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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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darum gebettelt, mitkommen zu dürfen. Sie hatte wider besseres Wissen zugestimmt , und er hatte hart arbeiten müssen , um ihr Vertrauen zurückzugewinnen. Er wusste , wie sehr sich Mattie auf diese Reise freute , wie schon deren bloße Erwähnung ihre Laune und Hoffnung hoch gehalten hatte. Er wusste auch , wie sehr sie in den vergangenen Monaten angefangen hatte, sich auf ihn zu verlassen.
    Er begriff sogar, dass jede Verschiebung , wie kurz auch immer , zu lange wäre. Wenn sie nicht im April flogen, würden sie nie fliegen, ahnte er, und selbst wenn Mattie einer Verschiebung zustimmen würde, würde sie nie wieder darauf vertrauen, dass er sein Wort hielt, und er selbst auch nicht. Etwas war diesmal dazwischen gekommen – etwas würde auch
    beim nächsten Mal dazwischen kommen. Für Männer, die ihre
    Interessen über die aller anderen stellten , kam immer etwas dazwischen.
    Für Männer wie Thomas Maclean. Für Männer wie Jason Hart.
    Böser Jason , böser Jason, böser Jason.
    Böserjason, böserjason, böserjason.
    Nur dass jetzt alles anders war. Er war nicht mehr der Mann, zu dem
    seine Mutter ihn programmiert hatte. Seine Prioritäten hatten sich
    verändert. Indem er so getan hatte, als wäre er ein guter Ehemann und Vater, war er tatsächlich einer geworden, und er stellte überrascht fest, dass er den Mann mochte, der zu sein er vorgegeben hatte. In seiner Haut fühlte er sich wohl, in seiner Anständigkeit geborgen. Am Ende, dachte Jake, ist das Gesicht, das wir der Welt zeigen, wahrer als das, das wir täglich im Spiegel sehen.
    Wir sind, wer wir zu sein vorgeben.
    Und verdammt, er hatte sich darauf gefreut, Mattie nach Paris zu
    begleiten. Über all dem Pläneschmieden und der Lektüre von
    Reiseführern war seine vorgetäuschte Vorfreude im Laufe der
    vergangenen Monate irgendwann in echte Begeisterung umgeschlagen.
    Wollte er also wirklich all seine Pläne aufgeben, alles, was er geworden war, nur für das zweifelhafte Vergnügen, zum Partner einer spießigen Kanzlei in der Innenstadt berufen zu werden? Wollte er Paris wirklich verpassen, um an einem einschläfernd langweiligen Juristenkongress in Chicago teilzunehmen? War er bereit, die Achtung seiner Frau und
    seiner Tochter zu verspielen, um vor Gericht einen unverdienten
    Freispruch zu erringen? Wollte er riskieren, alles zu verlieren,
    einschließlich sich selbst?
    »Jake –« Angela Fontana sah ihn erwartungsvoll an. Sie hatte ihn
    offensichtlich nach seiner Meinung gefragt und wartete nun auf seine Antwort.
    »Tut mir Leid«, sagte Jake erneut. Wie oft hatte er das schon gesagt, seit er den Raum betreten hatte?
    »Langweilen wir Sie?«, fragte Eddy Maclean. Jake blickte von Eddy zu seinem Vater, zu den beiden anderen Jungen und ihren Vätern und
    Anwälten und wieder zurück zu Eddy Maclean. »Um ehrlich zu sein, ja«, sagte Jake, stand auf und ging zur Tür.
    »Was?«, hörte er Keith Peacock unter dem schockierten Gelächter
    von Angela Fontana stöhnen.
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Thomas Maclean und eilte
    um den Tisch, um Jake den Weg zu versperren. »Was glauben Sie, wohin Sie gehen?«
    »Ich fliege nach Paris«, sagte Jake, öffnete die Tür und trat in den Flur. »Und Sie, Sir«, sagte er lächelnd , »können Ihren missratenen Sohn nehmen und zur Hölle fahren.«
    »Mattie?« , rief Jake von der Haustür. »Mattie? Mattie , wo bist du?
    Mattie!«
    Mattie hörte seine Stimme wie aus einem Traum. Sie versuchte sie zu
    verdrängen und zum Schweigen zu bringen. Sie hatte so friedlich
    geschlafen. Sie wollte nicht von Träumen gestört werden, nicht von
    Erinnerungen und falschen Bildern. Geh weg, sagte sie für sich, doch nur ein leises Murmeln kam über ihre Lippen.
    »Mattie«, hörte sie noch einmal, als die Schlafzimmertür aufging.
    »Mattie?«
    Vor ihrem inneren Auge sah Mattie sich vor dem Waschbecken im
    Badezimmer stehen, wie sie zwanzig Tabletten in ihre Hand schüttete wie kleine Salzkörner. Sie blinzelte durch halb geschlossene Augen und sah Jakes attraktives Gesicht über ihr schweben. »Jake? Was machst du denn so früh schon zu Hause?«
    »Ich bin für heute fertig.« Er lachte. »Genau genommen besteht
    durchaus die Möglichkeit, dass ich für immer fertig bin.« Er lachte erneut , mehr ein kurzes manisches Bellen.
    Sie schmeckte die bitteren Pillen in ihrem Mund , auf und unter ihrer Zunge in dem Moment, als sie das Glas an die Lippen geführt hatte.
    »Jake, ist alles in Ordnung?« Mattie richtete

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