Zaertliche Brandung - Roman
nicht von ihnen trennen können.«
»Und …?«, Ben legte seine Gabel beiseite und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
»Levi, einer der Männer, machte sich daran, für seine Frau einen Sarg zu bauen. Sie hatte Krebs und nur noch wenige Monate zu leben. Für Levi war es eine Therapie. Er war Schreinermeister und hat einen schönen Sarg angefertigt – mit wundervollen Details, schöner gearbeitet als jedes Möbelstück. Muriel, seine Frau, nahm einen selbst genähten Quilt und machte daraus die Innenverkleidung für den Sarg.«
Willa starrte auf ihren Teller.
»Erst war ich entsetzt – bis mir klar wurde, dass es für beide tröstlich war. Muriel wusste, dass sie nun ewig in einem Geschenk liegen würde, das ihr Mann liebevoll für sie mit eigenen Händen gemacht hatte. Und Levi war nun beruhigter, weil er für die ewige Ruhe seiner Frau vorgesorgt hatte, so wie er immer für sie gesorgt hatte.«
Schweigen füllte das große Esszimmer, als Willa die Männer anblickte, die sie ihrerseits unverwandt und mit Blicken anstarrten, die nichts preisgaben.
»Da habe ich den Entschluss gefasst, dies für andere Menschen zu tun«, fuhr sie leise fort.
»Ich habe einen Teil meiner Scheidungsabfindung genommen, für den Rest einen stillen Teilhaber gefunden und eine alte Fabrik gekauft. Die Heiminsassen wurden meine Mitarbeiter. Alle hatten Levi zugesehen, und alle wollten ebenfalls etwas Schönes machen. Alte Menschen haben eine wundervolle Einstellung zum Tod und zum Leben im Allgemeinen. Und sie sind großartige Mitarbeiter. Von ihnen habe ich sehr viel über Geschäftsführung gelernt.«
»Und Ihre Särge gehen in die ganze Welt?«, fragte Jesse.
»Ein bemerkenswertes Wachstum für einen Betrieb, dessen Anfänge in Heimarbeit liegen.«
»Ja.« Willa lächelte übertrieben freundlich.
»Im Heim leben auch etliche hochrangige Manager im Ruhestand. Die habe ich gleich mit eingestellt.«
»Verdammt vorausblickend von Ihnen.« Jesse lehnte sich zurück und sah Sam an.
»Ein sehr geschickter geschäftlicher Schachzug, meinst du nicht auch, Sam?«
»Das habe ich schon die ganze Zeit über gesagt.« Sam sah Willa wieder mit diesem Blick an.
Es war der Blick, mit dem er sie auch im Wagen angesehen hatte, und sie war fast aus der Haut gefahren.
»Nun, was ist … können wir jetzt einkaufen gehen?«, fragte sie Ben und stand auf.
5
W illa verdrückte den letzten Bissen des Toasts, den Peg ihr zum Frühstück gemacht hatte, während sie in den Salon lief, um dem Personal bei den Vorbereitungen für die Aufbahrung zu helfen. Am Ende des von der Küche ausgehenden Korridors angelangt, blieb sie wie angewurzelt stehen.
»Richard!«, rief sie aus und wich einen Schritt zurück.
»Was machst du denn hier?«
Der Mann, der mit Gewittermiene in der Halle stand, war ihr Schwager.
»Jemand musste das alte Ekel ja nach Hause fahren«, grollte er.
»Und deine Schwester hat mir diese Aufgabe aufgehalst. «
»Sehr umsichtig von Shelby. Und du«, fuhr sie rasch fort und wich seitlich aus, als er auf sie zutrat, »hm … du wirst nach einem Schluck Kaffee sicher wieder rasch losfahren wollen.« Sie deutete in Richtung Küche.
»Peg wird sich um dich kümmern.«
Er blieb dicht vor ihr stehen.
»Du hast wieder mal mit Shelby geredet«, stieß er zähneknirschend und mit kaltem, anklagendem Blick hervor.
»Du willst sie zu einer Scheidung überreden.«
Willa drückte sich an die Wand.
»Wie kommst du darauf, dass ich es bin? Könnte Shelby nicht selbst zu diesem Entschluss gelangt sein?«
Er schnaubte und kam noch näher.
»Frauen fangen nach sechzehn Jahren Ehe nicht urplötzlich an, von Scheidung zu reden, wenn ihnen nicht jemand den Floh ins Ohr setzt. Und du«, knurrte er und packte sie an den Schultern, als sie seitlich ausweichen wollte, »bist der einzige Mensch, der auf Shelby so viel Einfluss hat.«
Nun bekam es Willa mit der Angst zu tun. Richard Bates war im Moment nicht in normaler Verfassung, im Gegenteil, er war völlig außer sich. Sie duckte sich unter seinem Arm hindurch und lief zum Salon – direkt in einen Dielentisch, auf dem etliche Blumenvasen standen.
Eine der Vasen konnte sie noch auffangen, die zwei anderen aber, die am anderen Ende standen, kippten um, und Glas zersprang auf dem Marmorboden. Richard setzte ihr nach, packte sie, als sie ausglitt, sodass ihre Arme mit einem Ruck nach oben schossen. Die Vase in ihren Händen zerbrach, als sie mit Roberts Kopf zusammenstieß. Sie schrie
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