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Zaertlich ist die Nacht

Zaertlich ist die Nacht

Titel: Zaertlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Schilling. Aber ich würde gern wissen, was das Konsulat in Cannes dazu sagt!«
    |460| »Nein, nein!«, heulte Mary. »Wir müssen heute Nacht noch hier raus.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Dick und fügte hinzu: »Aber ohne Geld wird es nicht gehen.« Er sah sie an, als hielte er sie tatsächlich für unschuldig, 1* und schüttelte den Kopf: »Wie kann man bloß so was Verrücktes machen?«
    Lady Caroline lächelte selbstgefällig. »Sie sind doch Irrenarzt, nicht wahr? Sie sollten doch in der Lage sein, uns zu helfen   – und Gausse
muss
einfach!«
    An dieser Stelle hatte sich Dick mit Gausse ein wenig beiseitegestellt und sich erkundigt, was der alte Mann in Erfahrung gebracht hatte. Die Affäre war heikler als gedacht   – eins der »aufgegabelten« Mädchen kam aus einer sehr respektablen Familie. Die Eltern waren empört   – oder taten zumindest so; jedwede Regelung musste mit ihnen getroffen werden. Die andere war ein Mädchen vom Hafen, mit der wurde man leichter fertig. Es gab französische Gesetze, wonach Mary und Lady Caroline im Falle einer Verurteilung Gefängnis oder zumindest öffentliche Ausweisung aus Frankreich drohten. Außerdem gab es wachsende Spannungen zwischen denjenigen Einwohnern, die vom Fremdenverkehr profitierten und dementsprechend viel toleranter gegenüber den Ausländern waren, und denen, die sich über die steigenden Preise ärgerten. Nach dieser Zusammenfassung der Situation überließ Gausse es seinem Begleiter, die Sache zu klären.
    Dick nahm die Verhandlungen mit dem Revierleiter auf. »Sie wissen ja, dass die französische Regierung den Fremdenverkehr fördern will   – es gibt eine Anordnung in Paris, dass die Polizei keine amerikanischen Touristen festnehmen |461| darf   – oder jedenfalls nur wegen allerschwerster Vergehen.«
    »Das hier ist doch bei Gott schwer genug.«
    »Jetzt hören Sie mal   – haben Sie ihre Ausweise?«
    »Hatten sie nicht. Sie hatten überhaupt nichts bei sich   – bloß zweihundert Francs und ein paar Ringe. Nicht mal Schnürsenkel, mit denen sie sich hätten aufhängen können!«
    Dick war erleichtert, dass keine Ausweise im Spiel waren. »Die italienische Komtesse ist amerikanische Staatsbürgerin. Sie ist die Enkelin von John D.   Rockefeller-Mellon. Sie haben von ihm gehört?«
    »Oh, ja, natürlich. Halten Sie mich für einen Niemand?«
    Dick erzählte seine Lügen langsam und bedeutungsschwanger. »Außerdem ist sie die Nichte von Lord Henry Ford, das heißt, sie hat enge Beziehungen zu Renault und Citroën   –« Eigentlich wollte er hier lieber aufhören, aber die Ernsthaftigkeit seiner Stimme zeigte eine so gute Wirkung auf den Kommandanten, dass er weitermachte: »Sie zu verhaften, wäre fast so schlimm, als wenn Sie ein Mitglied der königlichen Familie von England verhaften. Das kann womöglich Krieg bedeuten!«
    »Und was ist mit der Engländerin?«
    »Dazu komme ich gleich. Sie ist mit dem Bruder des Prince of Wales verlobt   – dem Duke of Buckingham.«
    »Was für eine bezaubernde Braut!«
    »Wir sind bereit   –« Dick stellte eine rasche Berechnung an   – »jedem der Mädchen eintausend Franc zu geben   – und dem Vater des ›respektablen‹ Mädchens noch einmal tausend Francs. Außerdem stellen wir Ihnen zweitausend Francs zur Verfügung, die Sie verteilen können, wie Sie es für richtig halten«   – er zuckte die Achseln   – »an die Männer, |462| die sie verhaftet haben, den Besitzer des Stundenhotels und so weiter. Ich werde Ihnen die fünftausend jetzt gleich übergeben und bitte Sie, die Verhandlungen sofort aufzunehmen. Die beiden Damen werden wegen Ruhestörung oder dergleichen angeklagt und auf Kaution entlassen. Eine etwaige Strafe wird morgen beim Richter bezahlt   – per Boten.«
    Noch ehe der Kommandant den Mund aufmachte, sah Dick, dass es noch mal gut gegangen war. »Ich habe noch keinen Eintrag ins Wachbuch gemacht«, sagte der Kommandant zögernd, »weil sie keine Ausweise hatten. Wir werden sehen   – geben Sie mir jetzt das Geld.«
    Eine Stunde später setzten Dick und Monsieur Gausse die beiden Frauen vor dem »Hotel Majestic« ab, wo Lady Carolines Chauffeur in ihrem Landaulet schlief.
    »Bitte denken Sie daran«, sagte Dick, »dass jede von Ihnen Monsieur Gausse hundert Dollar schuldet.«
    »Ja, natürlich«, sagte Mary. »Ich gebe ihm gleich morgen einen Scheck und eine Belohnung.«
    »Ich denke gar nicht daran!« Verblüfft drehten sich alle zu Lady

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