Zähl nicht die Stunden
sich mühsam auf.
»Ich habe mich nie besser gefühlt«, kam die prompte Antwort. Er
beugte sich über sie und küsste sie sanft auf die Stirn.
»Das verstehe ich nicht.«
»Nun, also das war so. Vor einer Stunde habe ich einem Mandanten
gesagt , er könne mich mal , Jan Stephens erklärt , dass ich leider nicht im Ausschuss zur Förderung junger Anwälte mitarbeiten könnte , und Ruth Kertzer darüber informiert , dass ich weder irgendwelche Vorträge halten noch den Gastgeber für Dinnerpartys spielen würde, weil ich mit meiner Frau nach Paris fahre.«
Einen Moment lang war Mattie sprachlos. Sie sah sich im
Badezimmer stehen, den Mund voller Pillen. Jake würde sie nicht im Stich lassen, erklärte sie dem verängstigten Gesicht im Spiegel. Er würde sie nicht enttäuschen. Und selbst wenn, hatte sie in diesem Moment
erkannt und in stummer Entschlossenheit die Schultern gestrafft, würde sie sich nicht hinlegen und sterben. Zumindest noch nicht. Mattie
beobachtete , wie ihr Spiegelbild die Pillen ins Waschbecken spuckte, und verfolgte ihren Weg durch das Porzellanbecken , bis sie im Abfluss verschwunden waren. »Was werden die denn jetzt wegen des Vertrags
und der Dinnerparty machen?« , fragte sie. »Werden sie jemand anderen finden?«
»Es gibt immer einen anderen, Mattie.«
»Keinen wie dich«, flüsterte Mattie und berührte seinen Hals.
Er nahm sie in die Arme, lehnte sich an die Kopfstütze und schloss
die Augen. »Erzähl mir von Paris«, sagte er.
Mattie schmiegte sich an ihren Mann. »Nun, wusstest du, dass die
Pariser große Tierliebhaber sind?«, fragte sie, als Jake begann, ihre ungehemmt fließenden Freudentränen von ihrer Wange zu küssen. »Sie
erlauben Hunden und Katzen den Zutritt zu Restaurants und lassen sie manchmal sogar mit am Tisch sitzen. Kannst du dir vorstellen, in einem schicken Restaurant neben einer Katze zu sitzen?« Sie lachte und weinte gleichzeitig, bis ihre Tränen die Worte zu ersticken drohten. »Doch so tierlieb sie auch sein mögen, auf Touristen stehen sie nicht so besonders , vor allem nicht auf solche, die kein Französisch können. Was uns aber nicht davon abhalten wird, all die Touristenattraktionen zu besuchen«, betonte sie. »Ich möchte den Eiffelturm und den Are de Triomphe
besteigen. Ich möchte durch die Straßen von Pigalle schlendern, eine Bootstour auf der Seine machen, all die Sachen, Jake. Und der Louvre und der Quai d’Orsay. Und der Jardin du Luxembourg. Und Notre
Dame und Napoleons Grab. Ich will alles sehen.« Mattie löste sich aus der Umarmung, sodass sie ihrem Mann direkt in die Augen sehen
konnte. »Und ich hatte solche Angst, als du gesagt hast, du könntest nicht mitkommen, weil mir klar geworden ist, dass ich Paris, so sehr ich es auch sehen möchte , nicht ohne dich sehen möchte.« Sie zögerte und fragte sich, ob sie schon zu viel gesagt hatte, fügte jedoch unwillkürlich hinzu: »Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, es ohne dich zu sehen.«
Tränen stiegen in Jakes Augen. »Ich würde nie zulassen, dass du es
ohne mich siehst«, erklärte er schlicht.
»Ich liebe dich«, hörte Mattie sich sagen und schmiegte sich wieder in seine Arme.
Ich liebe dich, hallte es von den Wänden wider. Ich liebe dich, ich liebe dich.
Ich liebe dich.
Ichliebedich, ichliebedich, ichliebedich.
27
Es war am 11. April um kurz nach neun, als ihr Taxi vor dem Hotel
Danielle in der Rue Jacob im Zentrum des Rive Gauche von Paris hielt.
»Ist das nicht die schönste Stadt, die du in deinem ganzen Leben gesehen hast?«, rief Mattie. Wie oft hatte sie ihn das seit ihrer Abfahrt vom Flughafen schon gefragt?
»Es ist mit Abstand die schönste Stadt, die ich in meinem ganzen
Leben gesehen habe«, stimmte Jake ihr zu.
Mattie lachte und konnte immer noch nicht richtig glauben, dass sie wirklich hier waren. Und es spielte keine Rolle, dass der Flug sie
erschöpft hatte und sie hungrig war, weil sie Probleme hatte, das zähe Stück Fleisch zu schlucken , das vorgeblich Steak Diane war. »Niemand kriegt Flugzeug-Mahlzeiten runter«, versicherte Jake ihr und gab auch sein Tablett unangerührt an die Stewardess zurück.
»Sollen wir?«, fragte er jetzt und half Mattie von der beengten
Rückbank des kleinen französischen Wagens, während der Taxifahrer ihr Gepäck in die nachempfundene Art-deco-Lobby des charmanten alten
Hotels trug.
»Oh, Jake. Es ist wundervoll. C’est magnifique«, sagte Mattie zu der exotisch aussehenden Dame an der
Weitere Kostenlose Bücher