Zähl nicht die Stunden
verstreuten Gegenstände einzusammeln: mehrere
Filzstifte, ein Päckchen Kleenextücher, ihre Sonnenbrille, ihre
Geldbörse, ihr Scheckheft, die Hausschlüssel.
In dem offenen Raum unter einer der Kabinentüren bemerkte sie ein
Paar Füße in hochhackigen Sandaletten mit Pfennigabsätzen und wurde
sich erst in diesem Moment bewusst, dass sie nicht allein war. Wie kann man in solchen Dingern überhaupt laufen?, fragte sie sich. Sie richtete sich auf, versuchte , wieder auf die Beine zu kommen, und stand einen Moment lang gefährlich schwankend auf Füßen, die sie nicht tragen
wollten. »Bitte«, flüsterte sie in den Kragen ihres pinkfarbenen Pullis und hielt sich am Waschtisch fest. Bitte, wiederholte sie lautlos.
Sie hörte das Rauschen der Toilettenspülung und lächelte der jungen
Frau zu, die aus der Kabine trat und überhaupt keine Mühe hatte, sich auf ihren hohen Absätzen zu halten. Die junge Frau betrachtete sich im Spiegel, während sie sich die Hände wusch, und schien erfreut von ihrem Anblick. Mit Recht, dachte Mattie, die ihr nachblickte, als sie hinausging.
Sie war jung und schön. Ihr Körper funktionierte reibungslos. Zweifellos kehrte sie jetzt zu einem Mann zurück, der sie anbetete.
Und jetzt ich, dachte Mattie , straffte die Schultern und ging aus der Toilette hinaus. Direkt vor der Tür stand Roy Crawford. »Sie waren aber lange da drinnen« , stellte er fest.
»Mir war meine Handtasche runter gefallen.« Was für eine dumme
Antwort, dachte sie. Hatte er auf sie gewartet?
»Was haben Sie denn da im Gesicht?« Ohne auf eine Antwort zu
warten, rieb Roy Crawford behutsam über die Haut neben ihrem Mund.
»Scheint Lippenstift zu sein.« Er hob seinen Zeigefinger zum Mund,
befeuchtete mit der Zunge die Fingerspitze und drückte diese an ihre Wange. Dabei sah er ihr die ganze Zeit tief in die Augen.
»Na also! Alles wieder in Ordnung.«
»Danke«, sagte Mattie , ein wenig atemlos, als sie seinen kühlen Speichel auf ihrer Haut fühlte.
»Das ist also Ihr Mann«, sagte Crawford, als wäre eine solche
Bemerkung unter den Umständen das Normalste der Welt.
Mattie , die ihrer Stimme nicht traute, nickte nur.
»Ich dachte . Sie wären getrennt.«
»Er ist zurückgekommen.«
Roy Crawford lächelte träge. »Rufen Sie mich an« , sagte er.
18
Sie lagen in Honeys Bett, adrett in neu gekaufter rosa-weiß karierter Bettwäsche. »Für den besonderen Anlass« , hatte Honey gescherzt, als sie Jake gleich bei seiner Ankunft ins Schlafzimmer gezogen hatte und sie wie Ausgehungerte über einander hergefallen waren.
Eine halbe Stunde später nun lagen sie in enger Umarmung
beieinander , nackt , verschwitzt und unbefriedigt , verwirrt aber einträchtig, und unten am Ende des Betts spielten die Katzen mit ihren Zehen.
»Es tut mir Leid, Honey.« Ungeduldig versuchte Jake, die Katzen von
seinen Füßen zu vertreiben. »Ich weiß nicht, was da los ist.«
»Das macht doch nichts, Jason. So was kommt vor. Du brauchst dich
nicht zu entschuldigen.«
»Dabei möchte ich so gern.« Jake rieb sich verärgert die Augen.
»Das weiß ich doch.«
»Den ganzen Tag hab ich nur daran gedacht.«
»Vielleicht ist genau das das Problem – du denkst zu viel.« Honey
setzte sich auf. Das Laken fiel ihr zur Taille herab und entblößte ihre schweren Brüste. Sie verscheuchte die Katzen von Jakes Füßen. Die eine sprang zornig miauend zu Boden, die andere blieb auf dem Fußende des Betts hocken und starrte Jake mit ihren gelben Augen anklagend an.
»Ich bin wahrscheinlich einfach müde.«
»Ja, das waren ja auch anstrengende Wochen.«
Honey ließ sich wieder niedersinken, kuschelte sich in Jakes
angewinkelten Arm und liebkoste sanft seine Brust. »Wie läuft der
Prozess?«
»Hervorragend. Ich glaube, wir haben eine gute Chance, einen
Freispruch zu bekommen.«
Jake musste lachen. Den ganzen Tag lang hatte er nur darauf gewartet, dass es endlich sieben Uhr werden würde – hatte, seit er am Morgen erwacht war, kaum an etwas anderes gedacht. Beim Frühstück hatte er sich mit Mattie unterhalten und sich dabei die ganze Zeit Honeys Körper vorgestellt und sich bis ins Detail ausgedacht, was alles sie einander zu Lust und Gefallen tun würden. Nicht einen Moment lang war in diesem
ausgeklügelten Liebes-Szenario eine Auszeit zur Diskussion
geschäftlicher Angelegenheiten vorgesehen gewesen. Und noch nie hatte er derartige Startschwierigkeiten gehabt.
»Es ist tatsächlich so«, hörte Jake sich
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