seiner Entourage, wie zum Beispiel Video-Regisseure und Fotografen, verstanden die Herausforderung nicht, der sich Karen täglich stellte, um Michael immer perfekt erscheinen zu lassen. Da sie zum Stillschweigen verpflichtet worden war, durfte Karen keine näheren Erklärungen abgeben. Außenstehende Beobachter sahen eine übermäßig mütterlich agierende Make-Up-Künstlerin, die manchmal – ohne offensichtlichen Grund – mit ihrem Kunden verschwand. Das wurde natürlich falsch aufgefasst: Die Leute dachten, sie gehöre zu den Frauen, die sich einen Wettstreit um Michaels Aufmerksamkeit lieferten. Doch in Wahrheit arbeitete sie Tag und Nacht dafür, ihm ein sicheres und gutes Gefühl zu geben. Niemand sah die Auswirkungen der Vitiligo, auch nicht die, die ihm am nächsten standen.
Doch Michael musste sich noch weiteren Gesundheitsproblemen stellen, denn bei ihm wurde eine leichte Ausprägung der Autoimmunerkrankung Lupus diagnostiziert. Wenn sie auftrat, zeigten sich gerötete Stellen an seiner Nase und auf den Wangen. Wegen der Gleichzeitigkeit von Vitiligo und Lupus rieten ihm die Ärzte, das Sonnenlicht zu meiden. Darum ging er sogar an milden kalifornischen Tagen mit einem Sonnenschirm spazieren. Besonders traurig stimmte mich der Umstand, dass die Autopsie-Berichte und die am Prozedere beteiligten Ärzte nachträglich das Hautleiden bestätigten. Michael hatte das alles schon im Jahr 1993 offenbart, doch die Menschen glaubten es erst 2009.
In dem Interview mit Oprah wurden aber noch andere Tatsachen ans Tageslicht gebracht – die sie selbst ansprach. Für mich waren ihre Beobachtungen damals in Neverland wichtig, also noch bevor der ganze Unsinn dann die Wirklichkeit verzerrt darstellte. Kurz vor Ende des Interviews sprach sie über die beiden Krankenzimmer im Kino, die eigens für Kinder hergerichtet worden waren. „Als ich das sah, wurde mir klar, dass du ein Mensch bist, der sich mit Hingabe um Kinder kümmert. Du hast eigens für sie Zimmer einrichten lassen.“
Und ihr Gesamteindruck von Neverland: „Ich liebte diesen Ort, denn dort konnte ich mich wieder wie ein Kind fühlen.“
Die meisten Fans wissen, dass mein Bruder ebenso viel Wert auf seine Privatsphäre legte wie auf seine Erinnerungen. Es wird häufig angenommen, dass er sich
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