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Zaertlich ist die Nacht

Zaertlich ist die Nacht

Titel: Zaertlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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offenbar zu ihrem Wesen gehörte, in der Vergangenheit wie in der Zukunft, und nicht von äußeren |35| Umständen abhing; ganz im Gegensatz zu den professionellen Umgangsformen der Schauspieler. Sie entdeckte ein Zartgefühl, das sich von der robusten Kumpanei der Regisseure, die in ihrem Leben die Intellektuellen waren, stark unterschied. Schauspieler und Regisseure waren die einzigen Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, wenn man von der sehr gemischten, ununterscheidbaren Masse von Studenten beim Abschlussball in Yale einmal absah, die sich nur für die Liebe auf den ersten Blick interessiert hatten.
    Diese drei waren anders. Barban war weniger zivilisiert, skeptischer und spöttisch, seine Manieren waren nur oberflächlich, fast beiläufig. Abe North versteckte unter seiner Schüchternheit einen verzweifelten Witz, der sie amüsierte, aber auch unsicher machte. Sie wusste nicht, ob sie mit ihrem ernsten Wesen Eindruck bei ihm machen könnte.
    Dick Diver dagegen war einfach vollkommen. Sie bewunderte ihn stumm. Seine Haut war rötlich und sonnenverbrannt, genau wie sein kurzes Haar, das als leichter Flaum auch auf Arme und Hände hinabwuchs. Seine Augen waren von einem hellen, harten Blau. Seine Nase war etwas spitz, es gab nie einen Zweifel daran, wen er gerade ansah oder mit wem er sprach. Das war sehr schmeichelhaft, denn wer sieht uns schon wirklich an? Meist treffen uns ja nur neugierige oder desinteressierte Blicke, mehr nicht. Seine Stimme, in der noch eine schwache irische Melodie schwang, warb um die ganze Welt; dennoch spürte Rosemary einen Unterton von Festigkeit, Selbstkontrolle und Disziplin darin, ihren eigenen Tugenden. Oh ja, sie wählte ihn   – und Nicole sah es, als sie den Kopf hob, und hörte auch den kleinen Seufzer darüber, dass er schon ihr gehörte.
    |36| Gegen Mittag kamen die McKiscos, Mrs Abrams, Royal Dumphry und Signor Campion zum Strand. Sie hatten einen neuen Sonnenschirm mitgebracht, den sie mit Seitenblicken auf die Divers aufstellten, ehe sie mit zufriedenen Gesichtern darunter Platz nahmen   – mit Ausnahme von Mr McKisco, der verächtlich im Freien verblieb. Bei seiner Arbeit mit dem Rechen war Dick in ihrer Nähe vorbeigekommen und kehrte jetzt zu den Sonnenschirmen zurück.
    »Die beiden jungen Männer lesen einen Etikette-Ratgeber«, sagte er leise.
    »Wollen sich wohl in den besseren Kreisen einschleichen«, sagte Abe North.
    Seine Frau Mary, die sonnengebräunte junge Person, die Rosemary am ersten Tag auf dem Floß gesehen hatte, kam vom Schwimmen zurück und sagte mit spöttisch funkelndem Lächeln: »Mr und Mrs Unverzagt sind also auch eingetroffen.«
    »Immerhin sind sie die Freunde von deinem Mann«, erinnerte sie Nicole und zeigte auf Abe. »Warum geht er nicht hin und redet mit ihnen? Findest du sie nicht attraktiv?«
    »Ich finde, sie sind sehr attraktiv«, bestätigte Abe. »Ich finde sie bloß nicht anziehend, das ist alles.«
    »Nun ja, ich habe diesen Sommer tatsächlich das Gefühl, dass manchmal zu viele Leute am Strand sind«, gab Nicole zu. »An
unserem
Strand, den Dick aus einem Haufen Steinen gemacht hat.« Sie überlegte einen Moment, dann senkte sie ihre Stimme, um nicht von den drei Kindermädchen gehört zu werden, die unter einem anderen Sonnenschirm saßen. »Immerhin sind sie besser als diese Engländer, die im letzten Sommer hier waren und dauernd schrien: Ist das Meer nicht blau? Ist der Himmel nicht weiß? Ist Little Nellies Nase nicht rot?«
    |37| Rosemary dachte, dass sie Nicole nicht gern als Feindin hätte.
    »Aber ihr habt ja nicht mal den Streit gesehen«, fuhr Nicole fort. »Am Tag, bevor ihr gekommen seid, hat der verheiratete Mann, der, dessen Name wie gepanschtes Benzin und Ersatzbutter klingt   –«
    »McKisco?«
    »Ja, genau   – sie haben gestritten, und dann hat sie ihm Sand ins Gesicht geschmissen. Daraufhin hat er sich prompt auf sie draufgesetzt und ihr Gesicht in den Sand gedrückt. Wir waren geradezu   – elektrisiert. Ich wollte, dass Dick eingreift.«
    »Ich glaube«, sagte Dick Diver und starrte entrückt auf die Strohmatte, »ich werde mal rübergehen und sie zum Abendessen einladen.«
    »Das machst du nicht«, sagte Nicole rasch.
    »Ich glaube, das wäre eine sehr gute Sache. Sie sind nun mal da   – wir sollten uns anpassen.«
    »Wir sind sehr gut angepasst«, sagte sie lachend. »Ich lasse mir nicht die Nase im Sand reiben. Ich bin eine harte, gemeine Frau«, erklärte sie Rosemary. Dann hob sie

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