Young Sherlock Holmes 3
Königin und Großbritannien gemacht haben. Die Frage ist nur:
Wer
hat Sie bezahlt?«
»Ich kenne keine Namen!« Der Mann klopfte auf Crowes linken Arm, der sich unbarmherzig um seinen Hals schlang. »Ich brauche Luft! Bitte!«
Crowe lockerte ein wenig seinen Griff, und der Mann machte einen tiefen, rasselnden Atemzug. Sein langes Haar hing ihm in Strähnen über das Gesicht, das langsam ein wenig von seiner tiefvioletten Farbe verlor.
»Neulich Nacht kam jemand im Shaftesbury auf mich zu«, keuchte er. »Die Leute wissen, dass ich so Sachen regele, halt Geschäfte vermittele. Die richtigen Leute für einen Raubüberfall auftreibe oder was auch immer Sie wollen. Ich sollte einen Mann auftreiben, der in Kürze vor seinen Schöpfer tritt und dringend Geld für seine Familie braucht. Den sollte ich überreden, noch eine letzte Sache zu erledigen. Und wenn er die ordentlich über die Bühne gebracht hätte, würde er so seiner Familie ein sorgenfreies Leben sichern.«
»Und Sie kannten so einen Mann?«
»Ich kenn Hunderte! Die gibt’s hier wie Sand am Meer. Schwindsucht, Alkohol, Cholera – in London gibt es viele Möglichkeiten zu verrecken.«
»Und worum handelte es sich bei dieser Sache?«
Der Mann verfiel in Schweigen.
Crowe verstärkte erneut seinen Griff. »Noch etwas mehr Druck«, murmelte er, »und das Letzte, was Sie hören, ist das Knacken Ihres brechenden Genicks. Hab ich schon mit Berglöwen und Alligatoren gemacht. Und sogar einmal mit einem Bullen. Sie stellen keine große Herausforderung für mich da, glauben Sie mir.«
»Er sollte zu diesem Club da in Whitehall gehen«, sagte der Mann hastig. »Und um ein vertrauliches Gespräch mit einem Clubmitglied bitten. Sozusagen unter vier Augen. Ein Mann namens Mycroft Holmes. Und dem dann eine Visitenkarte geben, die wir erst drucken lassen mussten. Nur die eine Karte. Und wenn er mit dem Kerl alleine wäre, sollte er ihm so’n Zeugs ins Gesicht sprühen – war in so nem Ding drin, das wie eine Parfümflasche aussah. Worauf hin der ohnmächtig wie ein Klotz zu Boden gehen würde. Mein Mann sollte dem Kerl dann ein echtes Messer in die Hand drücken und sich selbst ein anderes ins Herz rammen. Und zwar ein Spezielles aus Eis. War wie so ’ne Art Theaterspiel.«
»Woher stammten die Messer?«
»Man hat mir gesagt, dass ein Junge mit uns Kontakt aufnehmen würde, sobald wir zum Club kämen. Der würde uns dann ein Etui mit den Messern drin geben. Wir mussten es so durchziehen, denn andernfalls hätte das Eismesser trotz Etui schmelzen können.«
Crowe lächelte. »Ist Ihnen das alles nicht ein wenig merkwürdig vorgekommen?«
»Hab schon Merkwürdigeres getan«, gab der Mann zu. »Und die Kohle hat gestimmt.«
»Dieser Kerl, der Sie angeheuert hat – kennen Sie seinen Namen? Können Sie ihn beschreiben?«
»Hab nicht gesagt, dass es ein Kerl war, oder?«
Crowe hob überrascht die Augenbrauen. »In der Tat, das haben Sie nicht. Mein Fehler. Also, dann wurden Sie von einer Frau angeworben?«
Er nickte, jedenfalls soweit er dazu in Crowes Umklammerung in der Lage war. »Eine Frau, ja.«
»Beschreiben Sie sie.«
»Jung. Schlank. Feine Klamotten.«
Crowe schnaubte. »Ihr Gesicht, Mann – beschreiben Sie ihr Gesicht.«
»Konnte ich nicht sehen. Sie trug einen großen Hut mit einem Schleier vor dem Gesicht.«
»Haarfarbe?«
»Konnte ich unter dem Hut nicht sehen.«
»Aber Sie sind ihr doch gefolgt, oder? Nachdem sie Sie angeworben hatte?«
Sherlock sah, wie der Mann vor Überraschung blinzelte. »Woher wissen Sie das?«, zischte er.
»Das weiß ich, weil ich
Sie
kenne, mein Freund. Oder zumindest kenne ich Männer wie Sie. Eine Frau mit einem dicken Bündel Banknoten – ich bitte Sie, natürlich sind Sie ihr gefolgt. Sie wollten herausfinden, wo sie wohnt. Für den Fall, dass sich später vielleicht die Chance ergibt, sie im Rahmen eines kleines Bruchs um ihr vieles Geld zu erleichtern. Männer wie Sie halten immer nach einer günstigen Gelegenheit Ausschau. Also, wohin ist sie gegangen?«
Der Mann zuckte die Achseln.
»Sie ist zu keinem Haus gegangen, sondern zu einem Museum in Bow. Zum Passmore Edwards, um genau zu sein. War früher mal ein großes Herrenhaus. Hab einige Stunden vor der Hütte da gewartet. Aber sie ist nicht mehr rausgekommen. Keine Ahnung, ob sie da wohnt oder ob es dort einen Hinterausgang gibt. Jedenfalls hab ich sie nie wieder gesehen.«
»Noch etwas? Irgendwelche anderen Informationen, die Sie uns mitteilen
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