Zaehme mich
stirbst.«
»Na los. Hier bin ich. Nimm mich mit.«
Daniel drehte sich wieder zum Fenster und lehnte die Stirn an die Spanplatte. Sarah hatte es ernst gemeint: Sie wünschte sich wirklich, von ihm verschleppt zu werden. Sie wollte, dass ihr die Entscheidung aus der Hand genommen wurde.
Sie wollte die totale Freiheit spüren, einem anderen zu gehören.
»Ich hatte gehofft, dass es nicht sein muss. Ich hatte gehofft, du kommst aus freien Stücken. Dass du es selber willst.«
»Ich will ja auch.« Sarah ging zu ihm und küsste ihn auf den Nacken. »Es ist nur, dass ich es geschafft habe, mir dieses Leben einzurichten. Es ist nichts Besonderes, aber es ist mein Leben. Wie in dem Lied, du weißt schon, I did it my way. «
»Die Sex-Pistols-Version, oder?«
»Gibt es eine andere?«
»Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich. Warum muss es so schwer sein? Warum können wir nicht einfach zusammen sein? Warum können wir nicht … warum können wir nicht mit dem ganzen Gerede, aufhören und einfach nur glücklich sein?«
»Ich will nicht, dass du glücklich bist, außer mit mir.«
Daniel drehte sich zu ihr um. Er weinte. »Ich will, dass du dein kleines Leben aufgibst. Ich will, dass du nichts mehr hast. Ich will, dass du vollkommen hilflos bist. Ich will, dass du zerbrichst und zitterst vor Angst.«
Auch Sarah weinte jetzt. »Du bist so was von scheißromantisch.«
»Die kleine Sarah Clark.« Daniel strich sich mit den gepflegten Nägeln über den Hals. »Ich glaube, wir haben beide genug von dieser Anspannung, von diesem Kampf.
Sag mir jetzt, willst mit mir kommen und bei mir leben?
Willst du mein sein?«
»Ja, das habe ich dir doch schon gesagt. Ich muss nur noch
…«
»Nein.« Seine Nägel bohrten sich ins Fleisch. »Ich kann nicht mehr warten.«
Sarah blickte ihm in die Augen. Sie wünschte sich, dass er etwas sanfter zu ihr wäre, etwas schwächer. Umgekehrt wünschte er sich bestimmt, dass sie härter wäre, stärker.
Eigentlich war das komisch, weil ihr noch jeder Mann, der etwas mit ihr gehabt hatte, bescheinigt hatte, dass sie nicht weich genug war. Sie wusste nicht, ob Daniel ihre weiche Seite ans Licht brachte, oder ob er so hart war, dass sie im Vergleich einfach weich erschien.
»Ich muss Jamie sehen.«
»Ich verstehe. Dann komme ich heute Abend wieder.«
Daniel küsste sie auf die Stirn und verschwand.
9
An einem Samstagvormittag, drei Wochen nachdem Jamie Sarah zum letzten Mal gesehen hatte, rief Mike an und bat ihn, ins Pub zu kommen. Er wollte über Sarah reden. Jamie wollte nicht über Sarah reden, sondern mit ihr, doch da sie nicht mehr ans Telefon ging, musste er sich wohl mit einem Gespräch über sie begnügen.
»Ich möchte einfach wissen«, fing Mike an, nachdem sie mit ihrem Bier an einem Tisch Platz genommen hatten,
»warum sie so sauer auf mich ist. Was hab ich denn gemacht?«
»Ich glaube, sie ist nicht sauer, weil du irgendwas gemacht hast.«
»Aber warum will sie mich dann nicht sehen, verdammt?
Warum geht sie nicht ans Telefon?«
»Sie redet und trifft sich mit niemand außer mit dem Typ, den sie liebt.«
Mike starrte ihn eine Weile an. Er nippte an seinem Bier und zündete sich eine Zigarette an, dann nahm er noch einen Schluck und kratzte sich an der Nase. »Was für ein Typ?«
»Dieser alte Wichser. Sie meint es ernst mit ihm. Wahre Liebe und so.«
Mike war sichtlich geknickt. »Wann ist denn das passiert?«
»Als sie noch ein Kind war.«
»Was?«
Jamie zuckte die Achseln. »Nichts. Ich glaube, es war mein Geburtstag. Ich glaube, an meinem Geburtstag hat er sie heimgebracht.«
»Okay, das war … ungefähr vor einem Monat oder so.
Ich schlafe schon seit einem halben Jahr mit ihr. Sie kann mich nicht einfach wegen so einem dahergelaufenen Typ abservieren.«
Jamie lachte. »Stimmt, da hast du natürlich ältere Rechte.«
Mike runzelte die Stirn. Anscheinend hatte er Jamies Ironie mehr gefühlt als verstanden. »Ja, finde ich auch.
Wir vögeln beide herum, aber das sind immer nur One-Night-Stands. Ein halbes Jahr ist eine lange Zeit für mich.
Das zwischen Sarah und mir ist was Besonderes; wir haben uns ein Versprechen gegeben.«
Jamie verging das Lachen. Da stimmte etwas nicht. Er hatte erwartet, Mike würde darüber reden, wie geil er war oder wie wütend, weil sich Sarah nicht einmal eine gute Ausrede für ihn hatte einfallen lassen. Er hatte mit Gemeckere und Gejammer gerechnet. Doch Mike war wirklich niedergeschlagen. Und was sollte dieses Gerede
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