Young Sherlock Holmes 3
Königin, hatte etwas gegen die blauen Lampen, die an diesem Gebäude angebracht waren. Der Prinzregent, Gott segne ihn, ist nämlich, so sagt man, in einem blauen Raum gestorben, und seitdem kann Ihre Majestät den Anblick dieser Farbe nicht mehr ertragen. Auf ihrem Weg zur Oper ist sie ziemlich oft diese Straße entlanggekommen, und an den blauen Lampen vorbeizufahren gab ihr jedes Mal ein komisches Gefühl. Also hat sie darum gebeten, dass sie ausgetauscht werden. Na ja, ich sage ›gebeten‹. Aber ich glaube, sie hat dem Commissioner mehr oder weniger befohlen, das zu tun, wenn er nicht selber ausgetauscht werden will.«
»Schon interessant«, murmelte Crowe, »dass eine Frau so viel Macht in einem Land hat, in dem Frauen nicht wählen und kein Eigentum besitzen dürfen.«
Sie folgten dem Constable ins Revier, wo sie erst an einem riesigen Tresen in der Eingangshalle vorbeikamen, bevor es in die Tiefen des Gebäudes weiterging. Männer in Uniformen und normalen Straßenanzügen hasteten an ihnen vorbei, alle anscheinend angetrieben von überaus wichtigen Aufgaben. Nachdem ihr Begleiter sie auf einem Korridor entlang und um eine Ecke geleitet hatte, führte er sie auf einer Treppe nach oben und wies schließlich auf einen Raum. Dieser war lediglich mit einem Tisch und drei darum gruppierten Stühlen möbliert: zwei auf der einen Seite und der dritte gegenüber. Die Wände aus Ziegelstein waren in einem deprimierenden Grünton gestrichen.
»Warten Sie hier«, befahl der Constable ihnen. »Der Sergeant wird jeden Moment kommen. Verlassen Sie auf keinen Fall diesen Raum.«
Als er ging, ließ Crowe sich schwerfällig auf einen der Stühle fallen, der das Gewicht des Amerikaners mit einem protestierenden Knarren quittierte.
»Kannst es dir ruhig bequem machen«, sagte er. »Könnte gut sein, dass wir hier ’ne Weile schmoren müssen. Würde mich nicht wundern, wenn er uns erst einmal weich kochen will, in der Hoffnung, dass uns mulmig wird und wir seine Fragen bereitwilliger beantworten.« Er schnaubte verächtlich. »Ich an seiner Stelle hätte uns natürlich getrennt und einzeln vernommen.«
»Warum?«, fragte Sherlock und nahm neben Crowe Platz.
»Wenn er uns getrennt vernimmt, kann er prüfen, ob wir die gleichen Antworten auf seine Fragen geben. Tun wir’s nicht, weiß er, dass wir vielleicht an manchen Stellen lügen. Verhört er uns jedoch zusammen, dann hörst du meine Antworten und kannst deine Geschichte daraufhin anpassen und umgekehrt.«
Er lehnte sich in dem Stuhl zurück, schloss die Augen und zog seinen Hut tief ins Gesicht, um das Licht abzublocken.
Sherlock blickte sich um. Aber es gab nichts, was irgendwie sein Interesse hätte wecken können. Die Einrichtung des Raumes war ganz bewusst frei von jedweden dekorativen Ablenkungen gehalten.
Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zu Mycroft. Gut möglich, dass sein Bruder sich jetzt in diesem Moment ganz in seiner Nähe befand. Aber wo immer er auch sein mochte, dort war es wahrscheinlich sogar noch ungemütlicher als in dem Raum, in den man Amyus Crowe und ihn verfrachtet hatte.
Ungefähr eine halbe Stunde später flog plötzlich die Tür auf, und der Sergeant, den sie bereits kennengelernt hatten, Coleman, kam, mit einem Notizblock und einem Bleistift bewaffnet, hereingestürmt.
»Nur noch ein paar Details, die zu klären sind«, verkündete er, ehe er überhaupt Platz genommen hatte. »Ich denke nicht, dass das ein besonders verzwickter Fall ist. Scheint mir alles ziemlich eindeutig.«
Amyus Crowe schob seinen Hut zurück und hob eine Augenbraue. »Na, wenn Sie sich da nicht noch wundern werden.«
»Die Faktenlage scheint unbestreitbar zu sein«, sagte der Sergeant. »Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage, aber der Raum war verschlossen, und es gab nur einen Weg, um rein- und rauszukommen: und zwar durch die Tür. Zwei Männer hielten sich drinnen auf. Als aufgeschlossen wurde, fand man den einen tot und den anderen mit einem Messer in der Hand vor, wie der Diener bestätigt hat. Hab ich da was übersehen?«
»Es gab kein Blut auf dem Messer«, hob Sherlock hervor.
»Das Blut wurde am Hemd des Toten abgewischt, als die Klinge herausgezogen wurde.«
»Haben Sie das Hemd nach Zeichen von Wischspuren untersucht oder ist dies nur eine Vermutung?«, fragte Crowe.
»Sie können nicht leugnen, dass sich Blut auf dem Hemd befindet«, protestierte der Sergeant.
»Aus der Wunde hervorgequollenes Blut, ja. Aber gibt es
Weitere Kostenlose Bücher