Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
du es vorgeschlagen hattest, doch er weiß auch nicht, was es zu bedeuten hat. Aber er prüft ein paar Dinge für mich nach.«
»Okay.« Er zog die Tür auf und ließ sie in die Eisdiele treten. »Das ist alles?«
»Nein.« Ihr Blick glitt zu dem Schild über der Kasse. Sie biss sich auf die Lippen, während sie das Angebot studierte. »Ich möchte einen Becher Vanilleeis.«
»Du bist sicher der einzige Mensch auf der Welt, der hier Vanilleeis isst«, sagte er trocken. »Willst du nicht das Halbgefrorene oder das Chunky Monkey probieren?«
»Nein. Ich weiß schon, was ich will.«
Er bestellte ihren Eisbecher und entschied sich selbst für einen Kürbis-Käse-Kuchen. »Worüber machst du dir sonst noch Gedanken?«
»Über den Japaner.«
»Über Sora? Was ist denn mit ihm?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nicht der Sensei. Ihn mag ich. Er ist cool. Ich meine den anderen.«
»Yoshio?«
»Ist das der, der sich wie Brian anzieht? Mit den schönen Pullis und Schuhen?«, fragte sie zwischen zwei Löffeln Eiscreme.
»Nein, das ist Ryuji Watanabe.« Murdoch warf ihr einen Blick zu. »Ich habe gar nicht bemerkt, dass du mit ihm zusammen warst.«
»Das war ich auch nicht. Aber als ich heute Nachmittag zu Stefan gegangen bin, war er auch dort. Im Wald.«
Murdoch hielt mitten im Kauen inne. »Du hast mit Stefan geredet? Er ist aus dem Wohnwagen gekommen?«
»Nein. Er führt sich immer noch wie ein Idiot auf. Ich verstehe wirklich nicht, warum er sich vor allen versteckt. Wenn ich es darauf anlege, kann ich mich jederzeit in seinen Wohnwagen hineinwünschen. Übrigens auch in Dikas Schloss, jetzt, wo ich weiß, dass der Eingang dort liegt.«
»Er wartet darauf, dass ich Kiyoko wegbringe.«
Emily verdrehte die Augen. »Man möchte meinen, dass er es besser weiß. Er ist doch Magier. Wenn der Schleier existiert, existiert er. Es spielt kaum eine Rolle,
wo
er existiert. Vertrau mir. Das Wo ist eine unbedeutende Einzelheit.«
»Du kannst den Schleier spüren?«
»Nein. Brian hat mich schon gebeten, es zu versuchen. Nirgends auf der ganzen Ranch fühlt sich etwas nach verrottenden Algen an, was ja immer ein Hinweis auf eine dunkle Reliquie ist.«
Murdoch bedachte Emily mit einem düsteren Blick. »Webster hat dich gebeten, danach zu suchen? Wann?«
»Gestern Abend. Nachdem er mit dir gesprochen hatte.«
»Dieser verdammte Sch…« Rechtzeitig erinnerte er sich daran, mit wem er gerade sprach. »… Schuft. Er hätte mich warnen sollen. Kiyoko hat vielleicht gespürt, dass du danach gesucht hast.«
»Wirklich?« Emily hörte auf zu essen.
»Na ja, ich weiß es nicht, aber es könnte sein.«
»Hat sie denn so besondere Fähigkeiten wie ich?«, fragte das Mädchen neugierig.
»Nicht die gleichen wie du«, antwortete er. »Aber sie kann Auren sehen.«
Emily nickte. »Die elektromagnetische Energie, die Menschen abstrahlen. Das ist ganz schön toll. Was sie wohl bei mir sieht?«
»Da musst du sie schon selbst fragen.« Murdoch warf sein halb aufgegessenes Kuchenstück in die Abfalltüte. »Würde es dir sehr viel ausmachen, wenn wir jetzt zurück zur Ranch fahren? Ich muss mit Webster ein Schwätzchen halten.«
»Nein, ist schon okay. War lecker.« Sie kratzte den letzten Rest Eiscreme aus dem Becher, steckte sich den Löffel in den Mund und warf den Becher weg. Der Löffel blieb in ihrem Mund, bis sie den Pick-up erreichten, wo sie ihn in die Lüftungslamellen steckte, um sie weit zu öffnen. »Bekomme ich jetzt Schwierigkeiten, weil ich dir von der Suche nach dem Schleier erzählt habe?«
»Ich werde ganz diplomatisch sein«, versprach er.
»Bei Brian?« Sie rümpfte die Nase. »Nichts für ungut, Murdoch, aber ihr beide seid immer kurz davor, euch gegenseitig die Lichter auszublasen. Weißt du überhaupt, was ›diplomatisch‹ bedeutet?«
Er grinste. »Vielleicht nicht.«
»Okay, versuch einfach, ihn nicht umzubringen, ja? Ich brauche noch jemanden zum Trainieren.«
Murdoch warf ihr einen Blick zu, als er den alten Pick-up startete. »Ich bin ein besserer Sparringspartner als Webster.«
»Vielleicht. Aber bisher warst du irgendwie schwer damit beschäftigt, wie ein Schoßhündchen Kiyoko hinterherzudackeln.«
»Wie bitte? Hast du mich gerade Schoßhündchen genannt?«
Mit ein wenig Mühe gelang es Murdoch, Emily den Rückweg zur Ranch über bei Laune zu halten. Sie war noch nicht wieder ganz das quirlige Mädchen, das sie vor Carlos gewesen war, aber hoffentlich doch auf dem Wege der
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