Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
gelernt hatte, halfen ihr. Sie dachte nicht mehr alle fünf Sekunden an ihn und brach auch nicht mehr bei jeder albernen Gelegenheit in Tränen aus.
»Lassen wir Carlos aus dem Spiel.«
»Tut mir leid«, sagte Sheila mitfühlend. »Bist du mit diesem Uriel zusammen?«
»Nein!«, schnaubte Em. »Definitiv nicht.«
»Dann könntest du mich doch mit ihm verkuppeln, oder?«
»Glaub mir, Sheila, du willst gar kein Date mit Uriel.« Nicht auszudenken, welche Verwicklungen das mit sich brächte. »Er ist nicht zu haben.«
»Verheiratet?«, flüsterte Sheila, während sie sich ihm näherten.
»Mit Gott«, antwortete Emily nickend.
»Oh!«
»Hi, Uriel«, begrüßte Emily den Erzengel.
Er richtete sich auf und lächelte Sheila an.
Emily stellte beide einander vor und schüttelte den Kopf darüber, wie Sheila dahinschmolz, als Uriel ihre Hand nahm. Ihre Freundin war bereits halb verliebt.
»Brauchst du etwas, Uriel?«, fragte sie.
Er nickte. »Kann ich allein mit dir sprechen?«
»Klar.« Emily stupste Sheila mit dem Ellbogen an. »Wir treffen uns später in der Cafeteria.«
»Okay.« Das Mädchen ging davon, nicht ohne sich – offenkundig widerstrebend – noch ein paar Mal umzusehen.
Emily rümpfte die Nase. »Wenn du schon zu meiner Schule kommen musst, könntest du dann ein bisschen weniger auffallen? Und andere Klamotten tragen?«
Er sah an seinem T-Shirt und seiner Jeans hinunter. »Was ist denn mit meinen Klamotten?«
»Nichts. Das ist ja das Problem. Du siehst wie ein Engel aus. Wie ein Schnuckelchen eben, aber das bist du nicht. Lass den Quatsch!«
Seine Augenbrauen hoben sich. »Wie soll ein Engel denn dann aussehen?«
»Harmlos.
Geschlechtslos!
«
»Verstehe.« Belustigung zeigte sich in seinem Blick.
»Gern geschehen.« Emily packte ihn am Arm und zerrte ihn nach draußen zu der weißen Betontreppe. Ein kalter, feuchter Wind wehte von See heran, und die meisten Schüler flüchteten nach drinnen. »Was ist los? Gibt’s was Neues von Asasel?«
»Ich hatte eigentlich gehofft, dass
du
etwas Neues weißt.«
»Es war in den letzten Tagen ziemlich ruhig. Ich habe nichts gehört. Wenn, dann hätte ich dich gerufen. Ehrlich.« Sie studierte seinen gleichgültigen Gesichtsausdruck. »Hast du mit Michael gesprochen?«
»Ja.«
»Und?«
»Er sagt, es gibt keine Beweise dafür, dass Asasel die Flut überlebt hat. Die schrecklichen Verbrechen, für die er bekannt war, hörten damals auf, und nichts von Belang wurde seither wieder mit seinem Namen in Verbindung gebracht.«
»Nichts von Belang?« Emily zog sich die Kapuze ihres roten Sweatshirts über den Kopf, um sich vor dem Wind zu schützen. »Heißt das, dass einige Dinge doch mit ihm in Verbindung gebracht wurden?«
»Ein paar. Aber sie waren lässlich und nicht nur für Asasel typisch. Die Verführung Unschuldiger, exzessive Gier – solche Sachen.«
Emily legte den Kopf schräg. »Aber wenn Michael nicht glaubt, dass Asasel noch am Leben ist, warum siehst du dann so besorgt aus?«
Uriel lächelte flüchtig. »Sehr gut beobachtet, Em. Ich
bin
besorgt. Ich habe über die Kreaturen der Zwischenwelt nachgedacht. Es gab eine Zeit – vor der Großen Flut –, da existierten nur ein paar dieser Geschöpfe. Dass sie nun in solchen Mengen vorkommen, dass man sie sogar hören kann, ist unangenehm.«
»Selbst wenn nicht Asasel dahintersteckt.«
Er nickte. »Selbst wenn nicht Asasel dahintersteckt.«
»Was soll ich tun?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Noch nichts. Hör dich nur um und berichte mir, wie besprochen. Ich forsche dann genauer nach.«
»Bist du sicher, dass ich nicht doch in der Zwischenwelt nach dem Rechten sehen soll?«
»Auf keinen Fall«, erwiderte er scharf. »Bis wir nicht mehr darüber wissen, was los ist, muss ich darauf bestehen, dass du auf der mittleren Ebene bleibst. Selbst ein Unsterblicher kann in den Händen von Knochensaugern und Gradioren ziemlich leiden.«
Knochensauger verhielten sich genau so, wie ihr Name es andeutete: Sie saugten einem die Knochen aus dem Leib. Kein Spaß. Und Gradioren waren Zombies mit einem schickeren Namen. Untote Fleischfresser. Auch sie waren alles andere als ein Vergnügen.
»Okay.« Emily blickte zur Glastür. »Ich sollte zurückgehen. Ich muss mich auf meine Geschichtsarbeit vorbereiten. Kann ich sonst noch was für dich tun?«
»Nein, danke.« Als sie sich schon zum Gehen wandte, legte Uriel ihr die Hand auf den Ärmel. »Alles in Ordnung mit dir? Du bist so umgänglich.«
Sie
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