Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zaehme mich

Zaehme mich

Titel: Zaehme mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Maguire
Vom Netzwerk:
vorgedrungen war, zog er sie wieder zurück. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    Sarah fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, wie um eine Messerklinge zu wetzen. Erstaunlich, wie sehr es sie befriedigte, ihm nun ihrerseits wehzutun. Sie leckte sich die Lippen und schmeckte Blut, das nicht mehr da war.
    Blut, das bald wieder da sein würde. »Das ist die ganze Geschichte. Die Details kannst du dir ja ausmalen, wenn du was zum Wichsen brauchst.«
    »Das ist hart, Sarah. Selbst für deine Verhältnisse.« Er stand auf und trat ganz nah ans Flussufer, die Hände tief in den Taschen vergraben. Sarah bereute ihre Bemerkung sofort. Er konnte gar nicht anders, als ihr wehzutun; er sehnte sich so sehr danach, sie zu kennen, dass er sich nicht zurückhalten, dass er nicht höflich und unaufrichtig zu ihr sein konnte.
    »Es tut mir Leid«, rief Sarah. »Bitte setz dich wieder zu mir. Ich erzähl dir alles, was du wissen möchtest.«
    Daniel kam langsam zurück und nahm neben ihr Platz.
    »Wie können wir zusammen sein, wenn du mir deine Geheimnisse nicht verrätst?«
    »Du hast Recht. Entschuldige. Ich sag dir alles.«
    »Alles, okay?«
    »Ja.« Sarah ließ den Blick durch den Park wandern und stellte enttäuscht fest, dass er ganz verlassen war.
    Manchmal war die Abwesenheit von Menschen erdrückender als alles andere. Ein öffentlicher Park an einem sonnigen Samstag müsste doch voller Kinder und Mütter, Hunde und Frisbees sein. Er dürfte nicht still wie ein Bestattungsinstitut sein, er dürfte nicht den Eindruck in ihr wecken, als könnte sie schreien und schreien, und niemand außer den Enten würde sie hören.
    Sie holte tief Luft. »Ich war sechzehn. Es gab eine Party bei Jamie …«
    »Derselbe Jamie, mit dem du jetzt noch schläfst? Du hast ihn damals schon gekannt?«
    »Ja, und du kennst ihn auch. Jamie Wilkes. Er war in meiner Klasse. Es war eigentlich die Party von seinem Bruder Brett, und deshalb wollte ich unbedingt hin.«
    »Du hast Brett gemocht?«
    »O ja, Brett war toll. Ich habe zweimal mit ihm geschlafen, aber die meiste Zeit waren wir einfach nur gute Kumpel. Ich wollte unbedingt zu der Party, weil er auch seine Freunde von der Uni eingeladen hatte, und da konnte ich mit einer großen Auswahl an älteren Männern rechnen.«
    Daniel verzog das Gesicht. »Warst du mit Jamie und seinem Bruder gleichzeitig zusammen?«
    »Nein! Bitte unterbrich mich nicht dauernd.«
    Daniel nickte, und Sarah fuhr fort. »Also, diese ganzen Typen stürmen auf mich los, sie geben mir Drinks und Zigaretten und Joints, sie fordern mich zum Tanzen auf und probieren es mit ihren blöden Sprüchen. Ich hab mir Zeit gelassen und bin nur mit Jamie zusammengeklebt, um mir in aller Ruhe einen auszusuchen, und dann fängt Jamie auf einmal an, mich anzubaggern. Hat sich an mich gedrückt und mir erzählt, wie gut ich aussehe und so. Am Anfang war es irgendwie komisch – er war zwar süß und alles, aber er war doch nur der kleine Jamie. Dann war es auf einmal nicht mehr komisch und wurde richtig aufregend, weil ich schon ungefähr tausendmal in seinem Zimmer gewesen war und weil die Vorstellung, dort mit ihm zu schlafen, so abartig und schmutzig war. Ich hatte Fantasien, dass er auf seiner Spiderman-Bettwäsche kommt und dass ich ihn auf dem Boden vögle, während ich nach oben zu den Leuchtsternen an seiner Decke schaue.
    Also habe ich mich darauf eingelassen. Und es war überhaupt nicht so, wie ich gedacht hatte. Es war nicht komisch, sondern einfach erstaunlich. Ich meine, er war praktisch noch Jungfrau, und es war bloß ein schneller Fick, aber es war Jamie. Mein bester Freund, verstehst du?
    Und wie er mich angesehen hat … Mein Gott, so hat mich kein anderer angesehen. So voller Anbetung.«
    »Moment mal«, warf Daniel ein. »Ich sehe dich so an.
    Ich bete dich an.«
    Sarah spürte ein Würgen. »Darf ich bitte weitererzählen?«
    Die Furchen auf seiner Stirn waren tiefer als sonst. »Na schön. Aber wir kommen später darauf zurück. Das verspreche ich dir.«
    Sarah nickte. Sie wusste ganz genau, dass ihre Geschichte vieles zu bieten hatte, worauf er später noch einmal gern zurückkommen würde. Daniel war unersättlich. Wahrscheinlich würde sie sterben, ohne ihn je ganz zufrieden gestellt zu haben.
    »Jamie ist raus, um uns Bier und Zigaretten zu holen.
    Nach ungefähr einer Minute geht die Tür auf. Ich habe den Blick gerade in die andere Richtung und sage: ›Hey, das war aber schnell, und dann höre ich plötzlich eine

Weitere Kostenlose Bücher