Zähl nicht die Stunden
runter und raucht Gras. Zum Glück war die Frau, die sie erwischt hat, eine Bekannte von mir.«
»Ja, ein Riesenglück , echt« , sagte Kim. »Die hätte sich mal um ihren eigenen Dreck kümmern sollen.«
»Sie ist Staatsanwältin , Herrgott noch mal. Sie hätte dich festnehmen lassen können.«
»Aber sie hat’s nicht getan. Was machst du also für einen Terror? Ich hab eine Dummheit gemacht. Ich hab mich dafür entschuldigt. Ich tu’s nicht wieder. Fall erledigt. Du hast gesiegt. Wieder hat ein armes Schwein dran glauben müssen.«
»Kim, ich verstehe das nicht«, sagte Mattie, die vergeblich versuchte , aus dem Gehörten klug zu werden.
»Kannst du mir mal sagen , was du daran nicht verstehst , Mutter?« , fuhr Kim sie an.
Mattie empfand das Wort Mutter wie einen Schlag ins Gesicht. Die Tränen schössen ihr in die Augen.
»Lass diesen Ton deiner Mutter gegenüber« , sagte Jake scharf.
»Meine Mutter kann für sich selbst sprechen. Sie ist noch nicht tot.«
»Mein Gott!« Mattie fiel in sich zusammen , als würde ihr alle Luft aus dem Körper gepresst.
Jake lief rot an. Er sah aus , als würde er gleich explodieren. »Wie kannst du so etwas sagen?«
»Ich hab’s nicht so gemeint« , beteuerte Kim. »Mama , du weißt , dass ich es nicht so gemeint habe , wie es rausgekommen ist.«
»Du ekelst mich an« , sagte Jake zu seiner Tochter.
»Und du ekelst mi c h an«, kam es unverzüglich zurück.
»Das reicht. Hört auf. Alle beide!«, rief Mattie, die spürte, wie es in ihren Fußsohlen zu kribbeln begann. »Könnten wir uns vielleicht ins Wohnzimmer setzen und das in Ruhe besprechen?«
»Ich geh in mein Zimmer.« Kim strebte mit großen Schritten der
Treppe zu.
»Du gehst nirgendwohin.« Mattie packte ihre Tochter beim Arm.
»Was? Du ergreifst seine Partei?«
»Du lässt mir ja keine Wahl.«
Kim riss sich mit solcher Gewalt von ihrer Mutter los, dass diese das Gleichgewicht verlor. Ein paar Sekunden lang hielt sie sich noch
schwankend auf den Füßen, die sie kaum noch fühlte, dann stürzte sie, die zitternden Hände vergeblich vor sich ausgestreckt, um den Fall
abzufangen.
Sofort war Kim bei ihr, warf sich neben ihr auf die Knie und
versuchte, ihr aufzuhelfen. »Mama, es tut mir so Leid«, rief sie immer wieder. »Das wollte ich nicht. Du weißt, dass ich das nicht wollte.«
»Lass sie in Ruhe!«, befahl Jake. Er drängte sich zwischen Mutter und Tochter und nahm Mattie in die Arme. »Geh weg! Lass sie in Ruhe!«
»Es tut mir Leid. Es tut mir Leid«, jammerte Kim und umklammerte
Matties Arm, als diese sich mit Mühe aufrichtete und wieder aufstand.
»Hast du nicht für einen Tag genug Schaden angerichtet?«, rief Jake und stieß Kim zur Seite, sodass die nun die Balance verlor. In einem Reflex warf sie die Arme hoch, und das Glas, das sie in der Hand hielt, flog zur Decke hinauf. Wasser spritzte in einem Schwall in die Luft, bevor das Glas zu Boden schlug , über den Teppich rollte und an der Wand zersprang. »Schau an, was du jetzt wieder angerichtet hast!«, brüllte Jake.
»Was ich angerichtet habe?«, brüllte Kim noch lauter zurück.
»Bitte, könntet ihr jetzt nicht endlich aufhören?«, flehte Mattie.
»Mach die Schweinerei sauber«, befahl Jake.
»Du hast sie angerichtet. Du kannst sie sauber machen.«
»Verdammt noch mal!«, schrie Jake. Sein Arm flog hoch, um
zuzuschlagen.
»Du willst mich schlagen?«, schrie Kim. »Bitte. Tu’s doch! Schlag
mich. Daddy. Schlag mich doch!«
Mattie hielt den Atem an. Jakes Arm hing in der Luft, verweilte eine Ewigkeit , wie es schien, über seinem Kopf, bevor er ihn schließlich an seiner Seite herabfallen ließ. Hinter sich hörte sie Kims hastige Schritte auf der Treppe , dann das Krachen ihrer Zimmertür. Die Hände auf die Augen gedrückt, sank Jake an die Wand. Sein Gesicht war aschfahl.
»Jake? Ist dir nicht gut?«, fragte sie.
»Ich hätte sie beinahe geschlagen.«
»Aber du hast es nicht getan.«
»Ich wollte. Ich war ganz nahe daran.«
»Aber du hast es nicht getan«, wiederholte Mattie. Sie bot ihm die
Hand, zog sie zurück , als sie sah , dass sie zitterte. Sie wusste , wie enttäuscht Jake sein musste, wie sehr er sich gewünscht hatte, seine Tochter wäre stolz auf ihn. Ich bin stolz auf dich, hätte sie gern gesagt, aber sie schwieg und blieb still an seiner Seite stehen, bis sie die Sohlen ihrer Füße überhaupt nicht mehr spürte. »Ich glaube, ich muss mich
setzen.«
Er führte sie ins Wohnzimmer, wischte
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