Zaertliche Brandung - Roman
was sie mit ihrer … Clutch-Tasche anfangen sollte, legte sie diese auf den Schoß, was zur Folge hatte, dass das Täschchen auf der glatten Seide des Kleides ins Rutschen geriet, zu Boden fiel und von ihrem Fuß abprallte. Sams Seufzen war unüberhörbar.
Die verdammte Tasche konnte getrost bleiben, wo sie war; sie enthielt ohnehin nur ein paar Papiertaschentücher. Willa hasste Handtaschen. Zu Hause ging sie in Turnschuhen, Jeans und mit einer kleinen Gürteltasche einkaufen. Wenn sie etwas brauchte, hatte sie zum Herumkramen in einer größeren Handtasche einfach keine Zeit. Seit sie in Maine abgeflogen war, hatte sie praktisch ständig ihre Handtasche gehütet. Wenn es nach ihr ging, konnte das Reinigungspersonal die eben zu Boden gefallene haben.
Man reichte ihnen die Speisekarte, Getränke wurden bestellt. Willa handelte sich wieder erstaunte Blicke ein, als sie einen Johnnie Walker on the Rocks bestellte. Einen doppelten.
Gottlob wurde er umgehend serviert. Willa nahm einen großen, die Kehle versengenden Schluck und klappte die Speisekarte auf. Unter den angebotenen Gerichten war kein einziges, das sie kannte. Sie las die Worte Garnelen und Huhn und Rindfleisch, aber immer in Verbindung mit anderen, rätselhaften Wörtern, die
alle anderen am Tisch problemlos aussprechen konnten, als sie ihre Bestellungen aufgaben.
Ein Teufelsdinner direkt aus der Hölle.
»Haben Sie Hummer pur?«, fragte sie den Ober, als dieser sie mit fragendem Blick maß.
Er nickte.
»Wie ist der Tagespreis?«, fragte sie, wohl wissend, dass es ungehobelt war, doch sie konnte ihre Neugierde nicht zügeln.
Er nannte ihr den Preis, und Willa verschlug es beinahe die Sprache.
»Dann Garnelen, bitte. Nur sautiert. Mit Reis.«
Der Ober nickte und eilte davon, und als Willa aufschaute, sah sie, dass sie wieder erstaunt angestarrt wurde. Ungeachtet der Mühe, die es sie kostete, schenkte sie der Tischrunde ein strahlendes Lächeln.
»Ich kaufe fast wöchentlich Hummer direkt vom Fang. Auch während der Hochsaison bezahle ich pro Pfund nie mehr als fünf Dollar.«
»Wirklich?«, gab Darcy von sich.
»Vor hundert Jahren galt Hummer in Maine als Armeleuteessen.«
»Was Sie nicht sagen«, schnurrte Darcy.
Willa seufzte. Viel Tiefgang hatte das Mädel nicht. Sie sah Ben an.
»Abram sagte, Sie alle wären begeisterte Segler und er besäße eine Sengatti-Schaluppe«, sagte sie in lockerem Plauderton.
»Stimmt«, erwiderte Ben wachsam.
»Ich segle auch«, sagte sie nun mit schwindender Begeisterung.
»Tatsächlich bin ich unweit des Sengatti-Yacht-Yard aufgewachsen.«
»Haben Sie eine Sengatti gesegelt?«, fragte Ben wider Willen interessiert.
»Aber sicher. Mein Vater war Kapitän zur See. Wir hatten einen Schoner und haben in der Touristik gearbeitet. Dad hat neuen Besitzern oft Segellektionen auf ihren frisch erworbenen Sengattis gegeben, und ich bin mitgefahren.«
»Bram hat sich vor acht Jahren eine neue Schaluppe zugelegt«, warf Jesse ein, »zweiundvierzig Fuß lang und sehr schnell. Ich glaube, sie war das letzte Boot, das Emmett Sengatti selbst gebaut hat.«
Seine Begeisterung entlockte Willa ein Lächeln.
»Wie heißt sie?«
»Bram hat sie RoseWind genannt nach Grammy Rose.« Ben wurde ernst.
»Bis zu Grams Tod vor fünf Jahren sind die beiden oft und gern gesegelt.«
»Erzählen Sie uns vom Schoner Ihres Vaters«, forderte Sam sie auf.
»Das Schiff hieß Cat’s Tail, weil Dad behauptete, es segle wie eine Katze mit versengtem Schwanz. Es war ein Zweimaster, siebenundsechzig Fuß lang mit zehn Schlafplätzen, falls die Pärchen auf intensives Kuscheln
eingestellt waren. Im Winter haben wir sie für Wochentörns in die Karibik verchartert.«
»Und wie lief das mit der Schule?«, fragte Jesse.
»Mom hat uns unterrichtet.«
»Uns?«, frage Sam.
»Meine Schwester und mich. Wir waren Dads Crew. Mom hat gekocht.«
»Dann müssen Sie unweit von Prime Point zu Hause sein«, warf Ben mit befriedigter Miene ein, »dort liegt die Sengatti-Werft.«
»So nahe auch wieder nicht«, gab Willa zurück und machte seine Hoffnungen zunichte, den Aufenthaltsort seines Großvaters zu erraten.
Nun kam das Essen, und während Willa ihren Teller argwöhnisch beäugte, versuchte Darcy das Gespräch fortzusetzen.
»Sie fahren zur See? Das machen Sie beruflich?«
»Nein«, sagte Willa voller boshafter Vorfreude, »ich mache Särge.«
Bingo. Darcy und Paula verschluckten sich fast an ihren ersten Bissen. Da die Herren mit keiner
Weitere Kostenlose Bücher