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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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So schön ist es im April
    nicht immer.«
    »Sind Sie mit Ihrem Mann hier?« , fragte Mattie und spähte in Richtung Lobby. Wohin konnte Jake nur verschwunden sein?
    »Nein , ich reise allein.«
    »Wirklich. Sie sind sehr mutig.«
    Die Frau lachte. »Verzweifelt ist wahrscheinlich ein besseres Wort.«
    »Verzweifelt?«
    »Manchmal möchte man etwas so sehr , dass man die Sache einfach selbst in die Hand nehmen muss« , sagte sie.
    »Das Gefühl kenne ich.« Mattie lächelte. »Ich bin übrigens Mattie
    Hart.«
    Die Frau zögerte einen Moment, während die Sonne auf ihr
    gespenstisch blasses Gesicht fiel.
    »Cynthia«, sagte sie dann und nahm ihren Hut ab. Eine Mähne von
    roten Locken fiel um ihr Gesicht. »Cynthia Broome.« »Wo warst du?«
    Mattie kämpfte sich auf die Beine, als Jake den kleinen Hof betrat und mit einer braunen Papiertüte im Arm auf sie zukam.
    »Ich habe beschlossen , ein paar Lebensmittel einzukaufen« , sagte er und wies mit dem Kopf auf die Tüte. »Wasser , Kekse , frisches Obst.« Er küsste Matties Stirn. »Du hast so fest geschlafen , dass ich dich nicht stören wollte. Wann bist du aufgewacht?«
    Mattie sah auf ihre Uhr. »Vor etwa zwanzig Minuten. Ich habe eine
    nette Frau kennen gelernt. Wie sich herausgestellt hat , ist es die Frau aus Chicago, von der die Drachenfrau gesprochen hat.«
    »Die Drachenfrau?«
    »So nennt Cynthia sie. Cynthia... Mein Gott, ich habe ihren
    Nachnamen vergessen. Irgendwas mit B.« Mattie zuckte mit den
    Achseln. »Egal. Irgendwann fällt es mir wieder ein. Sie ist ganz allein hier.«
    »Sehr mutig.«
    Mattie lächelte. »Das habe ich auch gesagt. Ich dachte , wir könnten sie vielleicht irgendwann mal einladen, sich uns anzuschließen.«
    »Natürlich, wenn du möchtest.«
    »Nun, vielleicht, wenn wir ihr noch einmal begegnen.« Mattie blickte zur Lobby. »Meinst du, unser Zimmer ist schon fertig?«
    »Wir wohnen im zweiten Stock«, sagte Jake und begleitete sie zu dem
    winzigen Fahrstuhl neben der Wendeltreppe auf der anderen Seite der
    Hotelhalle. »Unser Gepäck ist schon auf dem Zimmer.«
    »Das ist ja wie ein Vogelkäfig«, staunte Mattie , als sie sich in die winzige Kabine gezwängt und die schmiedeeiserne Tür hinter sich
    zugezogen hatten. Mehrere Sekunden später kam der Fahrstuhl im
    zweiten Stock ruckelnd zum Stehen. Von einem kleinen Flur , der mit einem ausgebleichten, ausgefransten dunkelblauen Teppich ausgelegt
    war, gingen ein halbes Dutzend Zimmer ab.
    Mit einem altmodischen Schlüssel öffnete Jake die schwere Tür zu
    ihrem Zimmer, das sich als klein, aber geschmackvoll eingerichtet erwies und ein Fenster zur Straße hatte.
    »Es ist wunderschön«, sagte Mattie, als ihr Blick auf eine dicke
    Überdecke aus Baumwollpikee fiel, die das Messing-Doppelbett in der
    Mitte des Zimmers förmlich verhüllte. An den Wänden hingen Drucke
    von Impressionisten. Neben dem Fenster stand eine kleine Kommode.
    Das angeschlossene Bad war mit einer Mosaik-Reproduktion von
    Renoirs Gemälde Die Schaukel dekoriert.
    »Wie ich sehe, haben es die Franzosen nicht so mit weiten offenen
    Räumen«, bemerkte Jake, ging zum Fenster und versuchte es zu öffnen.
    »Was ist los?«
    »Es scheint zu klemmen.«
    »Ist das ein Problem?« Mattie biss sich auf die Zunge. Natürlich war das ein Problem. Wie konnte sie nur so unsensibel sein? »Tut mir Leid, Jake. Wir nehmen ein anderes Zimmer.«
    »Nein, sei nicht albern. Dieses ist in Ordnung.«
    »Nein, das ist es nicht. Ich bin sicher , sie haben noch andere Zimmer.«
    Doch dem war nicht so. Jake rief Chloe Dorleac an , die ihn informierte , dass das Hotel ausgebucht und ein anderes Zimmer frühestens in ein paar Tagen verfügbar sei. »Die Drachenfrau sagt , dass die Amerikaner sich immer beschweren, es wäre bei offenem Fenster zu laut, deshalb haben sie sich mit der Reparatur nicht beeilt«, erklärte Jake Mattie und legte sich neben sie auf das voluminöse weiße Überbett, das sich um sie bauschte wie ein Fallschirm. »Es ist wirklich okay, Mattie. Ich komme schon klar.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut.« Er starrte an die Decke. »Meine Mutter weiß ja nicht mal, dass ich hier bin.« »Der Eiffelturm wurde für die Weltausstellung 1889 in einer Rekordzeit von zwei Jahren erbaut«, las Mattie aus dem Reiseführer vor. Sie saß mit Jake auf einer Bank und blickte zur Spitze der
    prachtvollen Stahlkonstruktion. Es waren angenehme 22 Grad, und sie hatte ihre Reisegarderobe gegen einen unbeabsichtigten Partner-Look

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